BLAULICHT
Waldbröler erhält erst seine Bestellung nicht und muss dann noch vor Gericht
Waldbröl – Wegen Betruges musste sich ein 26-Jähriger am Amtsgericht Waldbröl verantworten – Nach der Aussage eines Sicherheitsbeauftragten eines Paketdienstes wurde das Verfahren eingestellt.
Von Peter Notbohm
Nicht erst seit der Corona-Pandemie boomt der Online-Handel. Millionen von Paketen werden täglich durch diverse Paketdienste versandt. Die Zusteller stehen häufig unter Dauerstress. Nicht selten beklagen Bürger, dass sie zwar online eine Zustellbestätigung erhalten, die Haustürklingel bleibt gleichzeitig aber stumm. Nicht immer nimmt das Paket den Weg zum nächsten Nachbarn oder zur Packstation, in vielen Fällen steht es trotz nicht vereinbarter Ablageorte ungesichert vor der Haustür – gerade in stark bewohnten Gegenden eine Einladung für Gelegenheitsdiebe.
Ein solcher Fall beschäftigte am Montag das Amtsgericht Waldbröl. Dort musste sich Berishan J. (Anm.d.Red.: Name geändert) wegen Betrugs verantworten. Die Staatsanwaltschaft warf dem selbstständigen Unternehmer aus Waldbröl (26) vor, online eine Plane im Wert von 515 Euro für seine Firma bestellt und drei Tage später den Nichterhalt reklamiert zu haben, woraufhin ihm erneut eine Plane zugesandt wurde. Berishan J. behauptete hingegen, nicht einmal eine digitale Zustellungsbestätigung erhalten zu haben. Die erneute Lieferung sei dann problemlos verlaufen.
Dass das Verfahren schließlich auf Kosten der Staatskasse eingestellt wurde, lag aber nicht nur am Fernbleiben des wichtigsten Zeugen. Der Zusteller von einem der größten deutschen Paketdienste war schon am ersten Verhandlungstag nicht erschienen. Auch die weiteren Zeugen entlasteten eher den Angeklagten. Zunächst sagte ein weiterer Zusteller aus, der angab, dass er am 22. November des vergangenen Jahres die Tour mit seinem Kollegen gefahren sei. Zwar habe er gesehen, dass sein Kollege das Paket aus dem Fahrzeug geholt habe, ob das Paket schließlich beim Besteller, bei Nachbarn oder einfach nur vor einer Tür gelandet ist, dazu konnte er keine Angaben machen.
Die Ehefrau des Waldbrölers gab an, dass es bei ihr nie geklingelt habe und sie einige Tage später von einem Zusteller angesprochen worden sei, ob das Paket bei ihnen abgestellt worden sei. Das habe sie verneint und dem Mann die Büronummer ihres Mannes gegeben. Ein wenig mehr Licht ins Dunkel brachte ein Sicherheitsbeauftragter des Paketdienstes, der den Eintrag „Zustellung an sggf“ und die Unterschrift aus dem protokollierten Paketlebenslauf erklärte: „Ich vermute, der Fahrer hat selbst unterschrieben und irgendwas auf dem Scanner eingetippt. Das passiert regelmäßig, wenn die Zusteller nicht wissen, wem sie das Paket gegeben haben. Seit Corona kommt das aus Schnelligkeitsgründen häufig vor, weil die Kunden nicht mehr selbst unterschreiben wollen oder gar nicht erst da sind.“
Sowohl bei Einzelrichterin Svenja Defourny als auch bei der Staatsanwaltschaft bestanden anschließend einige Zweifel, ob die Vorwürfe haltbar sind. „Wir wissen alle, dass da einmal etwas schief gehen kann“, so die Richterin. Einen Freispruch wollte sie, ohne den Paketzusteller gehört zu haben, aber trotzdem nicht ausurteilen und brachte stattdessen die Einstellung des Verfahrens gemäß Paragraf 153 der Strafprozessordnung ins Spiel. Damit konnte sich auch der Angeklagte anfreunden, nachdem er auch die Kosten des Verfahrens nicht tragen musste.
Zumindest für den Paketzusteller hat der Prozess aber noch ein Nachspiel: Weil er angekündigt hatte, mit einer halben Stunde Verspätung vor Gericht zu erscheinen und anschließend nicht einmal mehr erreichbar war, wurde ein Ordnungsgeld in Höhe von 150 Euro verhangen.
