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Prügel-Quartett bleibt in Haft

pn; 5. Jul 2017, 03:30 Uhr
Archivbild: Das Bonner Landgericht verwehrte den vier Angeklagten die erhofften Bewährungsstrafen.
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Prügel-Quartett bleibt in Haft

pn; 5. Jul 2017, 03:30 Uhr
Waldbröl/Bonn - Vier junge Männer müssen nach dem Urteil des Landgerichts Bonn für mehrere Jahre hinter Gitter, nachdem sie im Herbst vergangenen Jahres einen 40-Jährigen so schwer verletzten, dass er an den Folgen starb.
Von Peter Notbohm


Mit gesenkten Köpfen saßen die Angeklagten während der knapp 90-minütigen Urteilsverkündung des Bonner Landgerichts neben ihren Anwälten und lauschten dem Vorsitzenden Richter Dr. Volker Kunkel, der sie gerade zu mehrjährigen Haftstrafen wegen Körperverletzung mit Todesfolge in einem minder schweren Fall sowie Beteiligung an einer Schlägerei verurteilt hatte. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass das Quartett im vergangenen September einen 40-jährigen Familienvater so massiv verprügelt hatte, dass dieser knapp eine Woche später an den Folgen verstarb.

Die beiden damals Heranwachsenden Anton B. und Max Z. (alle Namen geändert) wurden zu vier Jahren beziehungsweise drei Jahre und sechs Monaten nach Jugendstrafrecht verurteilt. Der 22-jährige Bastian D. muss ebenfalls für vier Jahre hinter Gitter. Die geringste Strafe erhielt der 35-jährige Bruder von Max Z., der das Opfer während der burtalen Attacke "nur" ein einziges Mal geschlagen hatte. Das Gericht belegte ihn mit einer Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten.


Im Rahmen der Hauptverhandlung sah es die Kammer als erwiesen an, dass das Quartett sich am Abend des ersten September zunächst in geselliger Runde mit Bier und Wodka betrunken habe und dabei zufällig auf das Thema Flüchtlinge gekommen sei. Aufgrund negativer Erfahrungen sei der Vorschlag aufgekommen, diese in Waldbröl aufmischen zu gehen. „Irgendwer hatte erzählt, die Schwester eines Bekannten sei von einem Flüchtling belästigt worden“, so der Richter zu den Beweggründen. Im Stadtzentrum wurden die Männer schnell fündig und legten sich mit drei Asylsuchenden an. Diese zeigten sich allerdings recht wehrhaft und konnten schließlich entkommen.


Damit war die Wut des Quartetts aber keineswegs verraucht, als es zufällig auf das spätere Opfer traf. Dieses war seinerseits stark alkoholisiert - Die Ärzte stellten im Nachhinein einen Alkoholwert von 2,3 Promille fest – und suchte seinerseits sofort die Konfrontation, nachdem es bereits am Vorabend einen Streit zwischen den beiden Parteien gegeben hatte. Die Täter versuchten Klaus B. zunächst noch zu verscheuchen, dieser provozierte jedoch immer weiter und beleidigte die Männer auf russisch. Nachdem der erste Schlag durch Bastian D. passiert war, eskalierte die Situation schnell. „Die Angeklagten wollten ihre aufgestauten Aggressionen an ihm abbauen“, meinte der Richter. Das Opfer sei mehrfach zu Boden gegangen, dabei auch zusammengetreten worden, habe sich aber auch immer wieder aufgerappelt, um seinerseits weiterzumachen, ehe Anton B. zum fatalen Schlag ausholte.


Der 40-Jährige sei daraufhin ohnmächtig zusammengesackt und mit dem Hinterkopf auf dem Parkplatz des ansässigen Getränkemarktes hart aufgeschlagen. Die Täter hätten sofort das Weite gesucht, war sich das Gericht sicher. Den Behauptungen, dass man das Opfer noch in eine stabile Seitenlage gebracht habe, schenkte die Kammer keinen Glauben. Zwar sei Klaus B. später wieder ansprechbar gewesen, hatte zu diesem Zeitpunkt aber bereits tödliche Kopfverletzungen erlitten, an denen er neun Tage später im Siegener Krankenhaus verstarb. Diese waren im Gummersbacher Krankenhaus zunächst nicht festgestellt worden. Einen grob fahrlässigen Ärztefehler schlossen die Richter dennoch aus. „Das Opfer hatte massive Ödeme am Gehirn und einen Schädelbruch. Ihm war nicht mehr zu helfen“, stütze sich Kunkel in seiner Begründung auf einen Gutachter, der von einer irreparablen Verletzung gesprochen hatte.


Eine Notwehr schloss der Vorsitzende ebenfalls aus und schenkte vor allem der Aussage des unbeteiligten Cousins von Anton B. einen hohen Stellenwert bei. Die Angeklagten hatten noch behauptet, das Opfer habe sie mit einer Flasche bedroht. Hiervon hatte der Zeuge allerdings nichts gesehen. Auch den von seinem Anwalt geforderten Freispruch für Peter Z., der sich noch am wenigsten an der Schlägerei beteiligt hatte, bügelten die Richter aufgrund der Aussage ab. „Der während der Flüchtlingsjagd Aggressivste soll plötzlich der Friedlichste gewesen sein. Das ist lebensfremd“, so der Richter, der den Tätern allerdings zu Gute hielt, dass sie sich weitestgehend geständig und reuig gezeigt hatten. Auch, dass das Opfer, dessen Familie dem Prozess fern geblieben war, sich äußerst aggressiv verhalten habe, wurde letztlich zu Gunsten der Vier ausgelegt, die nun für mehrere Jahre ins Gefängnis müssen.
  
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