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Eheaufhebung statt Scheidung ein eleganter Ausweg?
Oberberg - Oberberg-Aktuell informiert in dieser Rubrik über Rechtsfragen - Der Service wird präsentiert von Fincke Rechtsanwälte Bergneustadt - Heute geht es um die Aufhebung einer Ehe.
Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Andreas GüntherEine Heirat hat bekanntlich viele Folgen dazu gehören auch die rechtlichen Verstrickungen wie Unterhalt, Zugewinn etc. wenn sie sich dem Ende zuneigt. Was wäre aber, wenn die Ehe gar nicht wirksam geschlossen wurde? Kann sie dann aufgehoben werden und man sich so der Folgen elegant entledigen?
Ja sie kann. Das dachte sich auch die Ehefrau aus Düsseldorf. Nach der Hochzeit sprach sie mit der Schwiegermutter (vielleicht hätte sie es vorher tun sollen) und der Schwester des Bräutigams und erfuhr: Ihr Mann war getaufter Katholik. Von der erzürnten Frau in die Enge getrieben, legte der Angetraute ein Geständnis ab und gab zu, katholisch getauft zu sein. Die Ehefrau keine Katholikin sondern Hindu beantragte bei Gericht die Eheaufhebung wegen arglistiger Täuschung über die Religionszugehörigkeit.
Das gab dem OLG Düsseldorf im November 2014 Gelegenheit, über das Wesen der Ehe im Allgemeinen und Aufhebungsgründe im Besonderen zu richten. Die Eheaufhebungsgründe hat der Gesetzgeber in § 1314 BGB geregelt. Klar sind die absoluten Aufhebungsgründe bei Doppelehe (Bigamie) oder Verwandtschaft der Eheleute. Auch kann die Ehe aufgehoben werden, wenn sich ein Ehegatte bei Eheschließung im Zustand der Bewusstlosigkeit (!) befand oder er gar nicht wusste, dass es sich um eine Eheschließung handelte.
Etwas sperriger formulierte ist die arglistige Täuschung. Hier muss über solche Umstände getäuscht werden, die den Ehegatten bei Kenntnis der Sachlage und bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe von deren Eingehung abgehalten hätten. Hiermit versuchen die Juristen, bedeutende Umstände die die Grundlagen des ehelichen Zusammen- und Familienlebens berühren - von unerheblichen Kleinigkeiten abzugrenzen. Wer über eine Schwangerschaft von einem Dritten, eine Erbkrankheit oder eine ansteckende Krankheit (Aids, Tuberkulose) täuscht, setzt einen Aufhebungsgrund. Auch das Verschweigen von erheblichen Vorstrafen und einer laufenden Bewährungszeit fällt unter § 1314 II BGB. Demgegenüber muss ein Ehegatte von vornherein mit gewissen Enttäuschungen, Schwächen und Lügen seines Partners rechnen so die Richter des 7. Familiensenats aus Düsseldorf. Solche kleineren Flunkereien reichen für eine Aufhebung gerade nicht.
Aber die Täuschung über die Religion ist doch sicher ein besonders schwerwiegender Grund? Nein im vorliegenden Fall nicht. Grundsätzlich sei es in der deutschen pluralistischen Gesellschaft kein Makel, katholisch zu sein. Auch wenn die Ehefrau Hindu sei, können nichts anders gelten. Der Ehemann habe ja schließlich so gelebt und sich so verhalten, dass die Ehefrau und auch Dritte gar nicht auf den Gedanken kamen, er sei kein Hindu, sonder Katholik. Dies wurde erst durch die Schwiegermutter bekannt. Auch behindere er seine Frau nicht bei der Ausübung ihres hinduistischen Glaubens. Selbst ein streng orthodoxes hinduistisches Verständnis half hier der Frau nicht. Sie argumentierte, Hindu könne man allein durch Geburt werden und die Religion später nicht annehmen. Heirate ein Hindu einen Nicht-Hindu, gehöre man auch automatisch der untersten Kaste an. Dies ließen die Richter aus Düsseldorf alles nicht gelten. Auch im Hinduismus wandeln sich schließlich die Verhältnisse. So sei das Kastendenken ebenso rückläufig, wie es auch mittlerweile möglich sei, Hindu durch Glaubensübertritt zu werden.
Auf diese streng orthodoxe Richtung kann es aber im Ergebnis nicht entscheidend ankommen, schließlich lebe die aus Sri Lanka stammende Ehefrau in Deutschland und habe hier durch das Zusammenleben mit einem Katholiken keine Nachteile.
Der Antrag auf Eheaufhebung wurde abgewiesen.
Greifen schon diese fundamentalen Gründe nicht, gilt dies erst recht bei einer Täuschung des Ehegatten über die Vermögensverhältnisse dem hat der Gesetzgeber sogar ausdrücklich ein Riegel vorgeschoben, offenbar aus Angst vor einen Ansturm auf die Gerichte beim ersten Blick auf das (leere) Konto
Es gilt einmal mehr frei nach Friedrich Schiller: Drum prüfe, wer sich ewig bindet.