BLAULICHT

Nicht feierkompatibel: Auseinandersetzung zwischen Partygästen und Polizei

lw; 22.03.2023, 16:40 Uhr
BLAULICHT

Nicht feierkompatibel: Auseinandersetzung zwischen Partygästen und Polizei

lw; 22.03.2023, 16:40 Uhr
Waldbröl – 28-Jähriger musste sich wegen eines möglichen tätlichen Angriffs auf Polizisten vor dem Amtsgericht verantworten – Aussage gegen Aussage.

Von Lars Weber

 

Das Ende dieser Party hatten sich die Gastgeber sicherlich anders vorgestellt. Statt friedlich am frühen Morgen auseinander zu gehen, stand bei einer Feier im Sommer vergangenen Jahres nach Mitternacht plötzlich die Polizei im Garten. Was danach passierte, darüber sind heute am Amtsgericht Waldbröl die Meinungen auseinander gegangen. Fakt ist, dass sich Jan M. (Anm.d.Redaktion: Alle Namen geändert) dafür verantworten musste, Vollstreckungsbeamte tätlich angegriffen, beleidigt und bedroht zu haben. Dass es unterschiedliche Ansichten über den Sommerabend geben würde, war auch Richter Maximilian Holthausen schnell klar. Alle Details aufklären konnte das Gericht am Ende nicht.

 

Die Staatsanwaltschaft schilderte in der Anklage die vorgeworfenen Taten. Demnach seien am 26. Juni 2022 zwei Beamten um 1:10 Uhr in eine Nümbrechter Ortschaft gerufen worden, weil sich ein Nachbar über eine zu laute Feier beschwert hatte. An der Anschrift seien sie schon aggressiv von den Partygästen empfangen worden. Die Situation sei schnell hitzig geworden, die Polizei habe mit dem Einsatz von Reizspray gedroht, danach habe der Angeklagte der Polizeibeamtin gegen die Schulter geschlagen. Die Polizisten hätten sich vom Grundstück zurückgezogen und Verstärkung gerufen, was mit Beleidigungen wie „Lachnummern“ oder „Witzfiguren“ von Jan M. kommentiert worden wäre.

 

Als die Beamten über einen Hundeeinsatz nachdachten, schaukelte sich die Situation richtig hoch. Ein Partygast habe gerufen, dass sie dann ihren Hund loslassen würden. Auf diese Aussage habe die Polizistin erwidert, dass sie in diesem Fall von ihrer Schusswaffe Gebrauch machen könne. Damit nicht genug, soll der Angeklagte mit „Dann kann ich dich erschießen“ den Schlusspunkt unter die Angelegenheit gesetzt haben. Anschließend traf die angeforderte Verstärkung ein.   

 

Die Details der Anklageschrift wurden von den beiden Polizisten weitestgehend bestätigt. Sie zeichneten das Bild von einigen lauten und pöbelnden Gästen, die die Beamten schnell angegangen seien und den Mindestabstand bewusst ignoriert hätten. „Dabei wollten wir ihnen ja eigentlich nur sagen, dass sie die Musik etwas leiser machen sollten“, sagte der Polizist. Beide waren sich sicher, dass sowohl der Angeklagte als auch sein Vater, der Gastgeber der Feier, unter den Hauptstörern gewesen sein sollen.

 

Der Papa sei es auch gewesen, der bedrohlich auf den Polizisten zugegangen sein soll, sodass dieser ihn weggedrückt habe. Daraufhin habe der Angeklagte eine Bewegung zum Beamten hingemacht, sodass sich die Kollegin einschaltete. Jan M. habe diese dann geschubst. Von einem Schlag war keine Rede mehr. Den Einsatz von Reizspray habe der Polizist angedroht, aber davon abgesehen, es wirklich zu nutzen. Schließlich hätten einige Gäste auch versucht, die Situation zu beruhigen.

 

Dass der 28-jährige Angeklagte bei der Hunde-Diskussion wirklich gesagt haben soll, dass er sie erschießen wolle, hatte nur die Polizistin selbst klar vernommen. Ihr Kollege zeigte sich in dieser Frage unsicher.

 

Jan M. und sein Vater hatten das Ende der Party etwas anders in Erinnerung. Wie der Verteidiger Udo Klemt schilderte, hätten die Gäste im Garten die eintreffende Polizei zunächst gar nicht bemerkt. Erst, als ihnen mit Taschenlampen ins Gesicht geleuchtet worden sei, habe man reagiert – und das auch nicht aggressiv. Bestimmend hätte der Angeklagte die Beamten aufgefordert, die Sache vor dem Grundstück zu klären. Auf die Frage nach dem Namen der Beamten habe ihm die Polizistin mit ihrem Dienstausweis provozierend im Gesicht rumgewedelt.

 

Erst dann sei der Vater dazugekommen, er war zuvor auf der Terrasse gewesen und nicht im Garten. „Ich hab da unten Gemurmel gehört“, sagte der 66-Jährige. Auf dem Weg sei er gestolpert und in Richtung Polizistin gefallen, die ihn abwehrend zur Seite geschubst habe. Jan M. sei daraufhin eingeschritten und habe die Polizistin tatsächlich mit einer Hand leicht geschubst. „Ich wollte die Situation deeskalieren.“

 

Als sich die Polizisten zurückzogen, habe sein Mandant diesen Vorgang „kommentiert“, wie Klemt sagte. Das sei aber nicht beleidigend gemeint gewesen, sondern er habe so auf die seines Erachtens vorhandene Unverhältnismäßigkeit des Polizeieinsatzes hinweisen wollen. Danach habe der 28-Jährige mit seiner Freundin die Party verlassen. Als das Thema auf den Hund kam, sei er schon gar nicht mehr vor Ort gewesen. Davon, dass die Polizei später noch im Haus nach ihm gesucht habe, um Personalien festzustellen, bekam er nichts mit.

 

Die Aussage-gegen-Aussage-Situation blieb Richter Holthausen und der Staatsanwaltschaft selbstverständlich nicht verborgen. Mehr Klarheit versprachen sie sich auch nicht mehr von den diversen Partygästen, die vor dem Verhandlungssaal noch darauf warteten, als Zeugen aufzutreten. Nach einer gemeinsamen Beratung mit Verteidiger Klemt entschied das Gericht, den Fall gegen eine Geldauflage über 600 Euro, die an eine gemeinnützige Einrichtung gehen sollen, einzustellen.

 

Holthausen erklärte, dass es zwar für die Schubserei unterschiedliche Erklärungen gab. Einig schienen sich aber alle zu sein, dass niemand geschlagen, verletzt oder traumatisiert wurde. Was die Beleidigungen und Bedrohungen anging, so sei dieser Tatbestand schwer zu beweisen gewesen. „Es hat sich alles hochgeschaukelt.“ Die unbedachte Erwiderung bei der Hunde-Diskussion sei trotzdem „auf einer Skala intelligenter Dinge nicht weit oben“ anzusiedeln.

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