BLAULICHT

„Jugendliche Idee“: Zigarettenautomat mit Polenböllern gesprengt

lw; 18.08.2025, 15:26 Uhr
WERBUNG
Symbolfoto: OA.
BLAULICHT

„Jugendliche Idee“: Zigarettenautomat mit Polenböllern gesprengt

lw; 18.08.2025, 15:26 Uhr
Waldbröl – 32-jähriger Angeklagter wegen des Vorwurfs der Herbeiführung einer Explosion vor Gericht – Da gerade erst noch ein anderes Urteil gegen ihn gefällt wurde, muss er ins Gefängnis.

Von Lars Weber

 

Kevin C. (Anm.d.Red.: Name geändert) kennt sich in diesen Wochen aus an den hiesigen Gerichten. Erst Ende Juni saß er noch auf der Anklagebank am Landgericht Köln, das ihn unter anderem wegen bandenmäßigen Handels, Anbaus und Besitzes von Cannabis zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt hatte. Mit ihm angeklagt waren sein Vater und dessen Lebensgefährtin gewesen (OA berichtete). Am Montag musste der 32-Jährige nun alein mit seinem Verteidiger vor dem Schöffengericht um den Vorsitzenden Richter Andreas Dubberke in Waldbröl Platz nehmen – ihm wurde die Sprengung eines Zigarettenautomaten, Sachbeschädigung und besonders schwerer Diebstahl vorgeworfen. Das kurz zuvor gefällte Urteil in Köln sorgte dafür, dass der Bergneustädter nun den Weg ins Gefängnis antreten muss.

 

Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten vor, am 26. Februar des vergangenen Jahres um 21:43 Uhr mehrere Polenböller in den Ausgabeschacht eines Zigarettenautomaten an der Eckenhagener Straße in der Gemeinde Reichshof gesteckt und angezündet zu haben. Die folgende Explosion habe das Gerät zerstört. Der 32-Jährige soll daraufhin zehn bis 15 Packungen Zigaretten und eine Batterie, die er fälschlicherweise für eine Geldkassette gehalten haben soll, mitgenommen haben. Er flüchtete. Tags drauf kam er allerdings an den Tatort zurück, um zu schauen, ob er noch weitere Zigarettenschachteln übersehen hatte – dabei wurde er festgenommen.

 

Gerne hätte die Verteidigung den Sachverhalt einstellen lassen vor dem Hintergrund des Urteils aus Köln, um es seinem Mandanten zu ermöglichen, auf freiem Fuß zu bleiben. Denn eigentlich zeugen seine Angaben zur Person von einem recht stabilen Leben. Seit über zehn Jahren ist er bei einer großen Firma festangestellt, er wohnt bei seiner Mutter. Die Abhängigkeit zu Cannabis (kurze Zeit nimmt er auch Amphetamin) führte dann dazu, dass er selbst anbauen wollte – und bei der Gelegenheit verkaufte er die Überschüsse. Im Vorstrafenregister tauchen sonst ein alter Fall von Handel mit Betäubungsmitteln auf und Fahren ohne Führerschein.

 

Nun wollte der Rechtsanwalt dem 32-Jährigen die Chance geben, sein Leben in Freiheit weiter zu ordnen. Denn rechtlich war die Sache klar: Wenn es bei dem Prozess in Waldbröl zu einem Urteil kommt – und für solch eine Sprengung sieht der Gesetzgeber etwa ein Jahr Strafe vor -, dann würde eine zu bildende Gesamtstrafe mit dem Landgerichtsurteil über zwei Jahren liegen. Das heißt: Es gebe keine Möglichkeit mehr zur Bewährung. Die Option, das laufende Verfahren einzustellen, wurde aber von der Staatsanwaltschaft abgelehnt. „Es handelt sich hier immerhin um eine Sprengstoffexplosion, es wäre unangemessen, das Verfahren einzustellen.“

 

Damit war der weitere Weg des Verfahrens schon vorgezeichnet. Die Frage lautete nur noch: Wie hoch wird die Gesamtstrafe ausfallen. Und der Angeklagte und sein Verteidiger taten alles, um positiv auf das Urteil einzuwirken. Er gestand die ihm vorgeworfenen Taten umfänglich. An dem Abend habe er zuvor viel Alkohol getrunken und auch Joints geraucht. Er habe überschüssige Polenböller vom Silvesterfest dabei gehabt, um diese zu verfeuern. Und da habe er den Automaten gesehen und die „jugendliche Idee“ gehabt, die Böller da reinzustecken. Mit der Wucht der Explosion habe er nicht gerechnet, die Zigaretten aber mitgenommen, obwohl er eigentlich gar nichts stehlen wollte. Die Zeugen, die geladen waren, konnten durch dieses Geständnis frühzeitig die Heimreise antreten.

 

Die Einlassung und der Alkoholkonsum vor der Tat wirkten sich strafmindernd aus – die Explosion und der Diebstahl aber blieben unumstößlich. Die Staatsanwaltschaft beantragte ein Jahr Strafe für die Tat in Reichshof und bildete mit dem Kölner Urteil eine Gesamtstrafe über zwei Jahre und sechs Monate. Die Verteidigung sah sechs Monate als ausreichend an und hätte eine Gesamtstrafe über zwei Jahre und einen Monat gebildet. Richter Dubberke und seine Schöffen folgten letztlich dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Diese Gefängnisstrafe sei „am unteren Rand des Möglichen“, so Dubberke. Kevin C. habe bei der Tat bereits von der Anklage aus Köln gewusst. „Sie haben sich trotzdem hinreißen lassen.“ Die Strafe habe er sich nun „selbst eingebrockt“. Trotzdem zeigte der Richter sich zuversichtlich, dass das Urteil – es ist noch nicht rechtskräftig – den Mann nicht aus dem stabilen Leben reißen wird.

WERBUNG