BLAULICHT

Hausverbot immer wieder ignoriert

lw; 16.08.2023, 15:31 Uhr
BLAULICHT

Hausverbot immer wieder ignoriert

lw; 16.08.2023, 15:31 Uhr
Waldbröl – 37-Jährige soll in einem Supermarkt gestohlen und einen Mitarbeiter geschlagen haben – Gericht muss erst Gutachten einholen.

Von Lars Weber

 

Hausfriedensbruch, Diebstahl und Körperverletzung: Dies sind die Vorwürfe, weshalb sich heute die 37-jährige Kathrin J. (Anm.d.Red: Name geändert) am Amtsgericht Waldbröl verantworten musste. Lange beschäftigte sich das Gericht letztlich aber nicht mit dem Fall, weil eine zentrale Frage noch unbeantwortet bleib: Inwieweit ist die Angeklagte überhaupt schuldfähig?

 

Sämtliche vorgeworfene Delikte spielten sich in der Filiale eines Supermarkts in Nümbrecht ab und sollen sich zwischen September 2022 und Januar 2023 zugetragen haben. In dem Supermarkt hat die Angeklagte ein Hausverbot, schon das Betreten ist ihr also nicht erlaubt. Und trotzdem soll sie im Tatzeitraum acht Mal gegen dieses Verbot verstoßen haben, wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage verlas. In fünf dieser Fälle blieb es jedoch nicht dabei, sondern Kathrin J. habe die Gelegenheit genutzt, um Zigaretten oder vor allem Alkohol in ihre Tasche zu stecken, ohne später zu bezahlen, so der Vorwurf. Dabei griff sie zu Dosenbier, Sekt oder Spirituosen.

 

Einmal soll die Situation dabei eskaliert sein, als die 37-Jährige in den Laden zurückkehrte. Bei einer Konfrontation durch einen Mitarbeiter soll sie um sich geschlagen und den Mann getroffen haben.

 

So gut es ging versuchte Kathrin J. sich zu erklären. Seit einem Unfall sitzt die Angeklagte im Rollstuhl und hat auch kognitive Einschränkungen, so fällt ihr zum Beispiel das Sprechen schwer. Schon in der Anklageschrift hieß es, dass sie erheblich vermindert schuldfähig sein könnte. Erschwerend hinzu kommt eine bislang nicht weiter diagnostizierte oder therapierte Alkoholsucht der in einem Heim lebenden Frau.

 

Geschlagen habe sie nicht, sagte sie. Den Diebstahl räumte sie aber ein. Sie habe das ihr zustehende Taschengeld im Rahmen der Sozialhilfe im Heim nicht erhalten. Auf die Frage, ob sie von dem ausgesprochenen Hausverbot wisse, antwortete sie an einem Punkt der Verhandlung mit Ja, an anderer Stelle mit Nein.

 

Ihr gesetzlicher Betreuer konnte nur wenig über die 37-Jährige erzählen, da er erst vor wenigen Monaten diese Aufgabe übernommen hatte. Das aktuellste psychiatrische Gutachten über die Angeklagte sei aber von 2014, also fast zehn Jahre alt. Diese Sachlage machte es für Richterin Laura Krause und die Staatsanwaltschaft schwierig, das Verfahren fortzusetzen. Sie beschlossen nach einem Rechtsgespräch zusammen mit dem Verteidiger aber, noch die stellvertretende Filialleiterin des Supermarkts zu befragen.

 

Diese sagte aus, dass das Hausverbot ursprünglich bereits wegen Diebstahls ausgesprochen worden sei. Diese Weisung habe die Angeklagte mündlich wie schriftlich bekommen. „Sie hat sie verstanden“, glaubte die 32-Jährige. Nach dem Fall im Januar sei Kathrin J. lange nicht mehr in den Laden gekommen – bis sie in der vergangenen Woche wieder da war und erneut etwas klauen wollte. „Die Polizei war auch wieder da.“

 

Richterin Krause beschloss nach der Aussage, ein Gutachten in Auftrag zu geben, das unter anderem über die Schuldfähigkeit der Angeklagten Aufschluss geben soll. Die Verhandlung wurde dementsprechend ausgesetzt, bis dieses Gutachten vorliegt. Dann wird der Prozess neu gestartet.

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