BLAULICHT

"Dummheit schützt vor Strafe nicht"

ls; 03.10.2023, 06:00 Uhr
BLAULICHT

"Dummheit schützt vor Strafe nicht"

ls; 03.10.2023, 06:00 Uhr
Waldbröl - Waffennarr wurde am Amtsgericht Waldbröl zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Von Leif Schmittgen

 

Es waren Zufallsfunde, die die Polizei am 29. September des vergangenen Jahres in der Wohnung von Marcel T. (Anm. d. Red.: Name geändert) machte. Denn eigentlich wurde das Haus in Reichshof wegen des Verdachts auf Warenbetrug durchsucht, was die Beamten dann aber vorfanden, war alles andere als die eigentlich vermutete Ware. Etliche Gewehre, eine Hakenkreuzflagge und  - das war der schwerwiegendste Vorwurf, für den sich der 35-Jährige vor dem Waldbröler Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Carsten Becker verantworten musste - Handgranaten und Mörser, die sich als funktionstüchtig entpuppten.

 

Diese explosiven Gegenstände fallen unter das Kriegswaffenkontrollgesetz, vom Gesetzgeber wird der Besitz als Verbrechen eingestuft, was wiederum eine Mindeststrafe von einem Jahr Gefängnis vorschreibt. Nach dem Röntgen der Zufallsfunde durch das zwischenzeitlich herbeigerufene LKA wurde die Granate sogleich in der Nähe durch Spezialisten gesprengt.

 

Außerdem im Fundus des Waffensammlers: Hunderte Schuss Munition und weitere Handfeuerwaffen, die er auf Militaria-Märkten erworben hatte beziehungsweise bei Abrissarbeiten an einer Scheune gefunden haben will. „Der Verkäufer hat mir versichert, dass die Granate mit Gips gefüllt ist“, verteidigte sich der Angeklagte. Dass es sich um eine funktionsunfähige Waffe handele, sei außerdem durch die Lackversiegelung zu erkennen gewesen. Strittig ebenfalls war die Legalität eines sogenannten Salutgewehrs, das die Polizei als funktionstüchtig einstufte. Marcel T. beteuerte vehement, dass der Lauf verschweißt sei.

 

Er sammle seit der Kindheit Waffen und erklärte, keine rechte Gesinnung zu haben, sich aber für die Zeit der Weltkriege interessiere. Während der Verteidiger wegen eines aus einer Sicht minderschweren Falls auf eine Geldstrafe plädierte, forderte die Staatsanwältin auch wegen der Masse an gefundenen Waffen eine Freiheitsstrafe von Jahr und zwei Monaten, die wegen des vollumfänglichen Geständnisses des Angeklagten zur Bewährung auszusetzen sei. Hinzu komme, dass der Maler und Lackierer über eine günstige Sozialprognose verfüge. Er geht einem geregelten Job nach und pflegt seinen Vater im eigenen Haus.

 

Becker schloss sich dem Antrag der Staatsanwältin an. „Wir glauben Ihnen, dass Sie nicht wussten, was sich in der Granate befindet, letztlich war es ihnen aber auch egal“, so der Richter in der Urteilsbegründung. „Dummheit schützt vor Strafe nicht." Hätte er die Waffen im Fachhandel anstatt auf einem Markt erworben, wäre die Zusicherung des Händlers, es handele sich um eine Attrappe, laut Becker sicherlich anders zu werten gewesen. So sei das Handeln aber fahrlässig. Der Verurteilte muss außerdem 3.000 Euro an die Gedenkstätte „Landjuden an der Sieg“ in Windeck zahlen. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Das Verfahren wegen Warenbetrugs wurde im Übrigen schon vor Monaten eingestellt.

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