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Reden ungehaltener Frauen

vma; 18.03.2019, 08:55 Uhr
Oberberg Aktuell
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Reden ungehaltener Frauen

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vma; 18.03.2019, 08:55 Uhr
Wiehl - Raimund Binder, Regisseur des Schau-Spiel-Studios Oberberg, inszeniert sechs Motive aus dem Werk „Wenn Du geredet hättest, Desdemona“ von Christine Brückner - Und er hat eine gute Auswahl getroffen, wie die Premiere zeigte.

Von Vera Marzinski

 

Die Schriftstellerin Christine Brückner legte in ihrem Buch „Wenn du geredet hättest, Desdemona“ einigen Frauen Worte in den Mund, die so tatsächlich von ihnen stammen könnten, und zeichnete durch die ungehaltenen Reden der Rebellinnen ein energiegeladenes Emanzipations-Porträt über 2.000 Jahre hinweg.

 

Aus den 14 Reden in Brückners Buch wählte Raimund Binder sechs aus. Angefangen mit der Rede Christine Brückners an die Kollegin Meysenbug. Betitelt mit „Eine Oktave tiefer, Fräulein Meysenbug!“ und gespielt von Marita Herrmann, die als erste im Rede-Reigen begann. Auf der Bühne ein Podest in Raute aufgestellt, auf dem ein Tisch und ein Stuhl stehen, die explizit angeleuchtet werden. Hier liegt auch ein großes rotes Buch, aus dem die sechs Darstellerinnen immer mal wieder lesen und damit in den Fokus rücken. Oder der Tisch wird umgedreht und mit Tüchern behangen. Wenig Bühnenausstattung, die aber vollkommen ausreicht.

 

Eigentlich sind es sechs Monologe, aber fast immer sind alle Darstellerinnen mit auf der Bühne. Ob einfach nur zuhörend am Rand sitzend oder mit kleinen Textpassagen in dem jeweiligen Redepart. Silke Faber hält an die fünf anderen eine Rede als Sappho. „Vergesst den Namen des Eisvogels nicht“ ermahnt sie die Abschied nehmenden Mädchen auf Lesbos. Geschirrklappernd hält Bärbel Stinner als Katharina Luther die Tischreden „Bist du sicher, Martinus?“ Jede in ihrer Rolle gut besetzt und überzeugend.

 

Im zweiten Teil hält Susanne Drögemeyer eine flammende Rede als Hetäre Megara an Lysistrate und die Frauen von Athen. Sie überzeugt zwar nicht die Frauen, aber das Publikum, das ob der Freizügigkeit und gelebte Lust, die sie predigt, zudem sehr amüsiert sind. Wahnsinn, was Katrin Platzner aus ihrer Rolle als Gudrun Ensslin mit der Rede an die Stammheimer Zellwände macht. „Es ist eine dünne Wand zwischen Irrsinn und Verstand“, wirft eine Mitspielerin zweimal ein. Und diese dünne Wand weiß die junge Schauspielerin grandios darzustellen. Diese Rede ist mehr als ungehalten.

 

Sehr gut auch die letzte Rede, die Gabi Bülter als Klytämnestra an der Bahre des Königs von Mykene hält. Binder ist mit der Auswahl der Reden und der Schauspielerinnen wieder einmal eine brillante Inszenierung gelungen. Weitere Aufführungen finden bis zum 7. April jeweils am Mittwoch, Freitag und Samstag um 20 Uhr und am Sonntag um 18 Uhr statt.

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