BLAULICHT

Hauptbelastungszeuge erscheint nicht: Prozess muss neu aufgerollt werden

pn; 11.12.2023, 18:00 Uhr
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Hauptbelastungszeuge erscheint nicht: Prozess muss neu aufgerollt werden

pn; 11.12.2023, 18:00 Uhr
Waldbröl – Ohne Urteil blieb am Amtsgericht Waldbröl der Prozess gegen einen 24-Jährigen Nümbrechter, dem die Staatsanwaltschaft Körperverletzung vorwarf – Mutmaßliches Opfer blieb fern und wird jetzt wohl die Kosten tragen müssen.

Von Peter Notbohm

 

Mit einem feuchtfröhlichen Abend auf einem Nümbrechter Grillplatz musste sich nun das Amtsgericht Waldbröl auseinandersetzen. Was am 14. Mai des vergangenen Jahres dort vorgefallen ist, konnte Richterin Laura Lax allerdings nicht aufklären. Das Problem: Der Hauptbelastungszeuge, das mutmaßliche Opfer, war der Verhandlung ferngeblieben und soll nun auf Anordnung der Staatsanwaltschaft vorgeführt werden. Da die Fristen bis zum Jahresende aber nicht mehr einzuhalten sind, wird der Prozess komplett neu aufgerollt werden müssen. Später am Mittag meldete der Mann sich telefonisch bei Gericht und gab an, den Termin „verpennt“ zu haben. Auf ihn dürften deshalb erhebliche Kosten zukommen.

 

Die Staatsanwaltschaft wirft Alexandre K. (Anm.d.Red.: Name geändert) Körperverletzung vor. Er soll das mutmaßliche Opfer gegen 23 Uhr auf einem Parkplatz im Lindchenweg zunächst ins Gesicht geschlagen haben und ihn in der folgenden Rangelei zu Boden gedrückt und anschließend über den Boden geschleift haben. Dabei soll der Mann mehrere Verletzungen erlitten haben.

 

Die Version von Alexandre K. klang hingegen ein wenig anders. Zwar räumte der 24-jährige den ersten Schlag ein, mehr außer einer kurzen Rangelei im Stehen sei allerdings nicht passiert, weil mehrere Personen sofort dazwischen gegangen seien. Er habe sich am 14. Mai mit einigen Freunden zum Fußballspielen getroffen. Von 12 Uhr mittags bis 21 Uhr abends habe man dabei zusammen eine Bierkiste geleert und sei später zum Ausklingen des Tages in Richtung des Grillplatzes weitergezogen.

 

Dort sei die Gruppe auf eine „extrem alkoholisierte Stimmung“ getroffen. Überall hätten Wodka-Flaschen, Bier, Grillgut und Müll rumgelegen. Einer der Anwesenden sei so alkoholisiert gewesen, dass er kaum noch habe sitzen können. Weil dieser Mann später eine der anwesenden jungen Frau auf die Wange geküsst habe, sei es zu einer Rangelei mit deren Freund gekommen, in dessen Folge der Betrunkene zu Boden gegangen sei. Eine weitere junge Frau habe ihm dann gegen den Kopf getreten, woraufhin der Angeklagte „ausgeflippt“ sei. „Berührt habe ich die Frau aber nicht“, beteuerte er – sie sei vor ihm in ein Auto geflüchtet, an dem Alexandre K. den Türgriff nach eigener Aussage beschädigt habe.

 

Das mutmaßliche Opfer soll daraufhin auf ihn losgegangen sein. Mehr als eine kräftige Backpfeife sei aber nicht passiert, sagte der Angeklagte: „Ich wollte ihn nicht verletzten und hatte einfach Angst vor ihm. Der Mann wog damals das Doppelte von mir.“ Dass er anschließend angezeigt wurde, habe ihn völlig überrascht. Nach dem Abend habe er mehrfach versucht, Kontakt aufzunehmen – auch um den entstandenen Schaden am Auto zu begleichen. Es habe aber nie eine Reaktion gegeben.

 

Wenig ergiebig waren die Zeugenaussagen der jungen Frauen. Die 19-jährige Gummersbacherin, die angeblich zugetreten haben soll und gegen die die Polizei ebenfalls ermittelte, sagte, dass sie alkoholbedingt nur noch „verblasste Erinnerungen“ an den Abend habe. Sie könne nicht mehr auseinanderhalten, was sie wirklich noch wisse und was ihr im Nachhinein erzählt wurde. Woran sie sich allerdings erinnerte: Den am Boden Liegenden habe sie nie getreten, sondern sei über dessen Kopf drübergestiegen. Ähnlich vage blieben eine 19- und eine 23-jährige Nümbrechterin. An dem Abend sei viel Wodka geflossen. Die 23-Jährige bestätigte den Kuss und dass ihr Freund deshalb ausgerastet sei: „Aber selbst da bin ich mir nicht mehr ganz sicher, ob ich das wirklich gesehen habe. Wir haben wirklich viel getrunken.“  

 

Auch die Zeugenaussage eines 30-jährigen Nümbrechters half nur bedingt weiter. Der Mann berichtete, dass er sich vornehmlich um den am Boden liegenden Betrunkenen nach dem Tritt gekümmert und nicht gesehen habe, wie die vermeintliche Schlägerei entstanden sei. Später habe er aber noch geholfen, zu schlichten: „Allerdings waren alle so aufgebracht, dass Reden nicht viel brachte.“ Richterin Lax hätte sich anschließend mit einer Einstellung des Verfahrens anfreunden können, hier spielte aber die Staatsanwaltschaft letztlich nicht mit. Wann der Prozess neu aufgerollt wird, steht noch nicht fest.

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