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„Nie dagewesene Schlammschlacht“ vor der Sommerpause

fj; 25. Jun 2015, 11:40 Uhr
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„Nie dagewesene Schlammschlacht“ vor der Sommerpause

fj; 25. Jun 2015, 11:40 Uhr
Engelskirchen – Ungewohnt hitzig ging es in der gestrigen Sitzung des Engelskirchener Gemeinderats zu – SPD und Grüne fanden deutliche Worte für Anfrage der CDU, hinter der sie eine billige Wahlkampf-Methode vermuteten.
Als blamablen Versuch, einen hochangesehenen Bürger der Gemeinde zu kriminalisieren, bezeichnete Doris Schuchardt-Kaganietz, Fraktionsvorsitzende der SPD, die Anfrage, die die Engelskirchener Christdemokraten in die gestrige Sitzung des Gemeinderates einbrachten. Nachdem sich der CDU-Bürgermeisterkandidat schon in der Sitzung am 15. April um die Gremientätigkeiten und die daraus resultierenden Erlöse des amtierenden Rathauschefs, DR. Gero Karthaus, sorgte (400 €, die der Bürgermeister komplett spendet), war es nun der Christdemokrat Jochen Bürstinghaus, der sich um die Reisekostenvergütung sowie den Neuwagen mit dazugehörigem Leasingvertrag des Bürgermeisters Sorgen machte.

Die Gemeinde hat das Angebot eines örtlichen Autohauses angenommen und einen Mercedes nur mittelbar für den Bürgermeister geleast. Die Zulassung auf die Gemeinde war die Voraussetzung für günstige Konditionen, die jedoch allein der Bürgermeister aus seiner privaten Tasche trägt. Auch für alle anderen Kosten – vom Benzin bis hin zur Autowäsche - kommt der Rathauschef, der den Wagen sowohl dienstlich als auch privat nutzt, selbst auf. Pro Monat zahlt ihm die Gemeinde eine Pausch-Reisekostenvergütung in Höhe von 250 €. Allein für ein Dienstfahrzeug des Ordnungsamtes müssten dagegen durchschnittlich rund 450 € monatlich aufgewendet werden, erklärte Karthaus. „Im Oberbergischen Kreis haben von 13 Städten und Gemeinden elf Bürgermeister einen Dienstwagen, der ausschließlich von der Kommune finanziert wird. Nirgendwo gibt es so eine günstige Lösung wie in Engelskirchen und darauf bin ich stolz“, beantwortete Karthaus ruhig die Fragen der CDU.


Dort drückte der Schuh aber noch an einer anderen Stelle, denn auch der Bücherverkauf des Autors Karthaus an die Gemeinde bereitete den Christdemokraten Bauchschmerzen. Doch auch dieser Schuss ging angesichts der Erklärungen von Verwaltung und Bürgermeister, der diese Themen bewusst im öffentlichen Teil der Sitzung behandelte, ins Leere: Schon bevor Karthaus als Bürgermeister ins Rathaus einzog, kaufte die Gemeinde seine Bücher, die sich unmittelbar mit dem Oberbergischen und Engelskirchen beschäftigen, damit Vertreter aus Rat und Verwaltung diese als Geschenke bei Feierlichkeiten wie Jubiläen von Vereinen oder Personen, übergeben konnten. Die Bücher fanden großen Anklang, warum sie neben Blumen und den Engelskirchener Engeln weiterhin als Präsente überreicht wurden und werden. Durch den Bücherkauf direkt beim Autor konnte die Gemeinde Preisnachlässe von über 40 Prozent gegenüber dem Buchhandel erzielen.

Kathrin Moll, stellvertretende Bürgermeisterin und Mitglied der CDU, distanzierte sich von ihren Fraktionskollegen und stellte klar, dass sie diese Art der Anfragen ablehnt. Dafür gab es anerkennendes Klatschen aus den anderen Fraktionen, die dann das Feuer auf die CDU eröffneten. Als nie dagewesene Schlammschlacht, die jedes Niveau vermissen lasse, betitelte SPD-Frau Schuchardt-Kaganietz die Anfrage. Für sie war klar, aus welcher Richtung der Wind wehte: „Dieser Sachverhalt wurde im Ältestenrat längst eingehend besprochen und ihnen wurden auch weitere Gespräche angeboten. Das war ihnen aber wohl nicht öffentlich genug. Ganz bewusst inszenieren Sie dieses Theater kurz vor der Wahl um Ihren eigenen Kandidaten nach vorne zu bringen. Aber nun sagen Sie doch endlich mal, was die CDU und ihr Kandidat will und führen sie einen ordentlichen Wahlkampf, statt so einer niveaulosen Schlammschlacht.“

Auch Helmut Schäfer, Fraktionsvorsitzender der Engelskirchener Grünen, riet der CDU zur internen Klausur mit dem Thema „Wie führe ich einen ordentlichen Wahlkampf?“ und fragte sich, ob man bei den Christdemokraten so aus dem letzten Loch pfeife, dass man zu solchen Maßnahmen greifen müsse. „Damit haben Sie sich keinen Gefallen getan, so etwas zieht beim Wähler nicht“, so Schäfer. Selbst die Verwaltung ließ in Person von Norbert Hamm verlauten, dass sie diese Art der Anfrage durchaus überrascht hatte.

So leistete sich der Rat vor seiner Sommerpause nochmal eine Debatte, die ihn ihrer Heftigkeit ungewöhnlich für dieses Gremium war. Mehr Einigkeit zeigten die Ratsmitglieder zuvor beim Thema Feuerwehr. Mit einstimmiger Mehrheit beschlossen die Ratsmitglieder, die Gemeindebrandinspektoren Armin Bockheim und Guido Lemmer zu stellvertretenden Leitern der Freiwilligen Feuerwehr zu ernennen. Die Ernennung erfolgte als Ehrenbeamter für die Dauer von sechs Jahren.

Rat kurz und kompakt

- Auf Antrag der FDP-Fraktion beschloss der Rat, nach der Sommerpause einen Arbeitskreis zum Thema „Offenes WLAN in der Gemeinde Engelskirchen“ zu bilden.

- Die von den Grünen beantragte Baumschutzsatzung wird als Thema in den Planungs- und Umweltausschuss verschoben und dort diskutiert.

- Die FDP forderte den Rat auf, eine Resolution zu verabschieden, durch die die Landesregierung dazu aufgefordert wird, die Kosten der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge und asylbegehrenden Menschen in voller Höhe an die Kommunen zu erstatten. Einstimmig wurde der Vorschlag der Grünen angenommen, diesen Appell auch an den Bund zu richten.
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