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Politiker stellten sich Wahlprüfsteinen

Red; 20. Aug 2009, 15:52 Uhr
Bilder: privat.
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Politiker stellten sich Wahlprüfsteinen

Red; 20. Aug 2009, 15:52 Uhr
Gummersbach - Führende Kommunalpolitiker diskutierten gestern mit Kreisdechant Pfr. Paul Klauke, interessierten Mitgliedern der Kirchengemeinden und Vertretern der katholischen Verbände und Einrichtungen im Oberbergischen Kreis.
Grundlage des Gesprächs im Haus der Caritas waren die Wahlprüfsteine der Katholischen Arbeitsgemeinschaft Jugendhilfe zur Kommunalwahl 2009. Als politisch Verantwortliche standen Hans-Otto Gries (CDU), Ralf Wurth (SPD), Friedrich Wilke (FDP), Andreas Schmitz (Grüne) und Karl Heinz Vach (UWG) zum Gespräch bereit. Bereits in den ersten Statements der Politiker kamen die Themen Förderung von Jugendarbeit (Vach), Kindergartenbeiträge längerfristig abschaffen (Wilke), Integration Jugendlicher in den Arbeitsmarkt (Schmitz), durchgehende Betreuung von unter Dreijährigen bis zu weiterführenden Schulen (Wurth) und Anhebung der Erzieherinnenausbildung (Gries) auf den Tisch.

Eine intensive Diskussion erfolgte auf die Frage von Alois Kampa, Leiter des St. Josefshaus in Eckenhagen: "Beitragsfrei ist ein gutes Ziel: Aber wie soll es gelingen die geforderte und notwendige individuelle Förderung zu gewährleisten?" An dieser Stelle gingen die Meinungen der Politiker auseinander. Während Gries Elternbeiträge zur Verbesserung der Qualität in den KiTas einsetzen möchte, sagte Wurth, "es sei im gestattet dass er das Kinderbildungsgesetz (KiBiz) nicht so positiv bewertet" und dass weiterreichende Verbesserungen nötig seien, um einem umfassenden Erziehungs- und Bildungsauftrag gerecht werden zu können. Wilke forderte, dass nach Möglichkeit die Eltern finanziell entlastet werden, bevor Gruppengrößen in Kindertagesstätten reduziert werden.

Aber es wurde nicht nur kontrovers zwischen den Politikern diskutiert, die detaillierten Nachfragen der katholischen Träger und der Vertreter aus den Kirchengemeinden zeigten gleichzeitig die Erfahrung und den Anspruch der kirchlichen Jugendhilfe. Die weiteren Themen spannten sich dabei von den veränderten Bedingungen der verbandlichen und offenen Jugendarbeit, bis zur Förderung von Kindern und Eltern in schwierigen Lebenssituationen. Einig waren sich alle, dass die Einführung der Offenen Ganztagsgrundschule ein richtiger Schritt gewesen sei, dem aber aus Sicht von Peter Rothausen, Geschäftsführer Caritas Oberberg, dringend weitere folgen müssten, um eine umfassende und ganzheitliche Förderung von Kindern nicht nur aus Familien mit vielfältigen Problemlagen, zu ermöglichen.

„Qualifizierte Fachkräfte sind mit der aktuellen finanziellen Ausstattung nicht zu bezahlen oder nicht dauerhaft zu halten", so Rothausen. Unterstützung erhielt er dabei von der SPD-Bundestagskandidatin Michaela Engelmeier-Heite, Leiterin einer OGS in Wiehl: „Ich sage meinen Leuten immer, wir sind so etwas wie Pioniere mit allem was es noch durchzusetzen und zu gestalten gilt." Christiane Winterberg, Caritas Oberberg, schilderte einen konkreten Fall aus der Betreuung suchtgefährdeter junger Mütter, in dem die zeitweise Betreuung der Kinder durch eine Tagesmutter nicht möglich war, weil die Bezahlung für Tagesmütter durch das Jugendamt des Oberbergischen Kreises derzeit bei 2 € liegt. Thomas Dörmbach, Leiter der Kath. Familienbildungsstätte in Wipperfürth ergänzte: „In diesen zwei Euro sind noch die Ausgaben für Pflegebedarf, Windeln und andere Sachkosten enthalten. Die tatsächliche Entlohnung für die erzieherische Leistung liegt bei etwa 40 Cent pro Stunde.“

Eine völlig unzureichende Bezahlung wie auch die Moderatorin Susanne Becker-Huberti vom Domradio feststellte. Den strukturellen Mangel in der Finanzierung der Kommunen und der fehlende Spielraum um erforderliche und auch wirtschaftlich sinnvolle Prioritäten im Bereich der Jugendhilfe zu setzen, kritisierte Andreas Schmitz von den Grünen. Schmitz: „Gleichzeitig sehe ich, wie mit Wonne in den Kommunen Ausgaben getätigt werden, die irgendwann gewollt waren, aber heute nicht mehr sinnvoll sind.“ Dass auch die Zusammenarbeit zwischen den Jugendämtern, der Politik und den freien Trägern im Sinne des Subsidiaritätsprinzips verbessert werden müsste, betonte Peter Schmitz von der Katholischen Jugendfachstelle. Auf ein ganz praktisches Engagement für die Jugendarbeit verwies Vach von der UWG mit dem neuen Bolzplatz in Marienheide. Das Gelände und die Ausstattung wurde von Mitgliedern der UWG zur Verfügung gestellt und der Platz wird von Jugendlichen gut angenommen.

Abschließend bestätigten alle Gesprächspartner die hohe Kompetenz, gerade auch durch die vorgelegten Wahlprüfsteine und den fairen Charakter der Diskussion. Auch über die Wahl hinaus sollte der direkte Kontakt zwischen den Trägern und den Fraktionen gepflegt werden, auch in Situationen in denen Unterstützung möglich ist oder Konflikte auftreten. Die Wahlprüfsteine der Katholischen Arbeitsgemeinschaft Jugendhilfe können in der Katholischen Jugendfachstelle Bergisch Gladbach oder beim Caritasverband Oberberg kostenlos angefordert werden. Dort stehen auch jeweils die Positionen der Parteien als Download zur Verfügung.
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