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Wenn die Kaffeemaschine auf Pump gekauft wird

nh; 29. Nov 2016, 13:15 Uhr
Bild: Nils Hühn -- Zur Scheckübergabe (46.022 €) trafen sich gestern Thomas Kröger (AWO, v.l.n.r.), Frank Grebe (Sparkasse Gummersbach-Bergneustadt), Thomas Rothausen (Caritas), Kristina Schüttler (Diakonie), Michael Scholz (Sparkasse Radevormwald-Hückeswagen), Benno Wendeler (Kreissparkasse Köln), Thomas Ruffler (Diakonie) und Wolfgang Abegg (Sparkasse der Homburgischen Gemeinden).
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Wenn die Kaffeemaschine auf Pump gekauft wird

nh; 29. Nov 2016, 13:15 Uhr
Oberberg - Immer mehr Menschen in Oberberg sind überschuldet - Hilfe bekommen sie bei der Schuldnerberatung, die allerdings unter Personalmangel leiden - Sparkassen unterstützen Präventivarbeit mit über 46.000 €.
Von Nils Hühn

Speziell vor Weihnachten lockt die Werbung mit „satten Rabatten“, „Null-Prozent-Finanzierung“ oder „Jetzt mitnehmen, später zahlen“-Aktionen. Verbraucher tappen so schnell in die Schuldenfalle. Wolfgang Abegg von der Sparkasse der Homburgischen Gemeinde beobachtete jüngst ein Pärchen, das sich eine Kaffeemaschine für über 1.000 € auf Pump kaufen wollte. „Am liebsten wäre ich dazwischen gegangen“, graust es dem Bankkaufmann vor solchen Entscheidungen. Aber immer wieder haben die Mitarbeiter der hiesigen Schuldnerberatungsstellen Fälle, in denen Menschen ihre angehäuften Verbindlichkeiten über den Kopf steigen und sie den Überblick über ihre Schulden verlieren.


„Meistens kommen die Menschen zu uns, wenn es fast zu spät ist“, berichtet beispielsweise Kristina Schüttler, Leiterin der Schuldner- und Insolvenzberatung des Evangelischen Kirchenkreises An der Agger in Waldbröl. Je früher die Menschen um Hilfe beten würden, desto besser könne man helfen, weiß Schüttler. Doch die Scham ist oft zu groß und so wird der Status quo so lange wie möglich aufrechterhalten, berichtet Peter Rothausen (Caritas Oberberg), dass sich die Schuldner bei Freunden und Bekannten Geld leihen würden und ein Loch mit einem anderen stopfen würden. Der letzte Ausweg aus der Überschuldung ist oft die Privatinsolvenz. „Aber eine andere Möglichkeit gibt es dann nicht mehr“, erklärte Thomas Kröger von der AWO.

Die drei Schuldnerberatungen in Oberberg haben alle Hände voll zu tun und der Beratungsbedarf steigt im Oberbergischen Kreis immer weiter an. Jeder zehnte Bundesbürger ist laut 'Creditreform' überschuldet. „Und das, obwohl die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gut sind“, so Frank Grebe, Direktor der Sparkasse Gummersbach-Bergneustadt. Die Ursachen, warum Menschen sich überschulden, sind unterschiedlich. Eine mangelnde Finanzkompetenz oder geringe Bildung sind Gründe. Aber auch persönliche Ereignisse wie Arbeitslosigkeit, Scheidung oder Krankheit führen in die private Finanzkrise. Es gehe nicht um die Schuldfrage, machte Kristina Schütter noch einmal deutlich, dass in den Beratungsgesprächen wirklich nur Hilfe angeboten werde.

Aufgrund der ungenügenden Personalausstattung der Beratungsstellen ist die schnelle Hilfe allerdings schwierig. Daher kommt es vor, dass man mehrere Wochen auf einen Beratungstermin warten muss. AWO, Caritas und Diakonie erwirtschaften jährlich ein Defizit von 200.000 € mit ihren Beratungsstellen. Sie fordern die Politik auf, die Verursacher, also Kreditgeber, zur Refinanzierung mit ins Boot zu holen. Die Sparkassen kommen derzeit als einzige kreditwirtschaftliche Finanzgruppe ihrer Verantwortung nach und fördern die Beratungsstellen jährlich. Gestern waren es über 46.000 €, die die hiesigen Sparkassen für die Präventivarbeit übergaben, dabei seien die Nutzer der Beratungsstellen in den seltensten Fällen Kunden der Sparkasssen.
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