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Ringen um das ehemalige Munitionsdepot Brächen

fj; 5. Apr 2017, 11:41 Uhr
Bilder: Fenja Jansen --- Unmittelbar hinter dem Tor beginnen die 2,09 Hektar, um die sich alles dreht. Das restliche Gelände des ehemaligen Munitionsdepots steht unter Naturschutz.
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Ringen um das ehemalige Munitionsdepot Brächen

fj; 5. Apr 2017, 11:41 Uhr
Engelskirchen – Gemeinde fürchtet Verlust von Steuereinnahmen, wenn das Gelände, auf dem der Kreis ein Feuerwehrübungszentrum plant, nicht auch für zwei Forstbetriebe geöffnet wird – Planungs- und Umweltausschuss sprach sich mehrheitlich gegen Doppelnutzung aus.
Zwischen schützenswerter Natur und halbzerfallenen Baracken und Gebäuden trafen sich gestern Mitglieder des Engelskirchener Planungs- und Umweltausschusses mit Kreisdirektor Klaus Grootens und Revierleiter Axel Lang am ehemaligen Munitionsdepot Brächen. Bis in die 1990er Jahre nutzte die Bundeswehr das Gelände, 2008 kaufte es der Kreis vom Bund zurück und lässt es die Natur – unterstützt durch Projekte in Zusammenarbeit mit der Biologischen Station Oberberg – seitdem zurückerobern. Nun soll es bekanntlich einer neuen Bestimmung zugeführt werden: Der Kreisfeuerwehrverband möchte hier ein Übungs- und Schulungszentrum einrichten. Engelskirchens Bürgermeister träumt jedoch derweil von einer Symbiose aus Feuerwehrübungszentrum, Naturschutz und gewerblicher Nutzung.


[Vor Ort erklärte Bürgermeister Dr. Gero Karthaus (li.) den Ausschussmitgliedern die Pläne der Engelskirchener Verwaltung.]

Der Knackpunkt: Das 52 Hektar große Gelände steht unter Naturschutz, nur die vorbelasteten 2,09 Hektar im Eingangsbereich lassen Ausnahmen zu. Diese würden den 13 Feuerwehren des Kreises genügen, um gemeinsam und auch mit anderen Organisationen wie dem THW oder DRK zu üben. Gerade in den leerstehenden Gebäuden ließen sich Szenarien realitätsnah abbilden. Im Notfallzentrum Marienheide-Kotthausen reicht dafür der Platz nicht. Die Gemeinde sieht sich derweil einem anderen Problem gegenüber: „Wir können seit Jahren keine Gewerbeflächen mehr ausweisen“, erklärte Bürgermeister Dr. Gero Karthaus, warum man auf das Gelände trotz allem Wohlwollen gegenüber der Feuerwehr nicht komplett verzichten könne.

Nach einem gemeinsamen Gespräch von Gemeinde und Kreis mit der Regierungspräsidentin war die Marschrichtung für die Engelskirchener Verwaltung klar: Laut Köln wären die Pläne des Bürgermeisters „schwierig“, aber nicht von vorn herein unrealisierbar. Da der Kreis laut Gemeindeverwaltung das Projekt „Symbiose“ aber nicht weiter verfolgen wollte, ruderte man in Engelskirchen einen Schritt zurück, um die Realisierung der Feuerwehr-Übungsstätte nicht zu belasten. So lautete der Beschlussvorschlag in der gestrigen Sitzung, gemeinsam mit dem Kreis die Einrichtung eines Übungszentrums zu unterstützen, eine „Sonderbaufläche Holz und Energie“ jedoch gleichberechtigt in den Abstimmungsprozess mit Kreis und Bezirksregierung einzubringen. „Konkret geht es um zwei Forstbetriebe, die sich hier gerne ansiedeln würden. Es steht fest, dass sie die Gemeinde verlassen, wenn dies nicht gelingt“, schilderte Karthaus, dass es für ihn darum ginge, Gewerbesteuer-Einnahmen nicht zu verlieren.



Um die Projekte „Feuerwehrübungszentrum“ und „Sonderbaufläche“ in Einklang zu bringen, sei laut Gemeindeverwaltung „möglicherweise eine behutsame Vergrößerung der 2,09 Hektar großen Fläche erforderlich, die aber immer noch im vorderen durch bauliche Nutzung geprägten Bereich“ liegen würde. Diese Pläne hielt Grootens schlicht für undurchführbar: „2010 hat die Bezirksregierung bereits jede gewerbliche Nutzung dem Grunde nach ausgeschlossen. Daran hat sich bis heute nichts geändert“, glaubte der Kreisdirektor nicht an eine Genehmigung für eine gewerbliche Nutzung und/oder eine Erweiterung der Fläche, die anders als für den Naturschutz genutzt werden kann.


[Der Kreis hat die Pflichtaufgabe, Aus- und Fortbildung bei der Feuerwehr zu sichern. Kreisdirektor Klaus Grootens (re.) und Kreisbrandmeister Hans-Peter Twilling (Mitte) wollen dieser Verpflichtung mit der Realisierung eines Übungs- und Schulungszentrum optimal nachkommen.]

Wenn jegliche Nutzung aber nur auf den 2,09 Hektar im Eingangsbereich möglich wäre, scheide hiermit auch eine Doppelnutzung aus, da die Fläche schlicht zu klein sei. „Wenn wir einmal unsere Fahrzeuge aufgestellt haben, brauchen wir den Platz und können uns nicht einfach zur Seite schmeißen, wenn ein Gewerbetreibender passieren will“, erhielt Grootens Unterstützung von Kreisbrandmeister Frank-Peter Twilling, der ausdrücklich nicht nur für die 13 Wehren des Kreises, sondern auch alle anderen Hilfsorganisationen sprach, die auf dem Gelände eine Übungsstätte finden würden.

„Nach diesen Ausführungen des Kreisdirektors und des Kreisbrandmeisters ist klar, dass die Voraussetzungen nicht gegeben sind, um eine Übungsstätte und eine Sonderfläche Holz und Energie für die Forstbetriebe zu realisieren“, erklärte Marco Tessitorri von der CDU, dass er dem Übungszentrum dem Vortritt lassen möchte und gegen den Beschlussvorschlag zugunsten einer gemeinsamen Nutzung stimmen werde. Nein-Stimmen für die gemeinsame Nutzung gab es auch von den Grünen, die befürchteten, dass auf Flächen zurückgegriffen werden müsse, die unter Naturschutz stehen. Um die Forstbetriebe zu halten, erklärte Doris Schuchardt, Fraktionsvorsitzende der SPD, solle man eine gemeinsame Nutzung weiter verfolgen. Diese Auffassung fand im Ausschuss jedoch keine Mehrheit. Gegen die Stimmen der SPD wurde der Antrag mehrheitlich abgelehnt.
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