BLAULICHT

Fünf Jahre Haft nach Familientragödie

pn; 06.06.2019, 18:40 Uhr
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Fünf Jahre Haft nach Familientragödie

pn; 06.06.2019, 18:40 Uhr
Gummersbach – Das Kölner Landgericht verurteilte einen 57-jährigen Gummersbacher wegen Totschlags, nachdem dieser seine alkoholabhängige Frau erwürgt und erstochen hatte.

Von Peter Notbohm

 

Es war kein alltäglicher Fall, den das Kölner Landgericht zu beurteilen hatte. Das machten die Plädoyers beider Anwälte, aber auch die Richter in ihrem Urteil sehr deutlich. Zu fünf Jahren wegen Totschlags bei verminderter Schuldfähigkeit wurde ein 57-jähriger Gummersbacher von der 3. Großen Strafkammer verurteilt. Der frühere Zeitsoldat hatte im Dezember des vergangenen Jahres nach einem Ehestreit seine alkoholsüchtige Frau zunächst erwürgt und anschließend mit einem großen Küchenmesser in den Hals gestochen. Während die Staatsanwaltschaft fünf Jahre und sechs Monate gefordert hatte, plädierte Verteidiger Stephan Kuhl auf ein mildes Urteil.

 

„Als ich mich das erste Mal intensiv mit den Akten beschäftigt habe, kam mir die Frage auf, ob sie dieses Verfahren überhaupt verkraften und durchstehen können. Und das ist absolut nicht meine übliche Sorge bei einem angeklagten Mord“, leitete die Vorsitzende Richterin Ulrike Grave-Herkenrath ihre Urteilsbegründung ein. Der Verurteilte hörte ihrer knapp einstündigen Ausführung mit wachen, stets nach oben gerichteten Augen zu. Denn was über viele Jahre eine Bilderbuchehe mit drei Töchtern gewesen war, entwickelte sich spätestens 2009 schleichend zu einer tragischen Familiengeschichte. Der Verurteilte erholte sich damals immer noch von den Folgen eines schweren Schlaganfalls, während seine Frau nach dem Tod des Schwiegervaters allmählich in die Alkoholsucht abdriftete. „Es war eine Rutsche, die steil ins soziale Abseits führte“, meinte die Richterin.

 

Zwar kämpfte sich der Gummersbacher zurück und überstand auch eine Herzattacke 2015, die Kontrolle über sein Leben verlor er dennoch allmählich und fraß den gesamten Ehefrust in sich hinein. Während seine Frau täglich bis zu zwei Flaschen hochprozentigen Alkohols konsumierte, nabelten sich die drei mittlerweile erwachsenen Töchter zunehmend völlig von den Eltern ab. Trotz ihrer Abhängigkeit führte die Getötete die Geldgeschäfte des Ehepaars komplett eigenständig. Der Verurteilte habe nicht einmal über eine eigene EC-Karte verfügt.

 

Entsprechend schnell wuchsen die Schulden bis Ende 2018 auf 40.000 Euro, so dass das langjährige Familienhaus zwangsversteigert wurde. Auch hiervon wurde der Familienvater völlig überrumpelt und erfuhr es mehr durch Zufall. Hilfe von Außen habe die verwahrloste Ehefrau stets abgeblockt, zudem ihre Sucht immer verleugnet. „Obwohl sie selbst am Limit waren, wollten sie ihre Frau nicht im Stich lassen“, so Grave-Herkenrath weiter.

 

Der Tropfen, der das Fass letztlich doch zum Überlaufen gebracht habe, war ein Streit am Morgen des 8. Dezember. Das Ehepaar war zu einer Familienfeier am Abend eingeladen worden. Während der 57-Jährige große Hoffnungen auf eine Versöhnung hatte, war seiner Frau die Festlichkeit egal.  Sie trank erneut viel Alkohol und beleidigte ihren Mann. Dieser sei wie ein Vulkan explodiert, führte die Richterin aus und habe sich daraufhin über sie gebeugt und ihr mindestens 20 Sekunden die Kehle zugedrückt. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Opfer einen Blutalkoholwert weit über drei Promille. „Andere Menschen liegen da bereits halbtot in der Ecke, bei ihr muss es der Regelfall gewesen sein“, erklärte die Richterin.

 

Zwar sei er zu diesem Zeitpunkt nicht im Besitz seiner völligen geistigen Kräfte gewesen, wie auch beide Gutachter während des Prozesses ausgesagt hatten. Dass er anschließend aber auch noch das Messer aus der Küche geholt und auf sie eingestochen habe, wurde trotz seines ausführlichen und von Reue getragenen Geständnisses dennoch strafschärfend gegen ihn ausgelegt. Die Frau sei zu diesem Zeitpunkt höchstwahrscheinlich bereits tot gewesen, „aber in diesem Moment wollten sie auch einfach ihr Ende“, begründete die Vorsitzende die fünfjährige Haftstrafe.

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