BLAULICHT

Ende einer toxischen Beziehung landet vor Gericht

pn; 09.12.2022, 17:30 Uhr
Foto: Peter Notbohm.
BLAULICHT

Ende einer toxischen Beziehung landet vor Gericht

pn; 09.12.2022, 17:30 Uhr
Gummersbach – Am Gummersbacher Amtsgericht muss sich ein 21-jähriger Reichshofer wegen Körperverletzung und Raubes verantworten – Staatsanwaltschaft will weitere Zeugen hören.

Von Peter Notbohm

 

Es hätte so einfach sein können. Um das unschöne Ende einer toxischen Beziehung zwischen Johann K. und Nina B. (Anm.d.Red.: Alle Namen geändert) auch juristisch abzuschließen, hätte sich das Schöffengericht um den Vorsitzenden Ulrich Neef sehr gut mit dem Vorschlag von Rechtsanwalt Udo Klemt anfreunden können. Der Verteidiger des 21-jährigen Reichshofers hatte neben einer Entschuldigung an die 22-jährige Bergneustädterin eine saftige Geldstrafe von 500 Euro für den Auszubildenden ins Spiel gebracht. Wer bei diesem Deal aber nicht mitspielen wollte, war die Staatsanwältin. Sie bestand darauf, weitere Zeugen zu hören, auch weil der Angeklagte erst Anfang Februar zu einer Bewährungsstrafe wegen Vergewaltigung verurteilt worden war. So musste der Prozess vertagt werden.

 

Angeklagt ist Johann K. wegen Körperverletzung und Raubes. Hinter den beiden Vorwürfen versteckt sich ein Streit am 26. Februar dieses Jahres. Eigentlich hatte Nina B. mit ihrer Jugendliebe bereits vor über einem Jahr Schluss gemacht, durch einen Schicksalsschlag in der Familie hatte man aber wieder begonnen, sich zu treffen und miteinander zu reden. Doch schnell musste die junge Frau feststellen, dass sich ihr Ex-Freund nicht geändert hatte. „Ich habe ihm an diesem Abend gesagt, dass ich keinen Kontakt mehr möchte, weil es mir psychisch nicht gutgeht mit ihm“, sagte sie vor Gericht.

 

Anschließend spielte der Zufall eine große Rolle. Der Reichshofer wollte gerade gehen, als auf dem iPhone von Nina B., das auf einem Tisch lag, eine Nachricht aufleuchtete. Dass diese von seiner ehemaligen Affäre Marina S. stammte, habe ihn mehr als neugierig gemacht, sagte er und nahm das Gerät an sich. Im folgenden Handgemenge soll die Bergneustädterin auf ihren Wäschekorb gestützt sein und sich hierbei eine Schürfwunde und leichte Hämatome an den Armen zugezogen haben. Sie habe noch versucht ihren Ex-Freund am Bein festzuhalten, mehr als seinen Schuh habe sie aber nicht mehr zu fassen bekommen, sodass Johann K. mit nur einem Schuh und dem Handy die Wohnung verließ.

 

Das iPhone fand am nächsten Morgen über seine Mutter den Weg zurück in den Briefkasten der Großmutter von Nina B. Allerdings waren laut der 22-Jährigen alle Fotos, Kontakte und auch ihr Instagram-Account gelöscht worden. Gegenüber ihrer Freundin Marina S. habe der Reichshofer zudem versucht, sich als sie auszugeben, um ein eigentlich geplantes Treffen abzusagen. „Es war ja nicht das erste Mal, dass er so reagiert hat. Er hat mich immer wieder manipuliert, mein Handy und meine Daten während unserer Beziehung dabei als Druckmittel verwendet.“ Eigentlich sei Johann K. kein schlechter Mensch, sagte sie, „aber er hat eine Ader an sich, die es mir unmöglich machte, weiter Kontakt zu haben. Auch wenn ich immer daran geglaubt habe, ihn ändern zu können“.

 

Richter Neef suchte im Anschluss an beide Aussagen das Gespräch mit Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Er tue sich schwer, hier einen Raub zu sehen, weil schon die Zueignungsabsicht in diesem Fall äußerst strittig sei. Das Löschen der Daten bezeichnete er zwar als „unfein“, das Gericht wolle diese „teilweise toxische Beziehung mit labilen Beteiligten“ aber auch nicht größer machen als sie sei. Entsprechend gut anfreunden könne er sich mit dem Vorschlag der Verteidigung, meinte er.

 

Weil Johann K. allerdings erst zweieinhalb Wochen vor dem Streit wegen Vergewaltigung einer völlig betrunkenen Mitschülerin auf einer Schulabschlussparty im Jahr 2018 und wegen gefährlicher Körperverletzung im Jahr 2021 zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden war, ließ die Staatsanwältin nicht locker.

 

„Wenn man gerade erst wegen einer Gewalttat gegenüber einer Frau eine Bewährungsstrafe erhalten hat, muss man sich mehr zurückhalten“, sagte sie und bestand darauf, die Mutter von Johann K. sowie die Großmutter von Nina B. vorzuladen. Wann der Prozess fortgesetzt wird, ist noch unklar. Bis dahin will Johann K. zumindest sein Alkoholproblem unter Kontrolle bekommen. Über Weihnachten plant er eine Entgiftung mit anschließender Therapie.

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