BLAULICHT
Mildes Urteil, aber mit „großem Störgefühl“
Waldbröl - 30-Jähriger wurde wegen einfacher Körperverletzung, Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe verurteilt – Nach der Aussage der Geschädigten blieb nicht mehr viel von der Anklage übrig.
Von Lars Weber
Dieses Mal waren alle Zeugen da. Nachdem der erste Versuch, den Prozess gegen Mehmet I. (Anm.d.Red.: Name geändert) zu führen noch deswegen gescheitert war und auch bei der Prozesswiederholung vor knapp zwei Wochen wichtige Beteiligte gefehlt hatten (OA berichtete), hat der Fortsetzungstermin nun ein Ergebnis gebracht. Vorgeworfen wurden dem 30-Jährigen unter anderem gefährliche Körperverletzung, Bedrohung und Einbruchsdiebstahl - allerdings blieb von der Anklage nach den Aussagen der Geschädigten kaum noch etwas übrig. Der Kölner wurde von dem Schöffengericht um den Vorsitzenden Richter Andreas Dubberke letztlich wegen einfacher Körperverletzung, Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe über 900 Euro verurteilt – allerdings mit „großem Störgefühl“, wie Richter Dubberke betonte.
Der Hauptvorwurf der Staatsanwaltschaft laut Anklageschrift: Der Kölner soll am 24. September 2023 um 8:45 zum Haus seiner Ex-Lebensgefährtin in der Gemeinde Reichshof gefahren und durch das Badezimmerfenster eingedrungen sein, nachdem niemand geöffnet hatte. Im Schlafzimmer fand er seine damalige Freundin gemeinsam mit ihrem neuen Freund vor, woraufhin er ausgeflippt sein soll. Er soll beide ins Gesicht geschlagen haben, seine ehemalige Freundin soll er zudem gewürgt und mit einem Küchenmesser bedroht haben. Unter anderem soll er damit gedroht haben, sie umzubringen.
Später soll er zudem beim Fahren ohne Fahrerlaubnis beobachtet worden sein und bei einem weiteren Einbruch in die Wohnung mit zwei Unbekannten eine Sporttasche des neuen Freundes seiner Ex entwendet haben. Der Inhalt: unter anderem hochwertige Parfüms und eine Armbanduhr im Wert von 2.000 Euro. Zu diesen beiden Vorwürfen – beide standen laut Richter Dubberke schon bei der Anklage auf dünnen Beinen – gab die Beweisaufnahme jedoch so gut wie gar nichts her. Daher wurde Mehmet I. hier freigesprochen.
Mit Spannung erwartete das Gericht jedoch die Einlassung des Angeklagten und die Aussagen der Geschädigten. Über seinen Anwalt ließ der Kölner zunächst wiederholen, was er schon beim ersten Prozessauftakt zu Protokoll gegeben hatte: Demnach sei er zum Tatzeitpunkt noch mit der Frau zusammen gewesen. Als niemand die Tür öffnete, nachdem er geklingelt hatte, habe ihn ein „ungutes Gefühl“ beschlichen, deshalb sei er durch das Fenster eingestiegen. Er gab zu, beide Personen im Schlafzimmer geschlagen zu haben. Er habe aber niemanden gewürgt oder die Frau mit einem Küchenmesser bedroht. Welche Drohungen ausgesprochen worden sein könnten, daran habe er keine Erinnerungen mehr. Schäden, die am Fenster entstanden waren, habe er über den Vermieter beglichen. Seitdem habe sich die Situation beruhigt, es sei alles geklärt. Weitere Details gab es nicht.
Und auf tiefergehende Erläuterungen der Vorgänge an diesem 24. September musste das Schöffengericht auch verzichten, als die Ex-Freundin (32) des Angeklagten und ihr aktueller Freund (25) am Zeugentisch Platz nahmen. Beide waren das letzte Mal unentschuldigt dem Verfahren ferngeblieben und werden noch ein Ordnungsgeld bezahlen müssen. Immerhin wurde auf eine polizeiliche Vorführung verzichtet. Der Erinnerung auf die Sprünge hätte dies aber wohl auch nicht geholfen. Richter Dubberke musste vor allem dem neuen Freund jede Einzelheit aus der Nase ziehen. Bei ihm waren die Erinnerungslücken besonders ausgeprägt.
Sie erinnere sich daran, von ihrem Ex mehrmals mit der flachen Hand geschlagen worden zu sein. Sie hatte danach für ein, zwei Wochen „blaue Veilchen unter den Augen“. Außerdem gingen neben dem Badezimmerfenster unter anderem ein Spiegel zu Bruch. Von Würgen oder einem Messer wusste sie nichts mehr. Ihr jetziger Freund gab an, gar nicht von dem Angeklagten geschlagen worden zu sein. Sie wollten sich vor der Wohnung treffen, um die Sache zu klären. Aber der Kölner blieb stattdessen bei seiner damaligen Freundin in der Wohnung. Warum er bei der Polizei damals andere Angaben gemacht habe, konnte er sich nicht erklären. „Das war alles unecht für mich an dem Tag.“ Die Frage, ob er im Vorfeld des Prozesses bedroht worden sei, verneinte er.
Und so blieben Staatsanwaltschaft und dem Schöffengericht keine Alternative zu einem milden Urteil – und das, obwohl Mehmet I. sogar noch unter Bewährung stand. Allerdings ging es dabei um ein Urteil wegen Drogenhandels, sodass dies weniger ins Gewicht fiel. Die 900 Euro Geldstrafe sprach Richter Dubberke „mit einem starken Störgefühl“ aus. Er gehe davon aus, dass die Zeugen mehr hätten sagen können. Warum sie dies nicht getan haben, darüber könne nur spekuliert werden.
