BLAULICHT

Kontonummern ausgetauscht: 165.000 Euro mit simpler Betrugsmasche gemacht

lw; 15.04.2024, 15:09 Uhr
Symbolfoto: OA.
BLAULICHT

Kontonummern ausgetauscht: 165.000 Euro mit simpler Betrugsmasche gemacht

lw; 15.04.2024, 15:09 Uhr
Waldbröl – 55-Jähriger von Schöffengericht wegen Untreue zu Bewährungsstrafe verurteilt – Kontrolle bei betroffener Firma funktionierte nicht.

Von Lars Weber

 

Wenn man von der verwendeten Betrugsmasche hört, würden wohl die wenigsten glauben, dass man damit erfolgreich sein kann: Auf der offiziellen Kundenrechnung einfach die Kontonummer der Firma mit der eigenen tauschen? Das ist dann doch etwas einfach, so scheint es. Im Fall des 55-jährigen Martin K. (Anm.d.Red.: Name geändert) hat es aber dennoch funktioniert, und das eine ganze Weile, bevor es schließlich doch aufflog. Heute musste sich der Mann vor dem Schöffengericht um den vorsitzenden Richter Carsten Becker wegen gewerbsmäßiger Untreue in 21 Fällen verantworten. Er ist zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.

 

Die Taten, so hieß es in der Anklageschrift, soll Martin K. in der Zeit zwischen dem 17. Oktober 2022 und 7. Juli 2023 begangen haben. Zu dieser Zeit war er angestellt bei einem jungen Nümbrechter Unternehmen aus der Automobilbranche. Tatsächlich soll sein Vorgehen äußerst simpel daraus bestanden haben, auf Rechnungen für die Kunden die Kontonummer seines Arbeitgebers mit den Bankdaten seines eigenen, privaten Girokontos zu ersetzen. 21 Fälle standen zur Anklage, insgesamt sollen so mehr als 165.000 Euro auf das Konto des Angeklagten gewandert sein. Die Summen bewegten sich meist im vierstelligen Bereich, dreimal wurden aber noch höhere Beträge abgefischt, einmal sogar 58.000 Euro.

 

Martin K. hatte sich schon bei der Polizei geständig gezeigt, nachdem der Betrug aufgeflogen war – und wiederholte nun auch vor Gericht sein Geständnis. Sein Verteidiger versuchte sich einführend an einer Erklärung. „Eigentlich kann man nicht ernsthaft glauben, damit durchzukommen.“ Doch das Kontrollsystem der Firma habe nicht funktioniert. „Gelegenheit macht Diebe, erst recht, wenn es einem so einfach gemacht wird“, so der Rechtsanwalt, was selbstredend keine Rechtfertigung für die Taten darstellen solle, betonte er.

 

Rund acht Monate sei der 55-Jährige beim Unternehmen tätig gewesen, als er das erste Mal die Kontonummern getauscht habe, erinnerte sich Martin K. Als Vertriebler habe er dort gearbeitet, tatsächlich sei er von der Kundenakquise über die Angebotsschreibung bis zur Vertragsgestaltung und die Rechnung für alles allein verantwortlich gewesen. Um 1.800 Euro sei es beim ersten Fall gegangen. „Und warum das alles?“, wollte Richter Becker wissen. Der Angeklagte konnte aber nur wiederholt die Schultern heben und den Kopf schütteln. „Ich kann es nicht erklären.“ Er habe keine Schulden, keine Süchte, keine anderen Geheimnisse, hat auch ausreichend verdient. Noch nicht einmal habe er sich von dem Geld „etwas gegönnt“, wie es die Staatsanwaltschaft ausdrückte. Dadurch wird es ihm immerhin möglich sein, fast den gesamten Betrag an seine Ex-Firma zurückzuzahlen.

 

Irgendwann sei ihm schon klar gewesen: „Das muss hochgehen“. Er habe „den Zeitpunkt verpasst“, um zu sagen, dass er „Mist gebaut“ habe. „Aufgehört haben Sie aber auch nicht“, antwortete Richter Becker. Ob er sogar entdeckt werden wollte, weil er sich später höhere Beträge hat überweisen lassen? Auch die Frage konnte Martin K. nicht klar beantworten.

 

An den Tag, als die ganze Sache aufflog, erinnerte sich der Firmenchef im Zeugenstand. Martin K. sei zu dem Zeitpunkt im Urlaub gewesen. Die Übergabe eines Fahrzeugs an den Kunden sollte daher ein Kollege übernehmen. Dieser ließ davor den Zahlungseingang überprüfen. „Es war aber kein Geld da.“ Im Gespräch mit dem Kunden wurde schnell klar, wo das Geld stattdessen hingeflossen war, schließlich überweist der Firmenchef sonst das Gehalt von Martin A. auf jenes Konto.

 

Warum der Betrug so lange unentdeckt blieb, dafür hatte der Geschäftsführer zwei Erklärungsversuche. Zum einen brachte er Martin K. großes Vertrauen entgegen, weil beide im Vereinssport sehr umtriebig seien. „Das war mir sympathisch.“ Auch deshalb verfügte der Angeklagte über die weitreichenden Kompetenzen. Zum anderen räumte er Versäumnisse in der Buchhaltung ein. Diese müsse mehrere Unternehmen betreuen. „Bei uns ist viel los unter einem Dach.“ Er sei seit 35 Jahren als Selbstständiger unterwegs und habe einiges erlebt. „Aber dass in dieser Größenordnung mein Vertrauen missbraucht wird, das hätte ich nicht für möglich gehalten.“  Dem 55-Jährigen sei fristlos gekündigt worden. Dieser entschuldigte sich bei seinem ehemaligen Chef, der dies zur Kenntnis nahm.

 

Die Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung fielen ähnlich aus. Für den Angeklagten sprach, dass er einen Teil des Geldes bereits direkt zurücküberwiesen hatte und fast der komplette Rest der Summe auf einem eingefrorenen Tagesgeldkonto nur darauf wartet. Zudem habe er sich früh geständig gezeigt. Vorstrafen gab es auch keine. Die Staatsanwaltschaft forderte zwei Jahre Haftstrafe auf Bewährung, die Verteidigung bat um ein „mildes Urteil“. Das Schöffengericht verurteilte Martin K. letztendlich wegen Untreue in 21 Fällen zu einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung, zudem zur Rückzahlung des Geldes und einer Überweisung über 2.400 Euro an den Kreissportbund für die Förderung der Jugendarbeit. Es wurde Rechtsmittelverzicht erklärt, sodass das Urteil rechtskräftig ist.

 

Martin K. hat bereits wieder einen neuen Job. Dort wolle er die Fehler nicht wiederholen, die er gemacht habe, sagte er bei seinen letzten Worten vor dem Urteil. „Ich entschuldige mich dafür.“

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