BLAULICHT

Weniger Unfälle mit Verletzten, aber Zahl der Verkehrstoten verdoppelt

lw; 18.03.2024, 16:45 Uhr
Archivfoto: Peter Notbohm --- Mehrere Verletzte hatte es im August bei einem Unfall zwischen Gaderoth und Winterborn gegeben.
BLAULICHT

Weniger Unfälle mit Verletzten, aber Zahl der Verkehrstoten verdoppelt

lw; 18.03.2024, 16:45 Uhr
Oberberg – Polizei stellte die Unfallstatistik für das vergangene Jahr vor – Viele Trends weisen in gute Richtung – Zufrieden sind die Verantwortlichen dennoch nicht.

Von Lars Weber

 

Elf Prozent weniger Verkehrsunfälle mit Verletzten (insgesamt 539), sogar 29 Prozent weniger mit Schwerverletzten (169), ebenfalls 29 Prozent weniger Pedelec-Unfälle: Auch wenn die Gesamtanzahl der Verkehrsunfälle im vergangenen Jahr leicht von 7.689 auf 8.057 gestiegen ist – mit entscheidenden Statistiken kann die Polizei eigentlich zufrieden sein. Ist sie aber nicht, wie Polizeidirektor Sascha Himmel, Michael Greb, Leiter der Verkehrsdirektion bei der Oberbergischen Polizeibehörde, und Andreas Groß, Leiter der dortigen Führungsstelle, bei der heutigen Vorstellung der Verkehrsunfallstatistik für 2023 sagten. Denn die Unfälle mit Verkehrstoten stiegen von sieben auf 13 an. Dabei starben 16 Menschen, auch ein Kind war darunter. 2022 waren acht Menschen ums Leben gekommen - die Zahl hat sich also verdoppelt.

 

[Grafiken: Polizei OBK --- Anzahl der Verkehrsunfälle mit Getöteten (Kategorie 1), schwer (Kat. 2) und leicht Verletzten Personen (Kat. 1).]

 

Ein deutliches Muster war bei den 13 Unfällen nicht ersichtlich. Einmal geriet ein Mofa-Fahrer in den Gegenverkehr, ein anderes Mal war überhöhte Geschwindigkeit die Ursache, fünfmal geschahen die Unfälle innerorts, die anderen außerorts. Allerdings, so hielt Greb fest: Besonders Senioren waren häufig als Fußgänger betroffen, in vier von fünf tragischen Unfällen führte zudem das Fehlverhalten der Senioren zu den Unglücken. Zum Beispiel, weil sie hinter einem geparkten Auto unvermittelt auf die Straße traten und der Autofahrer nicht mehr reagieren konnte. Nur einmal blieb die Unfallursache unklar: Bei dem Alleinunfall im Dezember auf der L 148 in Reichshof, bei dem drei Menschen ums Leben kamen.

 

Das Verhindern solcher und anderer Unfälle ist neben der Bekämpfung der Kriminalität das große Ziel der Polizei, wie Himmel betonte. Ob psychisch oder physisch: Unfallopfer, Angehörige oder Hinterbliebene haben oft jahrelang oder sogar ein Leben lang mit den Folgen zu kämpfen. Bei einem Unfall könnten mehr als 100 weitere Personen sekundär betroffen sein, machte Himmel deutlich, welche großen Kreise ein Ereignis ziehen könnte. „90 Prozent der Unfälle basieren auf Regelverstößen.“ Zum Beispiel Ablenkung, etwa durch das Handy (21-mal im vergangenen Jahr, 2022: 19), überhöhte Geschwindigkeit (2023: 86, 2022: 132), Alkoholeinfluss (2023: 42, 2022: 41) oder fehlender Abstand (2023: 60, 2022: 73).

 

[Altersgruppen der Unfallopfer.]

 

Warum ein in den vergangenen Jahren konstanter Wert wie die überhöhte Geschwindigkeit als Ursache derart zurückgegangen ist, konnten Greb und Himmel nicht eindeutig sagen. Allerdings könnten Polizeikontrollen und Präsenz ihre Wirkung gezeigt haben. „Es muss auch an den Geldbeutel gehen“, sagte Himmel. Prävention allein, die die Polizei schon ab den Kitas betreibt, in den Schulen fortführt und inzwischen bis zu Pedelec- und Rollator-Trainings reicht, genüge nicht.

 

„Prävention ist nicht messbar“, sagte Greb, auch wenn er natürlich hofft, dass die Kurse der Polizei gemeinsam mit dem ADFC und der VHS Oberberg dazu beigetragen haben, die Unfälle bei Pedelecs zu verringern. Von 81 auf 57 ist diese Zahl gesunken. „Dazu trägt sicherlich auch bei, dass die Menschen inzwischen generell mehr Erfahrung im Umgang mit den Pedelecs haben als noch vor einigen Jahren.“ Trotzdem: 14 Senioren waren beteiligt, und damit gemessen am Anteil der Gruppe an der Gesamtbevölkerung noch „überproportional viele“, so Greb.

 

[Sie stellten die Statistik vor (v.li.): Sascha Himmel, Michael Greb und Andreas Groß.]

 

Seit dem Boom durch Corona hatte die Zahl der Pedelec-Unfälle in der Statistik bislang nur eine Richtung gekannt, von 26 Unfällen 2019 bis zum Rekordwert von 81 im vergangenen Jahr. Dieser Trend ist nun gestoppt. Gesunken ist auch die Gesamtzahl aller Radunfälle (inklusive Pedelecs), sie reduzierte sich von 105 auf 76.

 

Die Zahl der Motorradunfälle sank von 92 auf 71 (-22 Prozent), zwei Unfälle davon waren mit Todesfolge. Ein Trend bleibt unverändert: Häufig, wenn ein Motorrad in einen Unfall verwickelt ist, handelt es sich um auswärtige Fahrer, die das Oberbergische vor allem im Norden als Ausflugsziel ansteuern. Gesunken ist zudem die Zahl der Verkehrsunfälle mit Flucht (von 1.372 auf 1.330), die Aufklärungsquote bleibt konstant bei 44 Prozent (zuvor 46). Auch die Zahl der Verkehrsunfallfluchten mit Personenschaden reduzierte sich (von 52 auf 39). Zweimal gab es dabei Schwerverletzte, beide Fälle wurden aufgeklärt. Generell erhofft sich die Polizei durch das eigene Verkehrsunfall-Aufnahmeteam, das seit September im Einsatz ist, viel Unterstützung, wenn es um die Aufklärung solcher Delikte, aber auch um Unfallursache und -hergang geht.

 

[Die Anzahl der Verkehrsunfälle unter Alkoholeinfluss stieg um 6,2 Prozent auf 136, dieser Wert liegt 22 Prozent über dem Mittelwert der vergangenen fünf Jahre.]

 

Ein Dorn im Auge der Polizei ist die seit 2020 ansteigende Zahl an Unfällen, bei dem Alkohol beziehungsweise Alkohol und Drogen eine Rolle spielt. 83 gab es 2020, im vergangenen Jahr waren es 136. Der durchschnittliche Promillewert: 1,55. Die meisten Unfälle passieren am Wochenende (24). Die Kontrollen und Präsenz seien dabei mit den Jahren erhöht worden, im vergangenen Jahr habe man laut Greb auch mehr als 500 Autofahrer erwischt. Der Trend sei aber weiter ungebrochen.   

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