BLAULICHT

(Sehr) lange Anklageliste lässt Richter keine Wahl

lw; 20.01.2022, 17:01 Uhr
BLAULICHT

(Sehr) lange Anklageliste lässt Richter keine Wahl

lw; 20.01.2022, 17:01 Uhr
Waldbröl – 33-Jähriger unter anderem wegen Beleidigung, Körperverletzung und Widerstand gegen Polizeibeamte zu mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt.

Von Lars Weber

 

Eines stand nach der Verhandlung heute am Waldbröler Amtsgericht gegen den Angeklagten Anton E. (Anm.d.Red.: Name geändert) fest: Der 33-Jährige nimmt, was Beleidigungen angeht, wahrlich kein Blatt vor den Mund. Zwar gab der Waldbröler sich bei der Verhandlung vor Richter René Dabers wortzahm. Dabei hatten ihn seine Aggressionsprobleme nicht nur heute auf die Anklagebank gebracht, sondern auch bereits erstmals in den geschlossenen Vollzug. Daher musste er in Handschellen von den Justizvollzugsbeamten in den Saal gebracht werden – eine Folge von Verstößen gegen Bewährungsauflagen. Nun hat der heutige Prozess seine Situation nicht verbessert.

 

Rund 30 Handlungen in etwas weniger Fällen wurden dem Angeklagten zur Last gelegt, die alle zwischen Mai und September 2020 geschehen sein sollen. Bei mehr als der Hälfte der Vergehen handelte es sich um derbe und obszöne Beleidigungen, die vor allem gegen drei Männer und die Zeugin Daniela K. gerichtet gewesen waren. Die Männer betreiben zum einen an einer Waldbröler Adresse Geschäftsräume, wo die Zeugin auch arbeitet, sie besitzen aber auch das Gebäude. Und dort wohnte zu dieser Zeit die Ehefrau des Angeklagten, mit der er aber eine schwierige Phase hatte.

 

Immer wieder gerieten die Personen aneinander, häufig soll der Angeklagte grundlos mit den Beleidigungen angefangen haben. Doch dabei blieb es längst nicht immer. An einem Tag zeigte Anton E. den Hitlergruß, an einem anderen trug er eine Schusswaffe bei sich, dann wiederum stieß er Todesdrohungen gegen die Männer aus. Da es den Hauseigentümern irgendwann reichte, sprachen sie ein Hausverbot aus, auch das Amtsgericht untersagte dem 33-Jährigen, sich dem Gebäude zu nähern. Einer Weisung, die er mehrfach ignorierte. Folgerichtig kam Anton E. auch einige Male mit Polizeibeamten in Konflikt. Dabei widersetzte er sich deren Aufforderungen, versuchte zu flüchten und trat und spuckte auch nach Beamten.

 

Zu der langen Liste dazu gesellten sich zudem noch unter anderem Sachbeschädigung, das Fahren ohne Führerschein und Körperverletzungen. Einmal soll er einen Mann getreten, ein anderes Mal eine andere Person die Treppe heruntergeschubst haben. Viele Zeugen waren für diesen Tag geladen gewesen. Der Angeklagte kürzte die Sache aber etwas ab – und räumte den Großteil der Anklageschrift unumwunden ein.

 

Genauer in die Beweisaufnahme stieg das Gericht deshalb nur in eine gewaltsame Auseinandersetzung zwischen Anton E. mit dem Ex-Mann von Daniela K. ein. „Der hat von heute auf morgen damit angefangen, mich zu beschimpfen. Dabei kannten wir uns gar nicht und ich hab ihm nie was getan“, sagte sie im Zeugenstand. Am 11. August 2020, als ihr Ex-Mann sie auf der Arbeit besuchte, hätte es dem dann gereicht, nachdem Anton E. aufgetaucht war und „unangenehme Bewegungen“ in ihre Richtung gemacht hätte. Nach kurzem Wortgefecht habe ihr Ex-Mann den 33-Jährigen geschlagen, der sich nicht bitten ließ. Während des Kampfes schnappte sich Anton E. an einer Stelle einen Regenschirm aus einem Verkaufsständer eines nahegelegenen Drogeriemarkts und prügelte auf den Ex-Mann ein. Involviert war zudem ein dritter Mann, zu dem aber keine weiteren Informationen vorlagen. Während die Männer kämpften, bekamen sich zudem Daniela K. und die Frau von Anton E. in die Wolle. Für den Angeklagten endete der Vorfall bei der Polizei.

 

Aufgrund der Menge an strafbaren Handlungen stellte das Gericht nach Absprache mit der Staatsanwaltschaft einige Verfahren ein. Am Ende blieben aber 20 Taten, für die Anton E. auch schuldig gesprochen wurde. Darunter 14 Fälle von Beleidigung, teils in Tateinheit, mit unter anderem (versuchter) Körperverletzung, Widerstand gegen Polizeibeamte oder auch Verstöße gegen Waffenschutzgesetz und Gewaltschutzgesetz. Ein Jahr und zwei Monate soll der 33-Jährige dafür ins Gefängnis. Richter Dabers folgte dabei dem Antrag der Staatsanwaltschaft.

 

Vor allem die lange Vorstrafenliste habe ein milderes Urteil unmöglich gemacht, sagte Richter Dabers. Dazu kommt, dass der Angeklagte oft anlasslos beleidigt habe und ausgetickt sei. Dass sein mäßiger Drogenkonsum zu jener Zeit etwas damit zu tun hatte, glaube er nicht. „Sie waren durch die Drogen nicht willenlos.“ Stattdessen sieht der Richter ein Aggressionsproblem, das Anton E. in den Griff bekommen müsse. Anton E. sagte, dass er die Taten bereue. „Die JVA ist eine Lehre für mich.“

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