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Praxisnachfolge: eine schwierige Suche

fj; 27. Feb 2019, 10:35 Uhr
Bilder: Edelbroich --- Für seine Praxis, vor allem aber seine Patienten sucht Dr. Franz-Joachim Edelbroich einen Nachfolger.
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Praxisnachfolge: eine schwierige Suche

fj; 27. Feb 2019, 10:35 Uhr
Reichshof - Trotz in Aussicht gestellter Fördergelder findet Dr. Franz-Joachim Edelbroich keinen Nachfolger für seine Denklinger Praxis – Das Problem nach Meinung des Arztes: Der Beruf hat viel von seiner Attraktivität verloren (AKTUALISIERT).
Dass sich junge Ärzte wie der 36-jährige Dr. med. Nils Achilles für eine Niederlassung als Hausarzt in einer ländlichen Region entscheiden (OA berichtete in der vergangenen Woche), ist selten. Wie selten, das zeigt sich nur wenige Kilometer weiter bei den Nachbarn in Reichshof. Hier sucht Dr. med. Franz-Joachim Edelbroich einen Nachfolger für seine Hausarztpraxis in Denklingen – und dies seit über fünf Jahren erfolglos. Wenn der 67-Jährige im Sommer seine Praxis aufgibt, drohen somit 2.000 Patienten ohne Hausarzt dazustehen. „Das können auch die umliegenden Kollegen nicht einfach so auffangen, sie haben selber schon genug zu tun“, weiß der Internist, dass Reichshof-Denklingen auf einen Engpass zusteuert, sollte kein Nachfolger gefunden werden.


[Als sich für Dr. Edelbroich vor 32 Jahren die Chance bot, sich in Denklingen niederzulassen, ergriff er diese gerne.]

Damit dies gelingt, hat Dr. Edelbroich bereits einige Anstrengungen unternommen: Schon vor Jahren bot er Weiterbildungsassistenten an, die modern ausgestattete Praxis zu übernehmen, er schaltete Anzeigen in der Praxisbörse der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), beauftragte einen Praxisvermittler und warb in sozialen Medien um einen Nachfolger. Dieser Aufruf wurde zwar über 1.000-mal geteilt und erhielt viel Aufmerksamkeit, die erhoffte Wirkung blieb aber letztendlich aus. „Dabei kann man bei einer Übernahme eine Fördersumme von bis zu insgesamt 180.000 € beim Land Nordrhein-Westfalen, der KV Nordrhein und der Gemeinde Reichshof beantragt werden – aber selbst das hat bislang niemanden hinter dem Ofen hervorgelockt“, so der Internist.

Das bedauert auch Reichshofs Bürgermeister Rüdiger Gennies. Per Ratsbeschluss hat man sich 2016 dazu entschlossen, die Suche nach einem Praxisnachfolger mit Fördergeldern zu unterstützen und dafür auch viel Geld in die Hand zu nehmen. 50.000 € der gesamten Fördersumme kämen aus dem Gemeindehaushalt. „Im Gemeindegebiet haben wir sieben Hausarztpraxen mit neun praktizierenden Ärzten. Ihr Altersdurchschnitt beträgt 59 Jahre – da kommt also etwas Großes auf uns zu“, ist sich der Rathauschef der Brisanz der Lage bewusst und scheut auch selber keine Mühen, die betroffenen Ärzte bei der Suche nach einem Praxisnachfolger zu unterstützen.

Aber warum lässt selbst die Aussicht auf Tausende Euro an Fördergeldern junge Mediziner kalt? „Ich denke, das hat gar nicht nur damit zu tun, dass sich niemand mehr im ländlichen Raum niederlassen will. Vielmehr herrscht ein genereller Hausärztemangel, weil der Beruf in den vergangenen Jahrzehnten viel von seiner Attraktivität verloren hat – und das ist vor allem ein Verschulden der Politik“, meint Dr. Edelbroich und nennt die Budgetierung und Bürokratisierung als Beispiele. Weder die Aussicht, einem Patienten erklären zu müssen, dass er eine wichtige Heilmaßnahme nicht erhalten kann, weil ein Budget erreicht ist, noch der Umstand, dass zu leistende Büroarbeiten für niedergelassene und somit selbstständige Ärzte als unbezahlte Überstunden oben drauf kommen, machen den Beruf attraktiv. „Junge Ärzte, insbesondere weibliche, gehen lieber als Angestellte in medizinische Versorgungszentren. Hier genießen sie zum Beispiel einen geregelten Mutterschutz, als Selbstständige aber nicht“, hat sich Dr. Edelbroich schon viele Gedanken zum Thema gemacht.



Dass hausärztliche Versorgungszentren das Zukunftsmodell für ländliche Regionen sind, denkt auch Bürgermeister Gennies. „Es zeichnet sich deutlich ab, dass junge Ärzte lieber einem geregelten Berufsalltag als Angestellte in einem Versorgungszentrum nachgehen, als sich als selbstständige Ärzte niederzulassen – verständlicherweise.“ Seine Forderung an die Landespolitik lautet deshalb, die Einrichtung solcher Zentren massiv zu fördern. „Zwar versucht das Land, Versäumtes nachzuholen, indem beispielsweise mehr Studienplätze geschaffen werden, doch das bringt uns auch frühestens in zwölf Jahren neue Ärzte. Wir steuern aber jetzt auf eine massive Versorgungslücke zu“, so Gennies.

Dr. Edelbroich ließ sich 1987 in Denklingen nieder – und traf diese Entscheidung ganz bewusst. Seine Kindheit und Schulzeit verbrachte er im Sauerland, zum Studium ging er nach Bonn und absolvierte anschließend sein praktisches Jahr in Waldbröl. „Vielleicht habe ich nie ein Verlangen nach der großen Stadt entwickelt, weil ich nie in einer gelebt habe. Auch Bonn kann man ja nicht als Metropole bezeichnen“, erinnert er sich an die Zeit während seines praktischen Jahres zurück. In diesem Lebensabschnitt entschied er sich, in der Region zu bleiben und als sich 1987 die Chance ergab, sich in Denklingen niederzulassen, ergriff er sie gerne. 

Nun hofft er, dass er unter den wenigen nachrückenden Kollegen doch noch bis zum Sommer einen findet, der es ihm gleichtun möchte. „Denklingen und die Region haben ja auch viel zu bieten. Schulen, Lebensmittelmärkte und alle anderen Geschäfte des alltäglichen Bedarfs sind fußläufig erreichbar, es gibt tolle Wandermöglichkeiten und Wohnraum kann hier noch zu günstigen Preisen in einer tollen Umgebung gemietet oder gekauft werden“, sieht er durchaus die Standortvorteile seiner Wahlheimat. Den oder die Person zu finden, die die Praxis übernehmen will, gleicht dennoch der Suche einer Nadel im Heuhaufen – immerhin gibt es in Nordrhein laut Kassenärztlicher Vereinigung derzeit insgesamt rund 250 offene Hausarztsitze, die meisten davon in ländlichen Gebieten wie Denklingen.

Weitere Informationen zur Lage und Ausstattung der Praxis gibt es unter anderem hier. Besichtigungstermine können direkt mit Dr. Edelbroich verabredet werden, Tel.: 02296 8677, E-Mail: Praxis@edelbroich.de. Fotos sind in der Galerie zu finden.
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