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Gedenken und mahnende Worte

fk; 10. Nov 2016, 11:55 Uhr
Bilder: Friederike Klein --- Jana Stiletto und ihre Mitschüler rüttelten mit ihren Gedanken und Worten auf.
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Gedenken und mahnende Worte

fk; 10. Nov 2016, 11:55 Uhr
Nümbrecht - Viele Besucher bei Gedenkfeier an die Novemberpogrome vor 78 Jahren – Redner gingen auch auf aktuelle Themen ein.
Von Friederike Klein

„Es ist unsere Aufgabe, jeden Unwissenden darüber aufzuklären. So dass jeder, insbesondere in der jetzigen Situation, merkt, was um ihn herum eigentlich passiert. Um zu erkennen, dass die unbegründete Abwehrhaltung gegenüber einigen Personengruppen eine direkte Parallele zu den Anfeindungen der damaligen Ideologie bildet.“ Mahnende Worte von Jana Stiletto, Jaqueline Ernst, Niklas Drögemeyer und Cedric Fenster, Schüler der Realschule Bielstein, auf dem jüdischen Friedhof Nümbrecht beim Gedenken an die Novemberpogrome 1938.


[Den Psalm las Gerhard Hermann vom Freundeskreis Wiehl/Jokneam.]

In den Osterferien waren sie mit weiteren 131 Schülern im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz. Ihre Tagebucheinträge lasen sie stellvertretend für diese Schüler vor, begleitet von Lehrer Sebastian Potschka und Schulleiterin Doris Hennicke. Verharmlosung und Verleugnung müsse entgegengewirkt werden durch grenzenlose Aufklärung und Sensibilisierung für dieses Thema. Das sei der einzige Weg. Es sei wichtig klarzustellen, dass die jetzigen Generationen keine Schuld für die damaligen Gräueltaten treffe. „Jedoch liegt es in unserer Verantwortung dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder passiert.“



[Ulrich Stücker forderte Wachsamkeit und Zivilcourage von allen.]

Zur 29. Gedenkfeier „Gegen das Vergessen“ hatten die Oberbergische Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (CJZ), der Freundeskreis Nümbrecht/Mateh Yehuda, der Freundeskreis Wiehl/Jokneam und die Gemeinde Nümbrecht eingeladen. Viele Oberberger kamen trotz strömendem Schneeregen. Auch der Wiehler Bürgermeister Ulrich Stücker mahnte in seiner Ansprache. „Wir erleben Hass, der mit Glauben begründet wird. Wir alle sehen mit Sorgen die Entwicklungen in der Türkei. Auch in Deutschland erleben wir zunehmend verstärkte rechtsextreme, rechtspopulistische Gruppierungen.“

Ebenso sprach er die Sorgen um das Ergebnis der Präsidentenwahl in der USA, die zunehmende Kälte und den Egoismus der Gesellschaft, wie auch rechte Parolen an Biertresen und Stammtischen an. „Hier ist nicht nur Politik gefordert. Hier sind alle gesellschaftlichen Gruppierungen gefordert, damit nicht das wieder passiert, was vor 78 Jahren passierte.“ Er forderte auf, Verantwortung zu übernehmen, sich einzubringen und Demokratie zu leben. Denn Freiheit und Frieden seien keine Selbstverständlichkeiten.


[Viele Oberberger kamen zu der Gedenkfeier.]

Wolfgang Birkholz, Vorsitzender der CJZ, erinnerte an die vielen  namentlich bekannten und unbekannten Opfer. „Dass selbst in bürgerlichen Kreisen unterdessen wieder rechte Parolen toleriert werden und ihnen zumindest nicht widersprochen wird, ist erschreckend“, stellte er fest. Die Worte „Schämt ihr euch denn gar nicht?“, die die Nümbrechterin Elfriede Horn am 9. November 1938 den SA-Leuten entgegenrief, solle sich jeder zum Vorbild nehmen. An Leo Baer (98), der im April verstarb, erinnerte Bürgermeister Hilko Redenius mit einer Schweigeminute zu Beginn der Gedenkfeier.

Marion Reinecke, Vorsitzende des Freundeskreises Nümbrecht/Mateh Yehuda, sprach das Gebet, das Kaddisch. Den Kranz legten Pastor Peter Muskolus und Frank Norbeteit, seit 28 Jahren Schriftführer der CJZ, nieder. Musikalisch begleitete Matthias Bauer die Veranstaltung, unter anderem mit einem Werk von Felix Mendelssohn-Bartholdy, dessen Denkmal in Leipzig vor 80 Jahren niedergerissen wurde, da er als Jude galt.
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