BLAULICHT

Täter oder Opfer: Wer löste Schlägerei in Wiehl aus?

pn; 12.01.2023, 19:00 Uhr
BLAULICHT

Täter oder Opfer: Wer löste Schlägerei in Wiehl aus?

pn; 12.01.2023, 19:00 Uhr
Gummersbach – Seit heute müssen sich drei Männer aus Nümbrecht wegen versuchter Erpressung und gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Gummersbach verantworten - Mutmaßliches Opfer ebenfalls angezeigt.

Von Peter Notbohm

 

Ausgebliebene Lohnzahlungen in Höhe von 1.180 Euro sollen der Grund sein, warum es am 29. Januar 2021 zu einer Schlägerei auf einem Parkplatz an der Friedhofstraße in Wiehl gekommen sein soll. Wer hier Täter und wer Opfer war, darüber scheint sich aber selbst die Kölner Staatsanwaltschaft nicht ganz einig zu sein und soll nun durch ein Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Ulrich Neef am Amtsgericht Gummersbach geklärt werden.

 

Wegen versuchter Erpressung und gefährlicher Körperverletzung müssen sich hier seit Donnerstag drei Männer aus Nümbrecht (47, 44, 31 Jahre) verantworten, denen die Staatsanwaltschaft vorwirft, einen Wiehler an jenem Abend gegen 19:10 Uhr minutenlang mit Fäusten, einem Ast, einer Wasserwaage sowie einem Krückstock – die Anklage sprach von mindestens acht Minuten - zusammengeschlagen zu haben.

 

Das Verfahren war ursprünglich vor dem Landgericht Köln angeklagt, von dort aber Ende August vergangenen Jahres an das Amtsgericht Gummersbach verwiesen worden. Nicht minder kompliziert macht die Angelegenheit, dass es eine Gegenanzeige von einem der vermeintlichen Täter gibt, der das mutmaßliche Opfer als eigentlichen Verursacher der Schlägerei bezichtigt. Dieses Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft zwar zunächst mit der Begründung eingestellt, dass kein rechtzeitiger Strafantrag vorgelegen habe, doch nach einer Beschwerde hiergegen wurde es wieder aufgenommen und durch denselben Dezernenten, der auch das Verfahren gegen die drei Angeklagten eröffnet hat, zugelassen. Eröffnen wollte die Staatsanwaltschaft dieses Verfahren bislang aber noch nicht.

 

Hintergrund der Geschichte sollen Streitigkeiten über eine Kündigung sowie ein nicht ausgezahlter Lohn aus dem Dezember 2020 sein. Glaubt man dem 44-jährigen Hauptangeklagten Adrian K. (Anm.d.Red.: Alle Namen geändert), hatte Youssef D. in seinem letzten Arbeitsmonat bei einer Nümbrechter Baufirma zum wiederholten Male auf seinem Stundenzettel die Pausenzeiten falsch ausgefüllt, zudem sieben Arbeitsstunden an einem Tag angegeben, an dem er krank ausgefallen war. Daher habe der Baustellenleiter von ihm am 3. Januar einen korrekt ausgefüllten Stundenzettel eingefordert. Damit ruhte die Sache zunächst, da der Nümbrechter einige Tage später in seine Heimat musste, um seinen plötzlich verstorbenen Vater zu beerdigen.

 

Als er wieder nach Deutschland zurückgekommen sei, habe Youssef D. am 28. Januar telefonisch auf ein Treffen bestanden, um ein klärendes Gespräch zu führen. Das habe einen Tag später auch stattgefunden, allerdings sei der Wiehler sofort aggressiv geworden und habe ihn gemeinsam mit einer unbekannten Person ins Gesicht geschlagen, bis er blutend zu Boden gegangen sei, sagte Adrian K. über seinen Verteidiger aus. Nur weil seine Ehefrau sich nach dem Telefonat am Vorabend Sorgen gemacht habe und seine Brüder und seinen Schwager informiert hatte, sei nicht mehr passiert, weil diese kurz darauf am Tatort erschienen seien und ihm geholfen hätten.

 

Die Anklage geht dagegen davon aus, dass Adrian K. die Schlägerei angezettelt hat und anschließend einen Schwächeanfall vorgetäuscht haben soll, um Youssef D. „reinzureiten“. Während dieser eine Flasche Wasser geholt habe, sollen zwei Brüder, der Neffe und der Schwager des 44-jährigen Nümbrechters in zwei Autos auf dem Parkplatz erschienen sein und den Wiehler anschließend minutenlang zusammengeschlagen haben. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass man Youssef D. damit habe klarmachen wollen, dass dieser auf seine Lohnforderungen verzichten soll. „Du bekommst kein Geld, egal ob du einen Anwalt einschaltest oder nicht. Wir können dich auch umbringen, weil wir von der Mafia sind“, sollen die Männer in Richtung des Wiehlers gesagt haben.

 

Sowohl der Nümbrechter als auch Youssef D. wurden bei der Schlägerei verletzt, sie wurden in den Krankenhäusern Gummersbach und Waldbröl behandelt. Während der Wiehler eine Vielzahl an Prellungen an Schädel, Schulter, Ellbogen, Becken und Fingern hatte, erlitt Adrian K. mehrere Prellungen im Gesicht, Schürfwunden an Armen, Ellbogen sowie eine Schnittwunde am Finger. Die beiden Mitangeklagten, der 47-jährige Bruder sowie der 31-jährige Schwager, sagten aus, dass sie zu der Schlägerei nichts sagen könnten. Sie seien erst dazugestoßen, als Adrian K. umringt von mehreren Personen am Boden gelegen habe. Anschließend hätten sie geholfen, die Situation zu beruhigen, bis die Polizei erschien. Der 21-jährige Neffe, der als Zeuge geladen war, machte indessen von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.

 

Fortgesetzt wird der Prozess am kommenden Donnerstag. Dann soll auch Youssef D. aussagen. Der Wiehler war heute nicht erschienen, nachdem seine Ladung im September an eine alte Adresse gegangen war. Der Richter erreichte ihn telefonisch auf einer Baustelle in Köln. Der Mann sagte sein Kommen zu, vorher wolle er allerdings noch seinen Anwalt konsultieren.

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