BLAULICHT
1,5 Millionen Euro Schaden: Einbrecher legt Feuer, um Spuren zu vernichten
Marienheide/Köln – Vor dem Landgericht Köln muss sich seit Montag ein 42-Jähriger aus Monheim wegen Einbruchs und Brandstiftung verantworten – Vor Gericht legt er ein Geständnis ab und bricht bei den Schilderungen des Hausbesitzers in Tränen aus.
Von Peter Notbohm
Das Handy eines Familienvaters aus Marienheide (45) stand in den frühen Morgenstunden des 25. April nicht mehr still. Während er mit seiner Frau und den beiden Kindern im Kroatien-Urlaub ist, brannte in der kleinen Ortschaft Eberg das Haus der Familie ab (OA berichtete). Die Anrufe von Nachbarn und Polizei sorgen dafür, dass die Familie den bis dahin erholsamen Urlaub abbricht und vorzeitig zurückkehrt.
Wieder im Oberbergischen angekommen, steht die Familie vor den Scherben ihrer Existenz: Der Brand hat nicht nur die Kellerebene vollkommen zerstört, sondern auch das komplette Haus verrußt, auch die Statik ist betroffen. Das Gebäude muss später abgerissen werden. Der Schaden: Laut dem Familienvater über 1,5 Millionen Euro. Stand zunächst die Photovoltaikanlage im Verdacht, den Brand ausgelöst zu haben, zeigen Ermittlungen, dass es sich um Brandstiftung gehandelt hat.
Zwei Wochen später, am 8. Mai, wird Bernd L. (Anm.d.Red.: Name geändert) festgenommen, der im dringenden Tatverdacht steht, das Feuer gelegt zu haben (OA berichtete). Seit Montag muss sich der 42-Jährige aus Monheim nun vor der 10. Großen Strafkammer am Landgericht Köln verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Einbruch und Brandstiftung in zwei Fällen vor. Neben dem Haus soll er auch einen Firmenwagen der Familie, mit dem der Mann geflüchtet war, in Brand gesteckt haben. In beiden Fällen, um mögliche DNA-Spuren zu vernichten. Vor Gericht legt Bernd L. ein umfassendes Geständnis ab. Er habe in der Nacht vom 23. auf den 24. April ein Kellerfenster mit einer Axt eingeschlagen. Beim Einstieg habe er sich am Oberschenkel eine Schnittwunde zugezogen, die geblutet habe. Gemerkt habe er davon zunächst aber nichts.
Im Haus findet er neben 150 Euro Bargeld diverse Wertgegenstände, die er später zu Geld machen will: Fünf Fahrzeugbriefe, mehrere Auto- und Haustürschlüssel, ein Laptop, zwei Festplatten, ein mobiler Drucker, ein Crypto-USB-Stick, eine Drohne, Walkie-Talkies, ein Handy, ein Lautsprecher, ein Metalldetektor, ein Saxofon, Winkelschleifer mit Ersatzakkus, eine Nintendo Switch, ein Euro-Starter-Set und zwei Mini-Goldbarren der Kinder sind seitdem verschwunden. Inklusive des gestohlenen Ford Transit Courier spricht die Anklage von einem Gesamtwert in Höhe von 10.280 Euro. Nicht alles davon habe er gestohlen, behauptet Bernd L. vor Gericht. Sieht man die Fotos des ausgebrannten Kellers könnte manches durchaus ein Raub der Flammen geworden sein.
Das Auto habe er im Alkoholrausch später auf einem Parkplatz an einer S-Bahnhaltestelle in Rheindorf abgestellt und sei anschließend mit der Bahn wieder nach Marienheide zu seiner Lebensgefährtin auf den Campingplatz an der Bruchertalsperre gefahren. Dort habe er wegen der Wunde an seinem Oberschenkel Angst bekommen. Er sei noch einmal zum Tatort zurückgekehrt und habe Blutspuren am Fenster und im Inneren auf dem Teppich gesehen. Eigentlich habe er diese nur mit Waschbenzin und Chlor beseitigen wollen. Das Haus habe er nie niederbrennen wollen, behauptet der Angeklagte und berichtet, dass er sogar unweit des Hauses gewartet habe, um bei einem Übergreifen der Flammen auf weitere Stockwerke im Notfall die Feuerwehr selbst zu alarmieren. Die war zu diesem Zeitpunkt aber bereits unterwegs, nachdem Nachbarn Rauchmelder gehört hatten.
Zunächst habe er einige der Wertgegenstände zu Geld gemacht, erzählt Bernd L. weiter: Für das Saxofon (Wert: 550 Euro) habe er bei einem Pfandleiher 80 Euro erhalten, für die Drohne und die Walkie-Talkies (Wert 1.460 Euro) über einen Freund 500 Euro. Sorgen bereitet ihm nun aber auch der gestohlene Wagen, in dem sich auch Blutspuren befinden könnten. In Panik habe er in den frühen Morgenstunden des 29. April zunächst den Fahrersitz aus dem Wagen herausgerissen und diesen in einen Müllcontainer geworfen, anschließend zur Sicherheit aber doch den gesamten Wagen angezündet – der Ford brannte komplett aus.
Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Dr. Alexander Linke nach den Hintergründen der Tat nannte Bernd L. seinen Alkohol- und Drogenkonsum. Mit seiner damaligen Freundin habe er von etwa 1.700 Euro monatlich gelebt, über die Hälfte sei für Rauschmittel draufgegangen. Bis zu zwei Flaschen Wodka, acht bis zehn Flaschen Bier, fünf Gramm Marihuana und das Schmerzmittel Tilidin hätten er und seine Ex-Freundin täglich konsumiert, dazu wöchentlich bis zu fünf Gramm Kokain.
Seine Ex-Freundin sei es auch gewesen, die ihn zu dem Einbruch angestiftet habe. Die Frau habe ihm zunächst Drogenverkauf, Autos aufbrechen und sogar einen Raubüberfall vorgeschlagen. „Sie hat mir erzählt, dass sie mit ihrem Ex-Freund schon einmal eine Aral-Tankstelle überfallen hat“, berichtete der Angeklagte. Die Staatsanwältin wurde hier besonders hellhörig. Das sei ihm allerdings alles „zu heiß“ gewesen, zu dem Einbruch habe er sich schließlich aber überreden lassen, den er als „Kurzschlussreaktion und großen Bockmist“ bezeichnete: „Nüchtern hätte ich das alles niemals gemacht.“ Im Vorfeld habe man sich gemeinsam betrunken, seine Ex-Freundin sei schließlich aber eingeschlafen, sodass er den Einbruch schließlich alleine begangen habe. Die Beute sei trotzdem zwischen beiden aufgeteilt worden.
Auch die Idee, das Haus anzuzünden, anstatt nur wie von ihm geplant die Blutspuren zu beseitigen, sei von der Ex-Freundin gekommen. Wenige Tage später, am 1. Mai, sei es schließlich im Suff zu einem Streit gekommen, in dessen Folge seine Ex-Freundin mit Bierflaschen nach ihm geworfen habe. Daraufhin habe er einen Schlussstrich unter die Beziehung gezogen. Nur einen Tag später habe bereits der neue Freund der Frau vor der Haustür seiner Mutter gestanden, um persönliche Dinge abzuholen, berichtete der Angeklagte. Zusätzlich zeigte seine Ex-Freundin Bernd L. schließlich auch wegen des Einbruchs an – aus Rache vermutete der 42-Jährige.
Als Bernd L. die Aussagen des Familienvaters hört, dessen Haus er zerstört hat, kommen ihm mehrfach die Tränen – besonders, als der 45-Jährige davon berichtet, wie sehr seine Frau und auch die Kinder unter den Geschehnissen leiden. Bei seiner Entschuldigung stockt ihm mehrfach die Stimme. Der Marienheider erzählt, dass die gesamte Familie schockiert gewesen sei: Das Haus habe man erst 2021 bezogen und habe sich im Umbau befunden. Nicht nur das Haus habe man wegen Schäden an der Statik abreißen lassen müssen, auch der komplette Hausrat war verbrannt, verrußt oder nach den Löscharbeiten nicht mehr zu gebrauchen.
Die Feuerwehr habe ihm berichtet, dass in dem Keller eine „unerträgliche Hitze geherrscht hat“, sagte der Marienheider. Versicherungen würden den Schaden zwar regulieren, trotzdem müsse die Familie weiterhin die Raten des Kredits bedienen und zusätzlich die Miete für eine Ferienwohnung tragen, die man glücklicherweise in der Nähe bekommen habe. Der Neubau werde frühestens im Frühjahr 2027 einzugsbereit sein.
Der Prozess wird fortgesetzt. Insgesamt sind vier Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil wird für den 28. November erwartet.
