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150 Flüchtlinge in 72 Stunden

bv; 5. Aug 2015, 18:14 Uhr
Bilder: Bernd Vorländer --- Die ehemalige Hauptschule Strombach wird ankommenden Flüchtlingen künftig als Notunterkunft dienen.
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150 Flüchtlinge in 72 Stunden

bv; 5. Aug 2015, 18:14 Uhr
Gummersbach - Die Stadt Gummersbach muss bis Freitag in der ehemaligen Hauptschule in Strombach eine Notunterkunft errichten - Vorbereitungen laufen auf Hochtouren.
Von Bernd Vorländer

424 Flüchtlinge leben derzeit in Gummersbach und die Stadtoberen waren bislang sehr zufrieden, dass man es geschafft hatte, die vor Terror, Gewalt und kaum vorstellbarer Armut Geflüchteten dezentral untergebracht zu haben. Doch diese Zeit ist jetzt vorbei. Am Dienstagmittag gab es einen ersten Anruf der Bezirksregierung Köln, kurze Zeit später begutachteten Mitarbeiter der Behörde bereits ein Objekt und um 15:52 Uhr erfolgte bereits ganz offiziell eine Verfügung aus Köln, die eine Entscheidung des für die Verteilung der Flüchtlinge zuständigen Regierungspräsidiums in Arnsberg umsetzte: Die ehemalige Hauptschule in Strombach wird innerhalb weniger Tage zur Notunterkunft umgebaut. Bereits an diesem Freitagnachmittag sollen dort 150 Flüchtlinge ein vorübergehendes Zuhause erhalten, ehe sie in ganz NRW weiterverteilt werden.


[Gummmersbachs Bürgermeister Frank Helmenstein (re.) und der Erste Beigeordnete Ulrich Stücker wurden von der Entwicklung überrascht und müssen jetzt in 72 Stunden eine Notunterkunft für 150 Menschen bereistellen.]

Seitdem laufen die Vorbereitungen in der Kreisstadt auf Hochtouren, denn auf diese Situation war niemand vorbereitet. Als Sofortmaßnahme wurde ein Arbeitsstab gemeinsam mit der Polizei, dem Oberbergischen Kreis, dem Gesundheitsamt und dem Roten Kreuz gebildet, um die Maßnahme unter Zeitdruck umzusetzen. Die Schule muss zunächst komplett ausgeräumt werden, es bedarf einer Grundreinigung, der Klärung von Brandschutzfragen, der Einrichtung mit Betten durch das Rote Kreuz, der Bereitstellung von ärztlicher und psychosozialer Versorgung wie auch Dolmetscher und Sozialarbeiter. "Wir wissen weder, aus welchen Ländern die Menschen stammen, die zu uns kommen, noch, in welchem Gesundheitszustand sie sich befinden", so Gummersbachs Bürgermeister Frank Helmenstein. Für ihn ist die Frage der Unterbringung jedoch nicht nur eine logistische Herausforderung und eine Umsetzung einer behördlichen Verfügung, sondern auch eine Frage von Verantwortung. "Die Aufnahme und Versorgung dieser Menschen ist eine nationale Aufgabe. Das ist auch eine Frage der Solidarität mit den Flüchtlingen, die oft nur ihr nacktes Leben retten konnten."


Die Notunterkunft wird dabei so gestaltet werden, dass ein unmittelbarer Kontakt nach draußen nicht möglich ist. Im Klartext: Die Strombacher Hauptschule wird umzäunt werden, ein Wachdienst rund um die Uhr für die Sicherheit der Menschen sorgen. Allerdings werde man alles daran setzen, einen Kasernen-Charakter zu vermeiden, so Gummersbachs Erster Beigeordneter Ulrich Stücker. Spielmöglichkeiten für Kinder und Basketballkörbe sollen in einem ersten Schritt installiert werden. In der kommenden Woche will die Stadt eine Hotline einrichten, um Hilfsangebote von Bürgern zu kanalisieren.

Wenn die Menschen am Freitag ankommen, werden sie zunächst amtsärztlich untersucht und erstregistriert. "Wir sind dem Oberbergischen Kreis sehr dankbar, denn ohne dessen Hilfe könnten wir die medizinische Versorgung nicht sicherstellen", so Helmenstein weiter. Der Rathauschef ist inzwischen sicher, dass nach der Verteilung der Flüchtlinge auf andere Kommunen, weitere Aufnahmen in  Gummersbach folgen werden. Dann müsse man auch mit niedergelassenen Ärzten Kontakt aufnehmen, um die Erstuntersuchungen garantieren zu können. Am kommenden Wochenende wird das Rote Kreuz die Nahrungsmittelversorgung durchführen, ab Dienstag ist damit ein Unternehmen beauftragt.

Ulrich Stücker weist darauf hin, dass die ehemalige Schule für die Unterbringung gut geeignet sei und maximal 15 Personen in einem Raum untergebracht würden. Mobile Sanitäreinrichtungen sollen in Kürze geliefert werden. Die Veräußerungspläne der Stadt für die Schule werden zwar generell weiterlaufen, sind aber praktisch in den kommenden Monaten auf Eis gelegt. Die angrenzende Turnhalle kann aber weiterhin vom TV Strombach genutzt werden. In der kommenden Woche, am Donnerstag, 13. August, soll es für Bürger um 18 Uhr eine Informationsveranstaltung im Gummersbacher Ratssaal geben.

Derzeit kommen bis zu 7.000 Flüchtlinge wöchentlich nach NRW, die Regierungspräsidien suchen händeringend nach Unterbringungsmöglichkeiten. Etwa 70 Notunterkünfte gibt es im Land.
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