FUSSBALL

Vom Himmelfahrtskommando zur Erfolgsgeschichte

thg; 28.12.2023, 18:00 Uhr
Fotos: Thomas Giesen --- Wiehls Trainer Sascha Mühlmann steht mit seiner Mannschaft zur Winterpause besser da, als viele es erwarteten.
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Vom Himmelfahrtskommando zur Erfolgsgeschichte

thg; 28.12.2023, 18:00 Uhr
Wiehl - Die Fußballer des FV Wiehl haben nach einem Neustart eine beachtliche Landesliga-Hinrunde gespielt - Dabei galt das Team von Trainer Sascha Mühlmann als klarer Abstiegskandidat.

Von Thomas Giesen

 

Der FV Wiehl hat ein ereignisreiches Jahr hinter sich. Genau genommen sogar knapp eineinhalb Jahre, denn seit dem überraschenden Rücktritt von Trainer Wolfgang Martens, zwei Tage vor dem Auftakt der Landesligasaison 2022/23, hat sich beim Fußballverein einiges getan. Dem damaligen Sportlichen Leiter der Wiehler, Ingo Haselbach, gelang es, mit Wolfgang Görgens kurzfristig einen erfahrenen Mann als Nachfolger an der Seitenlinie zu präsentieren, der anschließend, mit kleinen Wacklern, aber doch recht ungefährdet, dabei half, den Klassenerhalt zu sichern. Es war ein Paukenschlag, als die Vereinsführung mit dem Ende der Spielzeit dann verkündete, nun alles auf links drehen zu wollen.

 

Görgens und auch Haselbach mussten oder wollten gehen und ein Großteil der Mannschaft suchte sich neue Vereine. Mit Sascha Mühlmann wurde der Trainer der Zweitvertretung zum neuen Chef auf der Trainerbank gemacht und die Reserve schließlich aus der Bezirksliga zurückgezogen. Es wirkte, als stünde Mühlmann vor einem Himmelfahrtskommando. Mit Spielern, die in den Jahren zuvor schon in der Bezirksliga gegen den Abstieg kämpften, Nachwuchskickern und einer spärlichen Anzahl an Neuverpflichtungen gingen die Wiehler nun in die Saison. „Jeder, außerhalb des Vereins, hat uns abgeschrieben und als Abstiegskandidat Nummer eins hinter dem zurückgezogenen VfL Alfter gesehen“, behauptet Mühlmann.

 

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Doch die Wiehler überraschten. Der Coach schaffte es offenbar, den Teamgeist, der die Reserve stets ausgezeichnet hatte, mit in die höhere Liga zu nehmen und aus dem neu zusammengestellten Haufen eine Einheit zu formen. „Man muss bei denen anfangen, die uns die Stange gehalten haben“, sagt Mühlmann und nennt allen voran Kapitän Vinzent Stoffel, der trotz hohem Fahraufwand von seinem Wohnort in Köln beim Klub geblieben ist, zudem Rene Gailowitz als Stabilitätsgarant in der Abwehr und nicht zuletzt Spieler wie Marvin Bollow, Florian Liebelt, Bastian Schwarz, Alexander Marks und Torben Riske, die bereits Stützpfeiler der zweiten Mannschaft waren und Landesligapotenzial mitbrachten.

 

Mit Offensivspieler und Königstransfer Jan Peters, den Mühlmann als „letzten Baustein“ bezeichnet, war das Grundgerüst dann doch nicht so wacklig, wie viele es annahmen. Peters übernahm auch den Posten des Co-Trainers. „Wir standen nicht so schlecht da. Um das Gerüst herum ließ sich etwas aufbauen. Wir hatten eine gute Trainingsbeteiligung und einen guten Zusammenhalt. Dass man nach dem Freitagstraining auch mal mit 18 Mann feiern geht, hat vielleicht vorher gefehlt. Wir hatten auch viel Unterstützung aus dem Verein. Es gab viele kleine Mosaiksteinchen“, erklärt Mühlmann, warum aus dem Himmelfahrtskommando eine kleine Erfolgsgeschichte wurde. Die begann mit einer 0:3-Auftaktniederlage beim Meisterschaftsanwärter SC Rheinbach. „Das Spiel hätten wir auch nicht verlieren müssen“, korrigiert Mühlmann den Eindruck der völligen Unterlegenheit.

 

[Jan Peters (rechts), der auch den Posten des Co-Trainers übernahm, war für Wiehls Trainer Sascha Mühlmann der letzte Baustein im Grundgerüst.]

 

Es folgte ein 5:5-Spektakel zu Hause gegen den FSV Neunkirchen-Seelscheid, nach 1:4-Pausenstand und zwischenzeitlicher 5:4-Führung. Als Knackpunkt für den späteren Saisonverlauf will der Coach die Partie aber nicht bezeichnen. „In der Pause ist es etwas lauter geworden. Die Mannschaft hat dann gezeigt, dass sie ein Mentalitätsmonster ist und das haben wir in den folgenden Wochen noch mehrfach bewiesen“, erklärt er und nennt exemplarisch die Begegnung mit dem Tabellenzweiten der Hinrunde TuS Oberpleis, als Vinzent Stoffel nach 15 Minuten vom Platz flog und man das Spiel dennoch mit 2:0 gewann.

 

Am Ende der Hinrunde fanden sich die Wiehler mit 25 Punkten auf Platz vier der Tabelle wieder und verbuchten, nach zwischenzeitlichem Derbysieg gegen den SSV Homburg-Nümbrecht, zum Jahresende Platz eins im Heimranking. Erst Anfang Dezember kassierten sie im Nachholspiel an einem Donnerstagabend gegen SC Rheinbach mit 1:2 die erste Heimniederlage. Drei Tage später verlor man beim Jahresausklang dann auch noch in Seelscheid mit 0:1 - Mühlmann war froh, dass die Winterpause kam.

 

„So eine Saison hatte ich noch nie. Es ist gut, dass man jetzt auch zur Ruhe kommt. Es war viel Arbeit – viel telefonieren, organisieren, viele Gespräche. Die Zeit war anstrengend und fordernd. Das hat bei jedem Spuren hinterlassen.“ Die Wiehler wollen die Pause nun voll auskosten und lassen sich wohl eine Woche mehr Zeit bis zum Vorbereitungsauftakt als die meisten Konkurrenten und starten am 18. Januar den Trainingsbetrieb. Am ersten Spieltag des neuen Jahres hätte nämlich die Partie gegen den bereits zurückgezogenen VfL Alfter angestanden.

 

„Ich hoffe, dass wir schneefrei und ohne Platzsperre durch die Vorbereitung kommen. Wir werden mit einer gewissen Demut in die letzten zwölf Spiele gehen, wollen aber schnell die nötigen Punkte holen und zeigen, dass wir auch in der nächsten Saison in der Landesliga spielen“, hat Mühlmann, trotz des starken Zwischenergebnisses noch immer den Tabellenkeller im Blick.

 

Tabelle und Ergebnisse Landesliga

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