Archiv

Ehefrau zu 15-monatiger Bewährungsstrafe verurteilt

nh; 23. Oct 2018, 15:45 Uhr
Archivbild.
ARCHIV

Ehefrau zu 15-monatiger Bewährungsstrafe verurteilt

nh; 23. Oct 2018, 15:45 Uhr
Oberberg - Weil eine 54-Jährige ihrem Ehemann heimlich einen „Medikamenten-Cocktail“ verabreichte, geriet dieser in Lebensgefahr - Zwei Jahre nach der Tat wurde heute am Amtsgericht Waldbröl das Urteil gesprochen.
Von Nils Hühn

Am dritten Verhandlungstag im „Giftmischer-Prozess“ sprach Richter Carsten Becker das Urteil: Wegen gefährlicher Körperverletzung wurde die 54-jährige Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt. Das Gericht sah es nach dem langen Verfahren als erwiesen an, dass die 54-Jährige ihrem Ehemann im Sommer 2016 heimlich sechs Tabletten des Schlaf- und Beruhigungsmittels Tavor mit einem Multivitaminsaft verabreicht hatte, um diesen ruhigzustellen und eine Kontaktaufnahme zu seiner Bekannten zu unterbinden. „Das ist moralisch verwerflich“, meinte Becker in der Urteilsbegründung.

Nach dem Gesetz sei die Verabreichung einer solchen Überdosis eine gefährliche Körperverletzung und die heimliche Verabreichung zudem heimtückisch. Allerdings glaubte das Gericht nicht, dass die Angeklagte ihren Ehemann umbringen wollte. Mit dem Urteil folgte der Richter weitestgehend den Forderungen des Staatsanwalts, der eine Bewährungsstrafe von 18 Monaten gefordert hatte. Die Nebenklage hatte allerdings auf eine vierjährige Haftstrafe plädiert, obwohl Carsten Becker als Einzelrichter solch eine Strafe überhaupt nicht hätte aussprechen dürfen.

Der Anwalt des Geschädigten sprach davon, dass die Angeklagte mit dem „Gift-Cocktail“ versucht habe, ihren 52-jährigen Ehemann umzubringen. Ihr sei als Arzthelferin die Wirkung des Beruhigungsmittels bewusst gewesen. In dem Blut des 52-Jährigen wurde im Krankenhaus neben dem Beruhigungsmittel zudem eine hohe Konzentration eines Schmerzmittels festgestellt. Ein Sachverständiger hatte im Prozess ausgesagt, dass es „pures Glück“ war, dass der Mann nicht gestorben sei. Für die Nebenklage stand es außer Frage, dass die Ehefrau auch diese Medikamente ihrem Mann verabreicht hatte, weshalb die hohe Haftstrafe gefordert wurde.

Für Richter Becker war es aber nicht zweifelsfrei nachvollziehbar, dass die Angeklagte auch diese Medikamente dem 52-Jährigen eingeflößt habe. Zwar sei dies naheliegend, da die Frau diese Arzneien besaß, aber auch andere Szenarien seien denkbar. Zudem sei nur die einmalige Verabreichung am Sonntagnachmittag angeklagt gewesen. Für den Richter war es aber wahrscheinlicher, dass zu einem späteren Zeitpunkt die Schmerzmittel in den Körper des Angeklagten gekommen waren. Immerhin hätte er 40 Tabletten zu sich nehmen müssen, was mit einer einmaligen Aufnahme kaum möglich sei.

Die Verteidigung hingegen hatte darauf plädiert, von einer Haftstrafe abzusehen und die Frau lediglich zu verwarnen und zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu verurteilen, da es ein minderschwerer Fall der Körperverletzung gewesen sei. Die Urteilsverkündung verfolgten die Angeklagte und ihr Ehemann als Nebenkläger vollkommen regungslos. Dem Antrag auf Schmerzensgeld stimmte der Richter zu, allerdings mit der Einschränkung, dass nur die Auswirkungen der sechs Tavor-Tabletten berücksichtigt werden dürfen. Die Schadenshöhe muss ein anderes Gericht festlegen. Eine Woche haben beide Parteien nun Zeit, gegen das Urteil Berufung einzulegen.

Besonderes Interesse weckte der Prozess, weil die Eheleute aus Film- und Fernsehproduktionen bekannt sind und unter anderem ihren Hausbau von einem Kamerateam begleiten ließen. Bei der heutigen Urteilsverkündung waren gleich drei Kamerateams vor Ort.

Weitere Artikel zum Thema
Schmerzensgeldforderung im Vergiftungs-Prozess
54-Jährige verabreicht Ehemann Medikamenten-Mix
WERBUNG