BLAULICHT

Gutachter: „Das ist seine Art von Humor“

pn; 10.06.2020, 06:00 Uhr
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Gutachter: „Das ist seine Art von Humor“

pn; 10.06.2020, 06:00 Uhr
Waldbröl – 43-Jähriger wird am Amtsgericht Waldbröl wegen Bedrohung, Tierquälerei und mehrfachem Verstoß gegen das Waffengesetz verurteilt.

Von Peter Notbohm

 

Über zwei Monate musste Roman K. (Anm. d.Red.: Name verändert) auf die Fortsetzung seines Prozesses wegen Bedrohung zweier Frauen, Einbruchs und Verstoßes gegen das Waffengesetz sowie das Tierschutzgesetz (OA berichtete) am Waldbröler Amtsgericht warten. Die Corona-Pandemie hatte für die ungewöhnlich lange Unterbrechung gesorgt, die der 43-jährige Waldbröler aber zumindest nicht in Untersuchungshaft verbringen musste. Richter Carsten Becker hatte dem im Januar inhaftierten Angeklagten die Möglichkeit gegeben, sich in dieser Zeit außerhalb der Gefängnismauern zu bewähren.

 

In Zeiten der Corona-Krise stellte sich dies für den früheren Drogenabhängigen allerdings nicht unbedingt einfach dar. Das Don-Bosco-Haus in Siegburg habe ihm den Zutritt wegen negativer Vorerfahrungen verwehrt, stattdessen habe er die ersten Nächte in einem zur Verfügung gestellten Zelt verbringen müssen, berichtete der 43-Jährige während der Verhandlung – auch einen Betreuer zu bekommen, sei wegen der Corona-Maßnahmen nahezu unmöglich gewesen. Stattdessen sei er erneut in einem „Dealer-Junkie-Haus“ gelandet, wo man ihn gleich zwei Mal um sein Geld für vermeintliche Mietzahlungen betrogen habe. Drogen habe er aber nicht wieder konsumiert. „Der Entzug und der Aufenthalt im Gefängnis waren für mich die Hölle und ich will unbedingt eine Therapie beginnen und wieder arbeiten gehen“, sagte der Angeklagte.

 

Mittlerweile habe er das ehemalige Bordell, das als krimineller Hotspot in Siegburg gelte, aber verlassen können und Unterstützung in einer Privatpension gefunden. In diese darf der Mann auch zurückkehren, denn das Schöffengericht verurteilte ihn zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten.

 

Dabei sahen es die Richter als erwiesen an, dass der ehemalige Tierpfleger am 4. Oktober 2017 zwei Frauen an einer Bushaltestelle bedroht hat. Auf seinem Fahrrad habe er zunächst noch höflich nach dem Weg Richtung Wiehl gefragt, um anschließend den Frauen zu drohen, ihnen die Kehle aufzuschlitzen, falls die Wegbeschreibung nicht stimme – anschließend zeigte er ihnen zudem eine Pistole und fragte nach der Handynummer der beiden. Erst der herannahende Bus löste das skurrile Szenario auf.

 

„Das ist seine Art von Humor und typisch für Menschen mit dieser Biographie“, attestierte ein Gutachter dem vorbestraften 43-Jährigen eine psychiatrische Störung, „andere Menschen schauen Fußball, er wollte Angst und Schrecken in den Augen sehen. Das gab ihm einen Kick.“ Wegen dieser paranoiden Schizophrenie befand sich Roman K., der zu diesem Tatvorwurf vor Gericht keine Angaben machte, bereits seit Jahren in medikamentöser Behandlung.

 

Das Tragen einer Waffe hatte der Mann dagegen nie geleugnet. Bei mehreren Durchsuchungen fanden Polizeibeamte immer wieder Gas- und Schreckschusspistolen bei ihm, in einem Fall auch geringe Mengen von Amphetamin. Die Waffen habe er sich aufgrund seiner heftigen Angstzustände immer wieder gekauft, um im Bedrohungsfall wehrhaft zu wirken: "Ich wollte damit nie wirklich auf jemanden schießen."

 

Grund für seine Paranoia sei der gewaltsame Tod seines früheren Mitbewohners, der erschossen worden war. Als ihm der Erwerb behördlich untersagt wurde, besorgte seine damalige Freundin die Waffen. Mit ihr war er auch beim Filmen von Schießübungen an den Bahngleisen am Boxberg erwischt worden. Ebenfalls keinen Zweifel hatte Richter Becker daran, dass Roman K. mehrfach mit Plastikschrottkugeln auf den Berner Sennenhund einer Nachbarin geschossen hat, den er über mehrere Monate Gassi geführt hatte. Insgesamt 58 Projektile stellte ein Tierarzt im Körper des Hundes fest.

 

Das Verfahren wegen Einbruchs in die Werkstatt seines Stiefvaters wurde dagegen eingestellt. Hier hatte der Angeklagte lediglich zugegeben, einem früheren Nachbarn den Tipp gegeben zu haben, dass dort etwas zu holen sei. Geräte im Wert von 700 € verschwanden damals. Der mittlerweile in Niedersachsen lebende Ex-Nachbar blieb dem Prozess dank eines ärztlichen Attests aber wie schon am ersten Verhandlungstag fern.

 

Staatsanwaltschaft und Verteidiger Peter-René Gülpen hatten in ihren Plädoyers jeweils eine einjährige Bewährungsstrafe beantragt, Richter Carsten Becker hielt das aber nicht für ausreichend und verhängte eine etwas höhere Gesamtstrafe: „Wir haben es hier mit einer Vielzahl an Verstößen zu tun, da durfte man die Strafe noch ein wenig erhöhen.“ Als Auflage muss Roman K. innerhalb der nächsten neun Monate zudem eine Psychotherapie absolvieren. Die zweite Chance will er nutzen: „Ich habe alle alten Kontakte abgebrochen und will auch nicht nach Waldbröl zurückkehren.“

 

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