Archiv

Kommissar Zufall und der Pate von Köln

nh; 24. Feb 2015, 11:30 Uhr
ARCHIV

Kommissar Zufall und der Pate von Köln

nh; 24. Feb 2015, 11:30 Uhr
Waldbröl - Gestern startete vorm Amtsgericht Waldbröl der Prozess gegen einen 54-Polizeibeamten, dem die Staatsanwaltschaft mehrere schwere Vergehen vorwirft - Der Nümbrechter gestand einige Taten, stritt aber das meiste ab.
Von Nils Hühn

Auch beim Amtsgericht Waldbröl sorgten die großen Schneemengen für etwas Chaos und so rutschte unter anderem ein Gefangenentransporter mit einem wichtigen Zeugen in den Straßengraben. Da aber ohnehin zahlreiche Zeugen an diesem Montag gehört wurden, ging es mit ein wenig Verspätung unter der Leitung von Richter Carsten Becker los. Angeklagt wurde ein 54-jähriger Polizeibeamter aus Nümbrecht. Die Staatsanwältin lastete ihm mehrere Delikte an. So soll der 54-Jährige seinem Sohn Polizeiinterna verraten haben. Der 20-Jährige hatte am Nikolaustag 2012 einen schweren Raubüberfall begangen, für den er vom Landgericht Bonn für fünf Jahre Jugendhaft verurteilt wurde (OA berichtete). Laut Staatsanwältin soll der 54-Jährige zweimal Daten abgerufen haben, die er dann an seinen Sohn und dessen 30-jährigen Komplizen überlieferte.

Diesen Vorwurf stritt der derzeit suspendierte Kriminalbeamte ab. Er habe erst am Tag der Verhaftung seines Sohnes und der zeitgleichen Durchsuchung des gemeinsamen Hauses von der Beteiligung seines Sohnes am Raub erfahren. Aus diesem Grund habe er auch keine Informationen weitergegeben. Dass er just an Tatmorgen eine Personenabfrage über den Komplizen gemacht habe, sei Zufall gewesen. Dass er später auch Daten zu dem Opfer an seinem Dienststellenrechner abgerufen hatte, hatte den Grund, dass er eine mögliche Verbindung zu den Hells-Angels sah, der er nachgehen wollte. Ein Polizeikollege vom Kriminalkommissariat Köln, der das Handy des Sohnes und den Rechner des 54-Jährigen ausgewertet hatte, sagte aus, dass aufgrund der diversen WhatsApp-Chats davon auszugehen sei, dass der Vater von der Raub-Beteiligung seines Sohnes gewusst haben müsste. Warum nicht auch das Handy des Vaters ausgewertet wurde, konnte nicht geklärt werden.

Da bei der Hausdurchsuchung im Waffenschrank des Polizisten eine Signalpistole gefunden wurde, die auf keiner Waffenkarte verzeichnet war, warf die Staatsanwaltschaft ihm unerlaubten Waffenbesitz vor. Aber auch hier hatte der 54-Jährige eine einfache Erklärung: Zufällig hatten seine Schwägerin und er am Vorabend den Besitz des verstorbenen Schwiegervaters durchgeschaut und dabei dessen Leuchtpistole aus Bundeswehrzeiten gefunden. Der 54-Jährige nahm die Waffe an sich, um sie über Nacht im Waffenschrank zu deponieren und am nächsten Morgen wollte er sie auf der Dienststelle abgeben. Seine Kollegen, die die Durchsuchung durchführten und alle Waffen beschlagnahmten, kamen ihm jedoch zuvor. Da dem Gericht allerdings kein Protokoll von der Beschlagnahmung vorlag und Zeugen fehlten, werden zu diesem Punkt noch weiter Beamte vor dem Gericht aussagen müssen. Ein Kollege aus Gummersbach bescheinigte dem 54-Jährigen, dass er sich „kooperativ“ gezeigt hätte, konnte sich aber ansonsten kaum an den Tag erinnern.

Zweimal rief der Angeklagte auf der Dienststelle Daten zu einem Freund seines Sohnes ab. Dieser wollte eine Glücksspielkonzession erwerben und fragte deshalb über den 20-jährigen Sohn die polizeilichen Daten ab. Der Polizeibeamte konnte mitteilen, dass keine alten Sachen gegen den Freund liefen, allerdings verschiedene Anschuldigungen, unter anderem wegen Nötigung, noch nicht verhandelt seien. „Das war ein Fehler“, räumte der 54-Jährige ein.

Als letzten Punkt warf die Staatsanwaltschaft dem Ordnungshüter Erpressung vor. Bei einer Zusammenkunft von mehreren Personen im Haus der Familie in Nümbrecht soll dem 30-jährigen Nachbarn, der mit dem Sohn den schweren Raubüberfall verübt hatte, gedroht worden sein, dass seine Ehefrau zwangsprostituiert werden sollte und sie „Schwänze lutschen würde, bis sie blutet“. Der 54-Jährige erklärte, dass das Treffen bei ihm im Haus stattgefunden habe, er und seine Frau aber nicht an den Verhandlungen, die um die Rückgabe eines Autos ging, teilgenommen habe. Alle beteiligten Personen, bis auf das vermeintliche Opfer der Bedrohung, bestätigten die Version des Beamten. Sogar die Schwägerin, die, wie überraschend bei der Vernehmung herauskam, auch zufälligerweise an diesem Abend bei ihrer Schwester zu Besuch war. Bei dieser Zusammenkunft war neben dem Sohn und dem Nachbarn, noch der Mann vor Ort, dessen Daten der 54-jährige Beamte unerlaubterweise abgerufen hatte. Außerdem zwei weitere Männer. Unter anderem der selbsternannte „Pate von Köln“. Dies wusste der Polizist nach eigenen Angaben zu diesem Zeitpunkt aber nicht.

Da trotz sieben Stunden Verhandlung nicht alle Zeugen gehört werden konnten und nach Ansicht von Richter Becker weitere Kollegen der Kölner Polizei gehört werden müssten, wurde ein zweiter Verhandlungstag bestimmt. Weiter geht es am 16. März
  
WERBUNG