BLAULICHT

„…dann schlitze ich dich mit dem Messer auf!“

lw; 11.01.2023, 16:55 Uhr
BLAULICHT

„…dann schlitze ich dich mit dem Messer auf!“

lw; 11.01.2023, 16:55 Uhr
Wipperfürth – 23-Jähriger musste sich am Amtsgericht verantworten – Er soll Polizisten angegriffen und bedroht haben - 2,42 Promille im Blut – Die Beamten verletzten den Angeklagten.

Von Lars Weber

 

Richter Stefan Krieger fasste es am Ende der rund zweistündigen Verhandlung am Amtsgericht Wipperfürth zusammen. „Im nüchternen Zustand sind sie doch sehr vernünftig“, sagte er zu dem 23-jährigen Angeklagten, den der Richter soeben zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt hatte, weil Diyar J. (Anm.d.Red.: Name geändert) vergangenes Jahr mehrere Polizisten angegriffen, bedroht und beleidigt hat. Zumindest sah dies das Gericht als erwiesen an. Vom nüchternen Zustand war Diyar J. an diesem Abend im März weit entfernt. Seitdem hat der Hückeswagener aber an sich gearbeitet, sodass Richter Krieger ein gutes Gefühl dabei hatte, den Angeklagten nicht auf seinem guten Weg behindern zu müssen.

 

Ein Unbekannter ist der 23-Jährige nicht. Weder für das Gericht noch für die Polizei. Neben einigen Jugendsünden wurde der Mann bislang vor allem aufgrund des Besitzes von Drogen und einer Körperverletzung zu Geldstrafen verurteilt. Die Polizisten kennen ihn auch, weil sie häufiger von seiner Ex-Freundin dazu gerufen wurden, wenn es zwischen den beiden mal wieder gekracht hat. So war es auch an jenem 18. März 2022 in Hückeswagen gewesen. Auslöser des Anrufs an die Polizei sollen umherfliegende Flaschen gewesen sein. Die Polizei verwarnte Diyar J. beim ersten Besuch. Die Beamten waren aber nicht einmal wieder in der Wache angekommen, als sie direkt wieder losmussten. Dann wurde es etwas wilder.

 

Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten vor, dass er im Streifenwagen trotz Handschellen, einer ihm angelegten Spuckhaube und Fixierung versucht haben soll, einem Polizisten einen Kopfstoß zu verpassen. Daraufhin bekam er einen Schlag des Polizisten ins Gesicht. Auch danach habe er aber noch versucht, den Beamten mit den Knien zu treten. Auf der Wache soll es dann zu einer weiteren kniffligen Situation für die Beteiligten gekommen sein, als der 23-Jährige der Anordnung nicht nachkam, seine Kleidung auszuziehen vor dem Zellenaufenthalt. Mit den Fäusten über seinem Kopf soll er auf die Polizisten zugekommen sein. Einer der Beamten hat ihn daraufhin zu Boden bringen wollen, dabei kam Diyar J. mit dem Kopf auf den Fliesen auf.

 

Während des gesamten Kontaktes mit der Polizei soll der Angeklagte die Beamten beleidigt und bedroht haben. „Wenn ich dich draußen sehe, dann schlitze ich dich mit dem Messer auf“, soll er zu einem gesagt haben. Der Einsatz endete mit einer Untersuchung des Angeklagten im Krankenhaus, weil sich ein Arzt die Verletzungen nach dem Sturz angucken musste. An dem Abend hatte der Hückeswagener 2,42 Promille im Blut.

 

Diyar J. verteidigte sich selbst vor Gericht. Vor allem ging er dabei darauf ein, dass die Polizisten ihn aus seiner Sicht unnötig hart angegangen hätten und er mehrere Verletzungen davongetragen habe. Dazu gehörte ein Hämatom am Auge und eine Schulterverletzung. Er habe zwar die Kontrolle verloren, angegriffen habe er die Polizisten aber nicht, sagte er.

 

Insgesamt sechs Polizisten waren an dem Abend am Einsatzort. Vier von ihnen sagten heute aus und berichteten von der verbalen Aggressivität von Diyar J. Körperlich sei die Aggressivität erst im Streifenwagen geworden, nachdem dem 23-Jährigen nach vermeintlichen Anspuckversuchen eine Spuckhaube angelegt wurde. Immer wieder habe sich der Angeklagte versucht aus der Fixierung zu befreien, was ihm auch gelungen sei. Zur Abwehr eines Kopfstoßes kam es zur Schlagbewegung mit der flachen Hand eines Beamten.

 

Nach den Aussagen entschuldigte sich der Angeklagte für sein Verhalten bei den Polizisten. „Das war respektlos.“ Auch sonst hinterließ er bei Richter und Staatsanwaltschaft einen guten Eindruck. Die Beziehung mit der Frau ist schon länger beendet. Dem Alkohol und auch den Drogen will er abgeschworen haben. Auch eine Therapie hat er hinter sich. Dafür hat er inzwischen eine neue Wohnung, seit einigen Monaten einen Job und bald wird er eine Ausbildung anfangen.

 

Dem eingeschlagenen Weg wollte die Staatsanwaltschaft nicht zu sehr im Wege stehen. Durch den hohen Alkoholpegel sei er auch vermindert straffähig gewesen, sodass sie vier Monate auf Bewährung forderte. Dem schloss sich Richter Krieger an, verzichtete aber auf die ebenfalls geforderte Auflage einer Drogenberatung, da der 23-Jährige da selbst schon aktiv geworden war. Zudem könnte ihm ein Bewährungshelfer weiterhelfen, falls er Probleme haben sollte, dem Alkohol fernzubleiben. Der Bewährungszeitraum wird drei Jahre betragen.

 

Ob die Polizei „über ein unnötiges Maß hinaus“ agiert hat, wurde nicht geklärt. Klar sei, dass das Verhältnis des Angeklagten zur Polizei und auch andersherum nicht das Beste war in den vergangenen Jahren. „Das war eine ungünstige Konstellation“, so Krieger.       

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