Gummersbach – Der VfL Gummersbach stellte heute seinen neuen Trainer Guðjón Valur Sigurðsson vor - Trainingsstart Ende Juli - 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' und AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach.
Von Peter Notbohm
Es benötigte nur wenige Sekunden und man wusste schnell, warum die Verpflichtung von Guðjón Valur Sigurðsson als neuem Trainer des VfL Gummersbach für eine Euphoriewelle - nicht nur in der oberbergischen Handballwelt, sondern weltweit - gesorgt hatte. Nach einer kurzen, emotional angehauchten Videopräsentation wurden die Karriere-Eckdaten des isländischen „Eiskriegers“ präsentiert.
Titelhamster par excellence
["Ich bin zurück." Sympathisch und bodenständig präsentierte sich "Goggi" Sigurdsson bei der heutigen Pressekonferenz.]
In seiner 25-jährigen Handballkarriere war der Weltklasse-Linksaußen mehrfacher Torschützenkönig und auf allen Stationen ein echter Titelhamster. In allen großen Ligen Europas wurde er Meister. Nicht umsonst betont Christoph Schindler seit Wochen, was für einen Musterprofi der in die 2. Liga abgestürzte Traditionsverein als Nachfolger von Torge Greve habe verpflichten können. Dass Sigurdsson gleichzeitig überall auch ein echter Sympathieträger war, machte gleich sein erster Satz deutlich. „Endlich bist du fertig“, kommentierte die Handball-Ikone mit trockenem Humor und einem Augenzwinkern die lange Auflistung seiner Erfolge durch Hallensprecher Dirk Hartmann – die ersten Lacher hatte der 40-jährige „Goggi“ auf seiner Seite.
Dass die Corona-Pandemie seine Karriere beendet hat, damit habe er sich anfangs nicht wirklich anfreunden können: „Ich dachte eigentlich, ich würde noch ein wenig weiter spielen.“ Das Ziel, Trainer zu werden, hatte er zwar schon immer, dass es nun so schnell gehen würde, hätte er Anfang des Jahres allerdings auch noch nicht gedacht. In Paris hat er sich vergangene Woche im eher leisen Rahmen von seinem Ex-Team verabschiedet. Ganz seinem ehrgeizigen Naturell will er nun aber auch auf der VfL-Bank Gas geben und formuliert sofort ehrgeizige Ziele: „Der VfL gehört für mich in die 1. Liga.“
[Video: Michael Kleinjung ---- Gudjon Valur Sigurdsson und Anel Mahmutefendic wollen mit dem VfL Gummersbach zurück in die 1. Liga.]
Tempohandball soll die Fans mitreißen
Erfolg bedeutet für ihn aber nicht nur die Rückkehr in die Beletage des deutschen Handballs. Ihm ist auch wichtig, die Fans und die Region mitzunehmen. „Erfolgreich sein, heißt für mich natürlich so viele Punkte wie möglich zu sammeln, aber auch schönen Handball zu spielen und das Publikum zu begeistern und mitzureißen.“ Ideen habe er dafür schon viele, sein Team soll den Handball spielen, der auch ihm am meisten Spaß gemacht hat: Schnell soll er sein, auf einer starken Defensive fußen und mit vielen einfachen Gegenstößen den Gegner zermürben. „Kurz gesagt, wollen wir viele Tore machen und wenig kassieren“, sagt er, „ich hoffe, die Menschen werden Spaß an uns haben.“
Als Trainernovize könne Sigurdsson zwar noch viel lernen, in seiner langen Karriere hatte er aber auch die besten Lehrmeister, die ihn auf diese Aufgabe vorbereitet hätten. „Ich saß ziemlich lang auf der Schulbank bei vielen der weltbesten Trainer und habe viel gelernt.“ Dass ihm dabei nicht jede Maßnahme gefallen habe, versteht sich von selbst, er will seinen eigenen Stil entwickeln. „Ich muss authentisch und ich als Charakter bleiben“, sagt der Isländer dementsprechend.
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[Das mediale Interesse war groß in der SCHWALBE arena.]
Schwierige Saisonplanung durch Corona-Pandemie
Am morgigen Donnerstag wird Sigurdsson die Mannschaft zum ersten Mal persönlich kennenlernen – bisher gab es vor allem telefonischen Kontakt. Nach einem Lauftest soll am Freitag ein Krafttest folgen, damit der 40-jährige Coach, sein neuer Co-Trainer Anel Mahmutefendic sowie der neue Athletiktrainer Johannes Scheidgen entsprechende Trainingspläne für den am 29. Juli geplanten Trainingsstart erarbeiten können. Neun Wochen sind für die Vorbereitung bis zum Saisonstart Anfang Oktober geplant. „Das sehen wir aufgrund der langen Pause aber auch für notwendig an“, so Sigurdsson.
Die Mannschaft habe er schon ein wenig studieren können, sich hierfür viele Spieler der abgebrochenen Zweitliga-Saison auf Video angeschaut. „Ich habe viele gute Spiele gesehen, aber dabei kriegt man kein genaues Bild. Ich will die Mannschaft lieber live in der Halle erleben“, meint er und will dort anknüpfen, „wo Torge Greve aufgehört hat.“
Finanziell weiter viele Fragezeichen
Eigentlich müsste Geschäftsführer Christoph Schinder (Foto) Grund zum Strahlen haben. Während der Pressekonferenz erwischte man ihn auch durchaus immer wieder mit einem Lächeln auf den Lippen, wenn seine „Wunschlösung“ über Ziele und Ambitionen sprach, doch die Corona-Krise überstrahlt weiter vieles. „Man hört von staatlichen Förderungen und Krediten. Wir sind in den Vereinsfarben zwar auch blau-weiß, aber wir sind eben doch nicht Fußball“, so Schindler und blickt ein wenig neidvoll nach Gelsenkirchen, wo Schalke 04 angeblich eine millionenschwere Bürgschaft des Landes NRW erhalten soll.
Für den VfL Gummersbach sei das Thema Kredite dagegen keines. „Aufgrund unserer Vergangenheit sind wir nicht kreditwürdig, auch wenn wir zuletzt drei Millionen Euro Schulden abgebaut haben“, erklärt er. Die Saison 2019/2020 habe man inzwischen zwar abschließen können – Fans und Sponsoren verzichteten fast ausnahmslos auf Regressansprüche – in Zukunft sei der Verein aber auf Dauerkartenverkäufe und Sponsoring weiter dringend angewiesen. Das 200-Millionen-Euro-Paket für den Profisport, das der Deutsche Bundestag gestern verabschiedete, hat Schindler zwar „wohlwollend zur Kenntnis genommen“, noch sei aber unklar, in welcher Höhe der VfL Gummersbach hiervon partizipieren kann. „Natürlich ist die Hoffnung da, ein Stück vom Kuchen abzubekommen“, so Schindler, noch warte er aber auf Details.
Saisonstart mit Zuschauern?
Wo die Saison für den VfL Gummersbach starten soll, verriet Schindler in einem Nebensatz: Den Auftakt am 2. Oktober soll ein Auswärtsspiel beim VfL Lübeck-Schwartau bilden, am zweiten Oktober-Wochenende ist das erste Heimspiel in der SCHWALBE arena anvisiert. Ob und mit wie vielen Zuschauern der Gummersbacher Handball-Tempel dann gefüllt sein wird, ist eine der Fragen, bei der der VfL-Geschäftsführer selbst gerne endlich Klarheit hätte. „Die Bedingungen sind immer noch nicht ganz klar“, sagt er. Derzeit gehe man von einer eingeschränkten Zuschauerzahl aus. „Was wir bräuchten, wäre eine genauere Definition der Großveranstaltung. Das würde uns helfen.“
[Video: VfL Gummersbach --- Die komplette Pressekonferenz in voller Länge zum Anschauen.]
Handball-Bundesliga (HBL), aber auch der VfL, arbeiten derzeit an Hygienekonzepten, mit denen möglichst vielen Fans der Eintritt in die Hallen gewährt werden kann. Mit personalisierten Karten und der modernen SCHWALBE arena gebe es aber beste Voraussetzungen in der Kreisstadt, wenn es um die geforderte Nachverfolgung von Infektionsketten geht. Das letzte Wort haben aber weiter die örtlichen Behörden.
Aber auch Schindler ist froh, wenn es vor allem wieder um das Sportliche gehen kann und dann wieder Sigurdsson und die Mannschaft im Vordergrund stehen werden. Natürlich habe jeder im und um den Verein, das Ziel, den VfL wieder in der 1. Liga zu sehen, „eine Garantie gibt es aber nicht, auch wenn der Wunsch groß ist“, so der Geschäftsführer. Dass er das Schicksal des Teams in die Hände eines Trainernovizen gibt, ist für ihn aber kein Grund zur Sorge: „Wenn jemand weiß, wie Druck und Leistungssport funktionieren, dann ist er das.“ Vorschusslorbeeren, die Sigurdsson – wieder ganz seinem ehrgeizigen Naturell – schnell bestätigen will.
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