BLAULICHT

Mit der Bierflasche die Zähne ausgeschlagen

lw; 28.09.2023, 14:30 Uhr
Archivfoto: Peter Notbohm.
BLAULICHT

Mit der Bierflasche die Zähne ausgeschlagen

lw; 28.09.2023, 14:30 Uhr
Waldbröl – Gefährliche Körperverletzung wurde einem 29-Jährigen vorgeworfen – Heißer Sommertag endete für Opfer im Krankenhaus – Bis heute in Behandlung.

Mit einer Freiheitsstrafe auf Bewährung ist der 29-jährige Kai P. (Anm.d.Red.: Alle Namen geändert) gestern am Amtsgericht Waldbröl von Richterin Laura Krause bestraft worden. Dem jungen Mann aus Siegen wurde gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Er soll im Sommer vergangenen Jahres dem Geschädigten Oliver J. am Steinbruch Sengelbusch in der Gemeinde Reichshof unvermittelt eine Bierflasche ins Gesicht geschlagen haben – eine Tat, die der Angeklagte am Ende des Prozesses einräumte, obwohl er sich ob seiner Alkoholsucht nicht mehr an Details erinnern konnte.

 

Tatsächlich war die Staatsanwaltschaft in Rekordzeit mit dem Verlesen der Anklageschrift fertig. Darin heißt es, dass der Angeklagte dem Geschädigten am 18. Juni 2022 gegen 21 Uhr am See des Steinbruchs mit einer 0,5-Liter-Flasche Bier die Zähne ausgeschlagen haben soll. Viel mehr Details wurden darin nicht genannt.

 

Und viel mehr Details zu den genauen Hintergründen und Ursachen der Tat selbst gab es in gewisser Weise auch anschließend nicht. Sowohl der Gummersbacher Oliver J., der auch als Nebenkläger auftrat, als auch sein Kumpel Mark E., mit dem er an jenem heißen Sommertag den Steinbruch aufsuchte, saßen im Zeugenstand.

 

Sie schilderten einen zunächst optimalen Samstag. Beide hatten sich am See mit einem Sixpack Bier ein Plätzchen gesucht. Auch einige andere Besucher waren schon vor Ort. Irgendwann sei es zum Kontakt mit der vierköpfigen Gruppe gekommen, zu der auch der Angeklagte gehört habe. „Wir sind uns gleich sympathisch gewesen“, sagte Oliver J. Er und Mark E. verlegten ihr Lager zur anderen Gruppe und man tauschte sich angeregt aus. „Es gab keinen Streit oder so.“ Dann, wie aus heiterem Himmel, sei Kai P. an Oliver J. herangetreten und habe mit der Bierflasche zugeschlagen. „Er ist neben mir zu Boden gegangen“, so Mark E. über seinen Freund. Geschockt rief er die Polizei.

 

Aufgrund der Wucht des Schlags wurden dem Opfer die Schneidezähne rausgeschlagen. Auch die untere Zahnreihe habe Schaden genommen. Seit dem Vorfall ist er in Behandlung. „Ich darf nicht ins Brötchen beißen oder in einen Apfel“, schilderte Oliver J. weiter. Im Dezember soll bei ihm ein Implantat eingesetzt werden – eineinhalb Jahre werden dann seit der Tat vergangen sein.

 

Und warum das Ganze? Die beiden Freunde hatten zwar zum Angeklagten einen schlechteren Draht als zu den anderen der Gruppe und Kai P. habe auch – vermutlich aufgrund des Alkoholkonsums – sie immer mal wieder mit Bier bespritzt. Aber etwas gesagt oder getan, womit ein derartiger Angriff hätte gerechtfertigt sein können, hätten sie nicht.

 

Der Angeklagte ließ sich erst im Laufe des Prozesses ein, auch weil sein Pflichtverteidiger erst vor wenigen Tagen bestellt wurde und sie keine Gelegenheit gehabt hätten, vor der Verhandlung miteinander die Strategie zu besprechen. Kai P. entschuldigte sich bei Oliver J. und zeigte sich geständig. „Ich kann mich aber an nicht viel erinnern.“ Er sei alkoholkrank und hätte an jenem Tag schon früh Hochprozentiges zu sich genommen. Wenn er trinke, werde er aggressiv. „Ich bin sonst nicht so.“ Inzwischen habe er zwei stationäre Entzüge hinter sich und bald ein weiteres Gespräch bei der Suchtberatung. „Vier Monate bin ich jetzt trocken.“ Und er möchte, dass es so bleibt. Auch ein Jobangebot hat er, dass er annehmen möchte.

 

Als dies veranlasste Staatsanwaltschaft, Nebenklage und Verteidigung, von einer positiven Sozialprognose auszugehen. Da der 29-Jährige auch einschlägig vorbestraft ist, hätte er andernfalls sicher ins Gefängnis gemusst. So waren sich alle inklusive Richterin Krause einig, die fällige Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Sie folgte dabei der Staatsanwaltschaft, die zehn Monate gefordert hatte. Der Verteidiger hatte sechs Monate beantragt. Kai P. muss weiter die Kosten des Verfahrens und auch der Nebenklage übernehmen. Zudem gehört eine ambulante Therapie zu den Auflagen dazu.

 

Auf eine von der Nebenklage geforderte Schadenswiedergutmachung verzichtete die Richterin. Natürlich könnte zivilrechtlich aber noch etwas auf den Angeklagten zukommen aufgrund der hohen Behandlungskosten des Opfers. Auf den Einsatz von Rechtsmitteln wurde verzichtet, das Urteil ist rechtskräftig.   

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