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„Bob Dylan würde heute keinen Plattenvertrag mehr bekommen“

Red; 7. Sep 2015, 10:32 Uhr
Bild: Martin Huch --- Heinz Rudolf Kunze.
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„Bob Dylan würde heute keinen Plattenvertrag mehr bekommen“

Red; 7. Sep 2015, 10:32 Uhr
Oberberg – Heinz Rudolf Kunze ist der Stargast bei den Liedermacher Tagen in Bergneustadt – Oberberg-Aktuell sprach mit ihm über seine Hilfsaktion, seine Hits und deutschsprachige Musik.
Heinz Rudolf Kunze gehört zweifellos zu den Persönlichkeiten der deutschen Musikszene. Seit nunmehr 36 Jahren ist er erfolgreich unterwegs. Neben seinen eigenen Texten hat er etliche Songs für andere Künstler geschrieben, veröffentlichte zahlreiche Bücher mit seinen Texten und schauspielert. Darüber hinaus ist er für sein soziales und gesellschaftliches Engagement bekannt. Bei den Liedermacher Tagen in Bergneustadt gastiert er am Sonntag, 27. September (18:30 Uhr) im Krawinkel-Saal mit seiner Band Räuberzivil. Oberberg-Aktuell sprach mit den Ausnahmekünstler.

OA: Mit Ihrer Aktion „Musik hilft“ im Rahmen der Flüchtlingshilfe haben Sie ein Zeichen gesetzt. Wie kam es dazu?

Kunze: Wenn man mit so vielen Meldungen konfrontiert wird, muss man etwas unternehmen. Das ist ganz natürlich. Es geht darum, diesen armen Menschen, die in einem fremden Land vor einer äußerst ungewissen Zukunft stehen, zu helfen. Diese Hilfe muss über die alltäglichen Dinge wie Unterkunft, Nahrung und Kleidung hinausgehen. In diesem Zusammenhang Musikinstrumente zu sammeln, liegt bei einem Musiker natürlich nahe. Das Musizieren kann den Flüchtlingen, neben Sport, eine sinnvolle Beschäftigung geben und das Schicksal etwas freudiger gestalten. Zunächst richtete sich mein Aufruf nur an Musikerkollegen, aber mittlerweile kommt die Hilfe von allen Seiten der Bevölkerung und es wurde sogar bereits personelle Unterstützung in Form von Musikunterricht angeboten. Das ist ein wichtiges Signal aus der Gesellschaft in diesen Tagen.

OA: Nach Bergneustadt kommen Sie mit Ihrer sogenannten Zweitband Räuberzivil. Was können sich die Besucher darunter vorstellen, die Sie „nur“ als Heinz Rudolf Kunze kennen?

Kunze: Das ist immer schwer, sich selber zu beschreiben. Am besten sollten sie sich das Album kaufen (lacht). Neben meiner Band Verstärkung brauche ich einfach eine zweite Besetzung, um andere Dinge machen zu können. Eigentlich bräuchte ich fünf Bands, um mein ganzes Material verarbeiten zu können. Räuberzivil ist ein kulturell, literarisches Programm mit einer verkleinerten Besetzung von vier Musikern auf der Bühne. Es sind viele Sprechtexte dabei und Lieder, die etwas erzählen, aber auch durchaus rockige Elemente. Ein Heinz Rudolf Kunze Outlet, wenn man so will. Es gibt den Besuchern die Möglichkeit, etwas Neues von mir zu erfahren und ich hoffe, dass sich möglichst viele Menschen in Bergneustadt darauf einlassen.

OA: Parallel zu diesen Räuberzivil-Konzerten laufen bereits die Aufnahmen Ihres nächsten Bandalbums.

Kunze: Das ist richtig. Wir sind jetzt im Studio, und das Album kommt im Januar auf den Markt. Die Band hat ja, neben neuen Songs, auch die Aufgabe, das Erbe von 36 Jahren Heinz Rudolf Kunze zu verwalten. Beides liegt mir sehr am Herzen, aber bei Räuberzivil kann ich mich noch mehr künstlerisch ausleben, ohne taktischen Zwängen zu unterliegen.

OA: Wie gehen Sie mit den Leuten um, die immer noch bei jedem Konzert auf „Dein ist mein ganzes Herzen“ warten?



Kunze: Das ist okay. Natürlich können Hits auch zum Fluch werden, aber da sehe ich andere Künstler eher betroffen. Ich kann mich ja nicht beschweren, zumal alle meine Alben seit Jahrzehnten gute Chart-Platzierungen erreichen. Dennoch muss man natürlich als Künstler ein, zwei Kompromisse eingehen, und folgerichtig haben auch wir eine neue, originelle Version des eingangs erwähnten Songs mit im Gepäck. Ich habe allerdings nie einen Hehl daraus gemacht, dass mir mindestens 100 andere Stücke mehr bedeuten.

OA: Sie galten seinerzeit als Verfechter der deutschsprachigen Musik, sogar vom „Quotenforderer“ war die Rede. Entspricht das überhaupt den Tatsachen?

Kunze: Das ist doch Quatsch. Ganz im Gegenteil. Meine musikalischen Wurzeln sind eher anglo-amerikanisch. Ich mache deutschsprachige Rockmusik, weil es meine Sprache ist. Natürlich könnte ich auch englisch singen, zumal ich ja auch englische Musik ins Deutsche übersetze, aber in meiner Muttersprache kann ich mich immer noch etwas besser ausdrücken. Hinter diesem damaligen Aufruf standen insgesamt 600 Musiker, und ich stand halt in der ersten Reihe.

OA: Mittlerweile boomt die deutschsprachige Musik schon seit längerer Zeit wieder, auch wenn die Inhalte dabei nicht immer erkennbar sind. Oft geht es nur darum, mit einfachsten Mitteln einprägsame Hits zu produzieren. Wird es immer schwieriger, mit anspruchsvoller Musik erfolgreich zu sein?

Kunze: Ich sage es mal so. Die Menschheit wird immer doofer, und das überträgt sich zwangsläufig auch auf die Musiklandschaft. Bob Dylan würde heutzutage wahrscheinlich keinen Plattenvertrag mehr bekommen. Das ist aber noch lange kein Grund, seinen eigenen Stil zu ändern oder sich anzupassen. Das könnte ich auch gar nicht, weil ich dann eine Riesenblockade hätte. Ich kann nur das machen, was ich jetzt auch mache.

OA: Und das ist nicht nur die eigene Musik. Die schreiben auch Texte für andere Künstler, schauspielern und schreiben?

Kunze: Richtig. Aktuell habe ich die Songs für das 2. Soloalbum von Puhdys-Sänger Maschine geschrieben. Darüber hinaus habe ich unter anderem in Dietrich Brüggemanns Film „Heil“ sowie in der Neuverfilmung von „Timm Thaler“ mitgespielt. Meine Bücher entstehen nebenher aus Texte, die sich mit der Zeit ansammeln und dann irgendwann veröffentlicht werden. Ich kann auf jeden Fall sagen, dass mir nicht langweilig wird.

Tickets für die 4. Liedermacher Tage vom 25. bis 27. September im Krawinkel-Saal gibt es in der Buchhandlung Baumhof Bergneustadt, im Rathaus, Dat Lädchen Lüders in Oberwiehl, Ründeroth, Bergneustadt, Dieringhausen, der Buchhandlung am Markt in Drolshagen sowie online unter www.schwalbe-liedermachertage.de.
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