BLAULICHT

Fataler Fahrfehler: Wuppertaler verurteilt

ks; 02.12.2023, 06:25 Uhr
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Fataler Fahrfehler: Wuppertaler verurteilt

ks; 02.12.2023, 06:25 Uhr
Gummersbach – Ein 43-jähriger Wuppertaler musste sich nach einem Unfall in Kalsbach wegen fahrlässiger Körperverletzung vor Gericht verantworten.

Auf der Gummersbacher Straße in Marienheide-Kalsbach hat sich im vergangenen Jahr ein dramatischer Unfall ereignet. Am 27. März war ein 59-jähriger Marienheider zusammen mit seiner Frau auf seiner neuen Harley Davidson unterwegs. Die beiden waren auf ihrem Heimweg, fuhren gegen 19:20 Uhr in Fahrtrichtung Gummersbach, als ihnen an der Kreuzung in Höhe der Tankstelle die Vorfahrt genommen worden ist und sie in einen silbernen Ford Tourneo krachten. Den Unfall hat das Ehepaar zwar schwerverletzt überlebt – trotzdem wurden die beiden dabei aus ihrem bisherigen Leben gerissen.

 

Gestern musste sich der Fahrer des silbernen Fords vor dem Gummersbacher Amtsgericht verantworten. Angeklagt war Ibrahim A. (Anm. d. Red.: Name geändert) wegen fahrlässiger Körperverletzung anderer Personen. Der 43-jährige Wuppertaler bedauerte das Geschehene, erzählte davon, mit seinem Stiefsohn das schöne Wetter an einer Talsperre genutzt zu haben und dann Eis holen zu wollen.

 

Kommend von der Eickenstraße wollte der Angeklagte geradeaus über die Gummersbacher Straße (B 256) in die Wiesenstraße fahren. Wie Ibrahim A. erzählte, habe er zunächst an der Bundesstraße gehalten und zwei Fahrzeuge, die in Richtung Rodt unterwegs waren, passieren lassen. Dann sei die Kreuzung seiner Meinung nach frei gewesen, sodass er weitergefahren sei. „Plötzlich hat es geknallt. Ich konnte mir das gar nicht erklären. Dann wollte ich helfen, aber ich konnte nicht. Ich war am Zittern, stand unter Schock“, sagte der Wuppertaler.

 

Mehrere Zeugen waren zu der gestrigen Hauptverhandlung geladen, darunter auch das geschädigte Ehepaar. Zunächst sei die Kreuzung frei gewesen, sagte der Motorradfahrer, dann habe er einen „grauen Blitz“ kommen sehen und noch eine Vollbremsung gemacht. „Meine Erinnerung hört auf, als ich mit dem Vorderrad in das Auto einschlage“, sagte der Marienheider. Seine Frau sagte hingegen aus, sich gar nicht an den Tag des Unfalls erinnern zu können. Sie wurde damals mit lebensgefährlichen Verletzungen in eine Spezialklinik geflogen und ins künstliche Koma versetzt. Beide sind durch die Folgen des Unfalls beeinträchtigt – beruflich, aber auch persönlich.

 

Ausgesagt hat im Gummersbacher Amtsgericht gestern auch eine ehemalige Mitarbeiterin der Kalsbacher Tankstelle, die zum Zeitpunkt des Unfalls im Verkaufsraum gearbeitet hat. Die Zeugin berichtete von einem ruhigen Moment, habe hinter der Theke gestanden, auf die Straße geblickt und gesehen, wie der Ford aus der Eickenstraße fuhr. „Er war schnell, hat nicht angehalten“, sagte sie und stellte die Szene anhand einer Luftbildaufnahme der Kreuzung und eines kleinen Fahrzeugs nach.

 

Wie ein Sachverständiger für Straßen- und Verkehrsunfälle ausführte, sei der Marienheider auf seiner Harley Davidson angemessen gefahren, eine überhöhte Geschwindigkeit sei nicht nachweisbar gewesen. Zum Zeitpunkt des Unfalls galt dort auf der Gummersbacher Straße eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h. Aus Perspektive des Angeklagten habe es keine bauliche Sichtbeeinträchtigung gegeben, allerdings sei es möglich, dass die Sicht aufgrund einer dortigen Hecke, die A-Säule des Fords oder ein anderes Fahrzeug auf der B 256 beeinträchtigt gewesen sei. Trotzdem: „Für den Motorradfahrer war der Unfall unvermeidbar, für den Angeklagten nicht“, sagte der Sachverständige. So habe Ibrahim A. sich nicht genügend Zeit genommen, nicht ausreichend nach rechts geschaut.

 

Der Nebenklagevertreter sprach gar von einem rücksichtslosen Fahrverhalten des Wuppertalers. „Ich hätte mir gewünscht, dass sie sich geäußert, sich bei den beiden entschuldigt hätten“, sagte er und ergänzte, dass es seinen Mandanten nicht um das Strafmaß gehe. Spuren hinterlassen habe der Unfall auch beim Angeklagten – wenn auch nicht körperlich. Ibrahim A. sprach von einer Traumatisierung, davon, selbst kein Auto mehr zu fahren, in Behandlung zu sein. „Es wäre hilfreich, wenn sie sich mit den beiden in Verbindung setzen“, so der Nebenklagevertreter.

 

Vorbestraft ist der Wuppertaler nicht, ebenso liegen keine Einträge im Verkehrszentralregister vor. So forderte die Staatsanwaltschaft, den 43-Jährigen wegen fahrlässiger Körperverletzung schuldig zu sprechen und zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 60 Euro sowie zur Übernahme der Kosten der Nebenklage zu verurteilen. Richter Ulrich Neef folgte der Staatsanwaltschaft, ergänzte die Kostenübernahme des Verfahrens.

 

Dass der Wuppertaler das Motorrad womöglich wegen der A-Säule seines Fahrzeugs nicht gesehen hatte, hielt der Richter „vielleicht noch am wahrscheinlichsten“ – doch handele es sich dabei um eine Sichtbeeinträchtigung, um die man als Fahrer wisse. „Sie haben sich entschieden, trotzdem zu fahren“, sagte Neef, der die alleinige Schuld am Unfall beim Angeklagten sah. „Man kann das Geschehene nicht rückgängig machen“, sagte der Nebenklagevertreter abschließend. Der Unfall zeige, wie gefährlich die Teilnahme am Straßenverkehr sei. „Das hätte auch anders ausgehen können.“

 

Zusammen mit seinem Verteidiger hat sich Ibrahim A. für einen Rechtsmittelverzicht entschieden, das Urteil ist damit rechtskräftig.

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