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Fantastischer Abend mit atemberaubender Akrobatik

js; 16. Jan 2015, 11:24 Uhr
Bilder: Michael Kleinjung --- Die Geschicklichkeit und Präzision von Artist Liu Weng Long hätte es dem Artisten sicherlich auch erlaubt mit einer teuren Ming-Vase aufzutreten.
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Fantastischer Abend mit atemberaubender Akrobatik

js; 16. Jan 2015, 11:24 Uhr
Gummersbach - Der Chinesische Nationalzirkus gastierte gestern im Stadttheater und verzauberte sein Publikum mit atemberaubender und scheinbar müheloser Akrobatik - Tosender Beifall und stehende Ovation belohnten den zweistündigen Einsatz.
Wer den gestrigen Abend im Gummersbacher Stadttheater verbracht hat, weiß warum der Chinesische Nationalzirkus eine führende Rolle im internationalen Zirkusbetrieb innehat. Um ihr Publikum in den Bann zu ziehen, benötigt die vornehmlich aus China stammende Gruppe kein Zirkuszelt, keine bunten Accessoires oder tierischen Begleiter. Die Leistung der einzelnen Artisten stand zu Recht im Vordergrund der zweistündigen Show, die mit atemberaubenden Darbietungen überzeugte. Die Präzision, mit der jede Nummer dargeboten wurde und die schlichte Bühnenausstattung reichte aus, um die Zuschauer in eine völlig andere Welt zu entführen.


[Die Zuschauer wurden immer wieder in ungläubiges Staunen versetzt.]


Unter dem Projekttitel „Shanghai Nights“ gastiert der Chinesische Nationalcircus auf zahlreichen Theaterbühnen Europas und zeigt eine darauf zugeschnittene Version ihres umfangreichen Repertoires. Eine Stimme aus dem Off hatte zu Beginn verkündet, dass man nur nach Shanghai reisen müsse, um das Tor der Welt zu entdecken. Man müsse nicht weiter in die Welt hinein reisen, denn die Fremde in der Hafenstadt sei allgegenwärtig. Diesen Eindruck vermittelt das zehnköpfige Ensemble in jeder einzelnen Minute. Fünf Männer, vier Frauen und ein Clown versetzten die Besucher von Gummersbach ins Reich der Mitte und das Shanghai der 1930er und 1940 er Jahre.





[Tellerjonglage durfte natürlich nicht in der chinesischen Zirkusvariante fehlen.]


Gebannt schaute jeder Einzelne auf die Bühne und verfolgte das spektakuläre Treiben. Scheinbar Unmögliches wurde zur Wirklichkeit. Artisten, die sich mit spielerischer Leichtigkeit überschlugen, verrenkten und große Kraftanstrengungen mit einem Lächeln begleiteten sorgten für ungläubiges Staunen. Der Flug einer Vase, die erst durch die Luft sauste und dann im letzten Moment auf dem Kopf von Liu Weng Long landete wurde zunächst von Stille, dann von Erleichterungs-Seufzern begleitet. So etwas muss doch wehtun?, dürfte sich manch einer gefragt haben. Als das Zirkusmitglied dann auch noch zu einem weitaus größeren Exemplar griff, das die Ausmaße eines Blumenkübels hatte, fieberte das Publikum mit. Die Nummer glückte, der Topf landete immer wieder mit der Kante und einem lauten „Plong“ auf dem Kopf des Artisten. Das Geräusch dürfte für Gänsehaut und Mitgefühl auf den Zuschauerrängen gesorgt haben.


Neben den männlichen Artisten, die mit körperlicher und mentaler Stärke überzeugten, stach vor allem die weibliche Besetzung heraus. Die vier Damen präsentierten, im Wechsel und im Zusammenspiel, dass sie Meister der Balance sind. Abenteuerliches Klettern auf sechs aufeinandergestapelten Stühlen und anschließende, anmutige Posen auf dem oben drauf lehnenden Stuhl, sorgte für Beifallsstürme. Die Vorführung der Schlangenfrau und ihren unmenschlichen Verrenkungen, gekrönt von der Anstrengung das eigene Körpergewicht mit den Zähnen zu halten, wurden ebenfalls euphorisch beklatscht.


[Interaktion mit dem Publikum war Teil der Show. Am Ende bildete eine Zuschauerin den Kopf einer Menschenpyramide.]


Von westlicher und fernöstlicher Musik begleitet wurden auch kurzweilige Stücke aufgeführt. Fingerfertigkeit bewies man mit fliegenden Spielkarten und einer Nummer, bei der Hüte zwischen den einzelnen Ensemblemitgliedern herumgewirbelt und gleichzeitig auf den Kopf gesetzt wurden. Humoristische Elemente waren ebenfalls zahlreich vertreten. Schauspieleinlagen vor den Nummern verbanden die Stücke und spielten vor allem auf Streitigkeiten romantischer Natur an.

Die wenigen anwesenden Kinder wurden von einem Clown zum Lachen gebracht - der durfte natürlich auch in der chinesischen Zirkusvariante nicht fehlen. Der Spaßmacher sorgte für Interaktion mit dem Publikum und band die Zuschauer in sein Programm ein. Nach stehenden Ovationen und schallendem Beifall am Ende der zweistündigen Show erhielt eine Dame aus der zweiten Reihe ihren großen Auftritt. Sie bildete den Kopf einer Menschenpyramide.


Der einzige Wermutstropfen des fantastischen Zirkusabends im Stadttheater war der schlecht besetzte Zuschauerraum. Die Ränge waren wieder Erwartens nicht gefüllt. Der Chinesische Nationalcircus gab dennoch alles und präsentierte ein Programm, dass auf größeren Bühnen ebenso gut angekommen wäre.
  
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