BLAULICHT

Eskalation im Straßenverkehr: Vom Drängeln bis zur Freiheitsstrafe

ks; 12.03.2024, 17:10 Uhr
Foto: Archiv.
BLAULICHT

Eskalation im Straßenverkehr: Vom Drängeln bis zur Freiheitsstrafe

ks; 12.03.2024, 17:10 Uhr
Waldbröl – Wegen gefährlicher Körperverletzung musste sich heute ein 31-Jähriger vor dem Amtsgericht verantworten.

Die Aggressivität im Straßenverkehr nimmt zu. Das hat im vergangenen Jahr eine große Befragungsstudie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) gezeigt. Zu schnell fahren, zu dicht auffahren und beim Drängeln die Lichthupe nutzen – für viele Verkehrsteilnehmer scheint das ein alltägliches Verhalten zu sein. Für Jewgeni S. (Anm.d.Red.: Namen geändert) führte eine Auseinandersetzung im Straßenverkehr nun ins Waldbröler Amtsgericht, wo der 31-Jährige heute auf der Anklagebank Platz nehmen musste.

 

Ihm gegenüber saß Yassim A.: Zeuge, Geschädigter, Nebenkläger. Fast zwei Jahre liegt das Aufeinandertreffen der beiden mittlerweile zurück. Der Vorfall ereignete sich laut Staatsanwaltschaft am 5. April 2022 auf der Waldbröler Kaiserstraße. Yassim A. fuhr gegen 13:40 Uhr in Richtung Boxberg. „Ich war auf dem Weg zur Arbeit“, übersetzte ein Dolmetscher die Zeugenaussage. Er sei – entsprechend der dort erlaubten Höchstgeschwindigkeit – mit 50 Stundenkilometern unterwegs gewesen. „Dann habe ich gesehen, dass hinter mir ein Wagen näherkam – mit Lichthupe. Aber ich konnte nicht schneller fahren.“

 

Der 41-Jährige habe sich dazu entschieden, an einer Bushaltestelle rechts ranzufahren, den Mann in dem VW an sich vorbeifahren zu lassen und dann selbst weiterzufahren. „Aber dann hat er immer wieder Vollbremsungen gemacht“, schilderte Yassim A. Kurz vorm Boxberg habe Jewgeni S. den VW gestoppt, einer seiner Mitfahrer sei ausgestiegen, zum Fahrzeug des Geschädigten gegangen, Yassim A. habe das Fenster geöffnet, um mit dem Unbekannten zu sprechen. Doch der habe sofort zugeschlagen und ihn als „Arschloch“ beschimpft, sei dann zurück zu dem VW gegangen.

 

Yassim A. zückte daraufhin sein Handy, um Aufnahmen von dem Mann und dem Wagen zu machen. „Daraufhin kam er zurück, zusammen mit dem Fahrer“, sagte der 41-Jährige aus. Laut Staatsanwaltschaft sollen die Männer die Fahrzeugtür des Geschädigten aufgerissen und ihn geschlagen und getreten haben. An das Handy des Mannes seien sie aber nicht gelangt. Yassim A. wurde nach dem Vorfall ärztlich versorgt, soll unter anderem Prellungen am Schädel, Gesicht und Rumpf erlitten haben.

 

Jewgeni S. äußerte sich im Gerichtssaal zu den Vorwürfen, gab zu, hinterm Steuer gesessen zu haben und ausgestiegen zu sein. Außerdem beschrieb er die Situation an einer roten Ampel. Er habe gehupt, weil der Fahrer vor ihm nicht sofort losgefahren sei, als die Ampel ein grünes Licht zeigte. Yassim A. habe daraufhin gewunken und der Angeklagte sich provoziert gefühlt. Geschlagen und getreten habe er den 41-Jährigen aber nicht, sagte Jewgeni S. Allerdings gab er zu, ihn mit seinem Handy auf den Boden gerissen zu haben.

 

Der Angeklagte war laut Staatsanwaltschaft zusammen mit zwei weiteren Personen in dem Fahrzeug unterwegs. Angaben machte dieser allerdings nicht zu den Beteiligten. Jewgeni S. ist bereits zweimal im Vorstrafenregister vermerkt – wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis sowie dem unerlaubten Handeln mit Betäubungsmitteln. Wegen letzterem Vergehen wurde der Morsbacher bereits zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt, welche bis zum 11. Juni 2022 lief. Der Vorfall auf der Waldbröler Kaiserstraße ereignete sich damit noch innerhalb der Bewährungszeit.

 

Richter Haase sah keine positive Sozialprognose, folgte in seinem Urteil zum Großteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Verurteilt wurde Jewgeni S. wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Zudem wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen, eine neue Fahrerlaubnis darf erst nach 36 Monaten ausgestellt werden. „Der Führerschein ist für drei Jahre weg, weil Sie sich im Straßenverkehr nicht benehmen können“, führte der Richter aus – auch wenn der Angeklagte womöglich provoziert worden sei. „Die Aggressivität kam aus Ihrer Gruppe.“

 

Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht.

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