BLAULICHT

„Wegen so einem Scheiß geht man doch nicht ins Gefängnis“

pn; 19.03.2025, 17:00 Uhr
Symbolfoto: Peter Notbohm.
BLAULICHT

„Wegen so einem Scheiß geht man doch nicht ins Gefängnis“

pn; 19.03.2025, 17:00 Uhr
Waldbröl – 24-Jähriger wird wegen Fahrens ohne Führerschein zu einer Geldstrafe verurteilt – Der Waldbröler war in Morsbach vor der Polizei geflüchtet.

Von Peter Notbohm

 

Seinen Führerschein verlor Naim E. (Anm.d.Red.: Name geändert) nach dem Konsum von Amphetaminen bereits vor einigen Jahren. Den Drogen hat er längst abgeschworen, nun musste sich der Waldbröler (24) aber trotzdem erneut vor dem Amtsgericht Waldbröl verantworten, nachdem er wieder einmal am Steuer erwischt worden war. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft: Fahren ohne Führerschein in zwei Fällen, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sowie Körperverletzung.

 

Doch der junge Mann hatte Glück und kam mit einem blauen Auge davon. Einzelrichterin Christina Knauer verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 900 Euro. Auf eine weitere Führerscheinsperre verzichtete sie, auch um dem Waldbröler, der sich geläutert zeigte, nicht die Zukunft zu verbauen. Seinen Führerschein wird er ohnehin nicht so schnell wiedersehen: Die dafür notwendige MPU kann er sich derzeit nicht leisten.

 

Am 20. Juni 2023 soll Naim E. auf der Rölefelder Straße um 0:40 Uhr einen Verkehrsunfall verursacht haben. Dieses Verfahren wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft allerdings eingestellt, nachdem der Vater des Angeklagten von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hatte und auch Naim E. zu den Vorwürfen schwieg. Der Opel der Familie war damals leer aufgefunden worden.

 

Ebenfalls eingestellt wurden die Vorwürfe wegen Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Am 21. Juli 2024 war eine Polizeistreife um 2:30 Uhr auf denselben Wagen auf der Eisenstraße in Morsbach aufmerksam geworden und wollte eine allgemeine Verkehrskontrolle durchführen. Die kurze Flucht von Naim E. über die Straßen „Zum Steimel“ und „Im Schönblick“ endete allerdings abrupt im Blütenweg, der in einen unbefahrbaren Feldweg führte.

 

Der Waldbröler versuchte es nun zu Fuß, konnte dabei von einem der Polizeibeamten am Handgelenk festgehalten werden, sich aber losreißen und flüchten. Der Polizist erlitt dabei zwei Schnittwunden an seinen Fingern – vermutlich durch eine Uhr oder eine Kette. Den Vorfall räumte Naim E. komplett ein und entschuldigte sich zudem bei dem Beamten, sein Verteidiger Sebastian Tillmann verwies allerdings auf ein BGH-Urteil von 2015, wonach es sich in einem solchen Fall maximal um fahrlässige Körperverletzung und keinen Fall des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte handle.

 

So blieb nur der Vorwurf des Fahrens ohne Führerschein übrig. Richterin Knauer wusch dem Angeklagten schon vor den Plädoyers und ihrem Urteil den Kopf: „Ich habe dieses Jahr bereits eine Frau deshalb ins Gefängnis geschickt. Sie sind noch so jung! Wollen Sie wirklich anderen Häftlingen erzählen müssen, dass Sie deshalb sitzen? Wegen so einem Scheiß geht man doch nicht ins Gefängnis. Das wäre doch eine Lappenaktion.“ Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

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