HANDBALL

„Manchmal muss ich mich noch kneifen“

pn; 05.02.2022, 07:00 Uhr
Fotos: Michael Kleinjung/Thomas Wirczikowski.
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„Manchmal muss ich mich noch kneifen“

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pn; 05.02.2022, 07:00 Uhr
Gummersbach - Deutschlands Handball-Shootingstar Julian Köster spricht im Exklusiv-Interview mit OA über die Europameisterschaft und seine Ziele für die Rückrunde - 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' und AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach.

Von Peter Notbohm

 

Kurz vor dem Pokal-Kracher im DHB-Pokal-Viertelfinale gegen den HC Erlangen sprach Nationalspieler Julian Köster mit Oberberg-Aktuell über die Europameisterschaft in Ungarn und der Slowakei, die Corona-Problematik sowie seine eigenen Ziele.

 

OA: Herr Köster, vom Geheimtipp vor der Europameisterschaft zum Rising Star des Turniers. Mit ein paar Tagen Abstand, wie haben Sie die letzten Wochen erlebt?

Köster: So richtig fassen kann ich das Ganze immer noch nicht. Das war schon ein wahnsinniger Monat, der aber trotz allem unglaublich viel Spaß gemacht hat. Für mich war es insgesamt eine enorm wertvolle Erfahrung.

 

OA: Schildern Sie doch einmal die Situation vor dem Vorrundenspiel gegen Polen. Nach Julius Kühn waren fünf weitere Spieler positiv getestet worden und Sie wurden von Nationaltrainer Alfred Gislason ins kalte Wasser geworfen.

Köster: Ich habe versucht, mir darum gar nicht so viele Gedanken zu machen. Dass uns so eine heftige Corona-Welle erwischen würde, hätten wir vorher niemals gedacht. Man versucht das auch ein wenig zu verdrängen. Das Spiel gegen Polen ist dann ja zum Glück auch gut gelaufen.

 

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OA: Bekanntlich mussten Sie bereits im Oktober wegen einer Infektion mit dem Coronavirus pausieren. Wie groß war die Angst vor einer erneuten Infektion?

Köster: Man ist schon jedes Mal mit Bauchschmerzen zu den Tests gegangen. Ich habe versucht, alle Schutzmaßnahmen zu beachten, die möglich sind. Sei es Hände desinfizieren, die Maske zu tragen oder auf Abstände zu achten. Wenn man sich das Virus dann trotzdem einfängt, ist es auch einfach ein Stück weit Pech.

 

 

OA: Aus dem Team-Hotel kamen beinahe täglich neue Meldungen über positive Fälle. Wie hat die Mannschaft darauf reagiert?

Köster: Natürlich war das ärgerlich und Spaß gemacht hat das Thema auch nicht wirklich. Man wusste nie, wen es jetzt trifft oder ob man selbst betroffen ist. Dass sich nach den Ausfällen dann so viele Spieler bereit erklärt haben, nachzukommen, war natürlich super. Allerdings war der Kontakt zu den Jungs sehr gering. Wir haben irgendwann angefangen, sogar unser Frühstück getrennt auf unseren Zimmern einzunehmen, um uns noch mehr zu isolieren. Nachmittags ist man höchstens allein spazieren gegangen und hat selbstständig Videoanalyse betrieben, ehe es abends zum Spiel ging.

 

OA: Der DHB vermeldete während des Turniers sogar, dass die Trainingseinheiten nur noch freiwillig seien. Haben Sie diese Option wahrgenommen?

Köster: Ich bin schon noch in die Halle gegangen. Mir war es wichtig, dass ich einen gewissen Turnus in den Körper kriege und sei es nur durch ein paar Würfe. Wirkliches Training war das aber nicht.

 

OA: Wie war der Zusammenhalt in der Mannschaft? Hat diese besondere Situation noch mehr zusammengeschweißt? Ihr nachnominierter Teamkollege Daniel Rebmann sagte in einem Interview, er habe außerhalb des Spielfeldes keinen Spieler kennenlernen können.

Köster: Auf dem Feld haben wir wirklich zusammen gekämpft. Das hat man glaube ich auch von Außen gemerkt. Wir haben diesen Teamgedanken auf jeden Fall gespürt. Außerhalb der Halle war es durch die Isolation aber schwer möglich, die Jungs näher kennenzulernen.

 

 

OA: Wie ist Alfred Gislason im Speziellen auf Sie eingegangen? In Interviews nach den Spielen sagte er unter anderem, dass Sie auch Fehler gemacht haben, von diesen aber in Zukunft profitieren werden, weil sie auch nie aufgegeben haben.

Köster: Ich glaube, Alfred hat bei den Kabinenansprachen stets gute Worte gefunden, die uns zusammengeschweißt haben. Ich kann ihm auf jeden Fall dankbar sein, dass er mir diese Spielzeiten gegeben hat und ich auch Fehler machen durfte und davon lernen konnte. Es kann sehr wertvoll sein, diese Erfahrungen gesammelt zu haben.

 

OA: Wie sehen Sie ihre eigene Entwicklung? In der Hinrunde spielten Sie noch ‚nur‘ in der 2. Liga und vor bzw. während des Turniers gegen Topstars wie Nikola Karabatic.

Köster: Das ist schon eine verrückte Situation. Da muss ich mich manchmal auch noch kneifen. Karabatic verfolge ich, seit ich klein war und plötzlich steht man auf derselben Platte und spielt gegen ihn. Das ist natürlich ein Traum gewesen. Dabei hat man auch Respekt, aber auf dem Feld will man am Ende einfach gewinnen, egal wie der Gegner heißt.

 

OA: Bei Instagram sind Ihre Follower-Zahlen während des Turniers explodiert und in der deutschen Presse stand plötzlich überall Ihr Name in den Überschriften. Haben Sie von dem Rummel um Ihre Person während des Turniers etwas mitbekommen?

Köster: Instagram habe ich schon mitbekommen, auch die anderen Sachen – das aber eher am Rande. Ich habe versucht, möglichst wenig zu lesen und die Medien so weit es geht auszublenden, damit ich meine Lockerheit behalte.

 

 

OA: Wie beurteilen Sie das Abschneiden der Mannschaft?

Köster: Das ist schwierig zu beantworten. Unter diesen Voraussetzungen haben wir ein gutes Ergebnis erzielt. Aber natürlich denkt man darüber nach, wie es ohne Corona gewesen wäre. Aber das ist ein Blick in die Glaskugel.

 

OA: Wie sieht Ihre Zukunft aus? Durch das Turnier haben Sie sich vermutlich in sämtliche Notizbücher Europas gespielt. Gab es schon Anfragen?

Köster: Noch kam niemand auf mich zu. Ich bin da aber auch ganz locker. Ich habe noch zwei Jahre Vertrag in Gummersbach und freue mich einfach, hier zu spielen und noch mehr darauf, dass es heute wieder losgeht.

 

OA: Damit sprechen Sie das Pokal-Spiel heute schon an. Wie sehen Sie die Chancen gegen Erlangen?

Köster: Klar träumt man vom Final-Four in Hamburg. Uns trennt nur noch ein Spiel davon. Wir sind der Zweitligist, Erlangen spielt Bundesliga. Das sagt schon alles zu den Rollen. Ich glaube aber trotzdem, dass wir ein spannendes und offenes Spiel erleben werden.

 

OA: Kommen wir noch zur Rückrunde: Was macht Sie zuversichtlich, dass sich der Absturz der vergangenen Saison nicht wiederholt?

Köster: Wir haben uns diese Saison nochmal verstärkt, besonders in der Breite. Außerdem haben wir auch viel aus der vergangenen Saison gelernt. Natürlich hat man vor dem Hintergrund der letzten Saison Respekt vor der Situation und weiß, dass es sehr schnell gehen kann. Dennoch bin ich optimistisch.

 

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