BLAULICHT

Zahl der Straftaten geht hoch: Zurück in der Normalität

lw; 21.02.2023, 17:41 Uhr
Fotos: Lars Weber/Grafiken: Polizei OBK.
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Zahl der Straftaten geht hoch: Zurück in der Normalität

lw; 21.02.2023, 17:41 Uhr
Oberberg – Anstieg insgesamt um 18 Prozent – Wegfall der Pandemie-Einschränkungen machen sich bemerkbar – Trend der Internet-Kriminalität setzt sich davon unbeeindruckt fort.

Von Lars Weber

 

Nur eine Richtung hatten die meisten Zahlen der Kriminalitätsstatistik die vergangenen beiden Jahre gekannt. Durch die Corona-Maßnahmen, durch Homeoffice-Regelungen, der Schließung von Geschäften, dem Ausfall von Veranstaltungen sanken viele Fallzahlen, von Einbrüchen bis zum Diebstahl. Der Effekt auf die Gesamtzahl an Straftaten war deutlich zu sehen (2018: 11.833 Straftaten insgesamt, 2021: 10.599). Nun mussten Landrat Jochen Hagt und Carolin Callies, seit Oktober Direktionsleiterin Kriminalität, heute bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik für das Jahr 2022 wieder höhere Zahlen präsentieren; die Gesamtzahl der begangenen Straftaten stieg um rund 18 Prozent auf 12.509. Einiges davon hat mit der Rückkehr der Gesellschaft zur Normalität zu tun, wenn auch längst nicht alles. Täuschen lassen sollte man sich von den Zahlen aber auch nicht: Der Oberbergische Kreis ist der zweitsicherste im Land NRW. Was auch an der sehr guten Aufklärungsquote der oberbergischen Polizei von 61,19 Prozent liegt – Platz drei in NRW.

 

Hagt, Callies und Oberkommissar Steffen Vogel aus der Führungsstelle der Direktion Kriminalität ordneten die Statistiken ein. „Das Freizeitverhalten der Menschen hat sich wieder verändert“, sagte der Landrat. Alkohol und Drogen spielen wieder eine stärkere Rolle. Allerdings gebe es auch generell mehr Polizeieinsätze (rund sechs Prozent), zum Beispiel bei Demonstrationen.

 

 

Hagt glaubt zudem, dass zum Beispiel beim Thema Diebstahl (rund 20 Prozent mehr Fälle) auch gesellschaftliche Entwicklungen wie die Inflation eine Rolle spielten. Eigentumsdelikte machten allein rund 46 Prozent der Straftaten aus. Erfreulich dabei: Obwohl beispielsweise die Zahl der Einbrüche und der Raubdelikte im Vergleich zum Vorjahr stiegen - Im Vergleich zu den Jahren 2019 und 2018 liegt Oberberg deutlich darunter. Weitere Trends und Analysen im Überblick:

 

Tatmittel Internet

 

„Die Täter wandern immer mehr ins Internet ab“, sagte Callies. Die Taten, in denen das Netz eine Rolle spielte, verdoppelten sich auf fast 1.000. Nicht in der Statistik enthalten sind dabei die Taten, wo der Tatort im Ausland lag oder unbekannt war. Allein bei 40 Prozent der Fälle handelte es sich um Warenbetrug. Dieser Trend der Internetkriminalität hat wenig mit den Folgen der Pandemie zu tun, wenn auch die Coronamaßnahmen dazu geführt haben könnten, dass sich so mancher Krimineller schneller digitalisiert hat.

 

Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung

 

Auch hier spielt das Internet eine Rolle. 13 Prozent der Fälle mit Tatmittel Internet fallen unter die Kategorie Kinderpornografie (Herstellung, Besitz, Erwerb, Verbreitung). Von den 345 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (leichter Anstieg um elf Fälle) handelte es sich bei rund 50 Prozent um die Verbreitung von Kinderpornografie. Die Aufklärungsquote ist hierbei konstant hoch und liegt bei 83,5 Prozent. Die Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern nahmen ab. Allerdings geht Callies generell in dieser Kategorie von einer Dunkelziffer aus.

 

Betrugsdelikte

 

Die Anzahl der Delikte stieg um rund 300 auf 1.435 an. Die Gesamtschadenssumme liege bei rund vier Millionen Euro. Nicht in der Statistik, weil die Täter meist aus dem Ausland operierten, sind Betrugsmaschen wie Schockanrufe oder Enkeltrick. Hierbei würde sich laut Landrat Hagt aber die Präventionsmaßnahmen der Polizei auszahlen. Vollendete Taten habe es 2022 lediglich 22 gegeben. Allerdings gelte auch hier, dass es eine Dunkelziffer gebe.

 

Branddelikte

 

89 Branddelikte (vorsätzliche Brandstiftung oder Herbeiführen eine Brandgefahr) und damit 209 Prozent mehr als 2021 gab es im vergangenen Jahr. Zwar wurden zwei Fälle, in denen Täter für mehrere Fälle verantwortlich waren, aufgeklärt. Bei einem davon gab es in Gummersbach-Dieringhausen auch ein Todesopfer zu beklagen (OA berichtete). Generell sind die Brandermittler aber sehr viel stärker ausgelastet als in vergangenen Jahren.

 

Gewaltdelikte

 

Hier gab es eine Steigerung um rund 30 Prozent. Wobei es zwei besorgniserregende Trends gibt. Zum einen stieg die Anzahl der minderjährigen Tatverdächtigen (Kinder, Jugendliche und auch Heranwachsende). Callies kann sich vorstellen, dass sich hierbei die Pandemiejahre zeigen könnten. Der Verzicht auf viele normalen Dinge, aber auch die psychischen Probleme, die aufgekommen sind. Es sei möglich, dass sich die Zahlen wieder normalisierten und diese Generation gerade vor allem ihre Grenzen austeste.

 

Zum anderen wuchs der Widerstand gegen die Staatsgewalt, aber auch Einsatzkräfte von Feuerwehr oder anderen Organisationen mussten Beschimpfungen oder Gewalt über sich ergehen lassen. Auch dies sei ein bundesweiter Trend, der Landrat Hagt wütend macht. „Das können wir uns in der Gesellschaft nicht leisten.“

 

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