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Da rockten die Dudelsäcke: "1. Celtic Rock Indoor" mit "Corvus Corax"

ms; 1. Feb 2004, 06:22 Uhr
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Da rockten die Dudelsäcke: "1. Celtic Rock Indoor" mit "Corvus Corax"

ms; 1. Feb 2004, 06:22 Uhr
(ms/18.1.2004-21:55) Von Martin Sallge
Gummersbach - Das erste Festival unter dem Namen "Celtic Rock", das nicht unter freiem Himmel stattfand, ließ gestern den Steinberg beben.
[Bilder: Oliver Mengedoht --- Nach In Extremo 2001sowie beim letzten Mal Schandmaul und Subway to Sally war den Veranstaltern diesmal mit Corvus Corax erneut ein würdiger "Headliner" gelungen.]

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"Metal will never die!" kreischte Fuchs, seines Zeichens Frontmann der Death Metal-Formation "Die Apokalyptischen Reiter", gestern Abend ins Mirkofon und brachte damit die Menge zum Toben. Besagte Menge bestand aus rund 650 Jugendlichen und jung Gebliebenen, die sich zum Celtic Rock Indoor-Festival in der Gummersbacher Stadthalle eingefunden hatte. Besagte Death Metal-Formation gehörte zu einer von sieben Gruppen, die mit rockigen und mittelalterlichen Klängen über zwölf Stunden an Programm ausfüllen konnten.



[Die Gummersbacher Lokalmatadorin Jessica Thierjung hatte mit ihrer Formation "Lyriel" den ersten Auftritt.]

Nachdem sich das Celtic Rock bereits in den zwei vergangenen Jahren als Open Air-Festival einen Namen machen konnten, wollte das Veranstalter-Duo von Valperz Event Management, Dirk Zimmermann und Andreas Tabor, auch im Winter ein entsprechendes "Event" auf die Beine stellen. Und das ist ihnen - so belegen die Reaktionen des Publikums am gestrigen Samstag - vollkommen gelungen. "Wir sind sehr zufrieden, dafür, dass es die erste Hallenveranstaltung dieser Art ist", bestätigte Tabor am Ende des Abends.

Was die musikalische Auswahl betrifft, bewiesen die beiden jedenfalls auch dieses Mal wieder ein glückliches Händchen: Es wechselten sich lokale wie überregionale Bands, metallisch massive wie mittelalterlich melodische Gruppen ab, um den unterschiedlichen Geschmäckern auch etwas zu bieten. Und apropos bieten: Auch über die Musik hinaus war für die passende Atmosphäre gesorgt, an den Getränkeständen gab es zu den nicht ganz ins Ambiente passenden Erfrischungen wie Kölsch und Cola auch "Wikingerblut" (Met mit Kirschsaft) und allerlei mittelalterliche Accessoires wie Trinkhörner oder Fellumhänge wurden neben den CDs der Künstler zum Verkauf angeboten.



["Verrückt" wäre noch geschmeichelt, wenn es darum ginge, die Apokalyptischen Reiter zu beschreiben.]

Die musikalische Spannweite jedenfalls wurde bereits klar, während man der Gummersbacher Lokalmatadorin Jessica Thierjung und ihrer Formation "Lyriel" lauschte, die bereits am frühen Nachmittag den Anfang machen sollte. Melodiöse Gitarrenklänge umspielten liebevoll die kraftvolle Stimme der aufwändig gewandeten Sängerin. Bei derartiger Stimmgewalt übersah man die leichte Nervosität, die wohl bei jedem ersten Auftritt den Künstler überfällt.

Mit Carolin Reinhardt brachten auch die Overather "Anubiz" eine Frontfrau mit, diese sollte allerdings nicht alleine die düsteren und emotionalen Songs zum Besten geben. Auch Gitarrist Jörg Erkelenz grunzte und kreischte für das Publikum - bedeutend härter als die erste Band, aber auch das sollte noch überboten werden.



Dem treuen Besucher der Celtic Rock-Veranstaltungen sollte der Name "Orden
Ogan" noch ein Begriff sein. Die fünf Mannen aus Arnsberg waren bereits auf dem ersten Festival mit von der Partie und haben sich seitdem sehr gesteigert, was ihr Auftreten auf der Bühne betrifft. Souveräner Fantasy Metal schallte also durch die Stadthalle, um die immer größer werdende Menge im Publikum zum Headbangen und Mitgröhlen zu animieren. Besonderes Schmankerl für die Fans der ersten Stunde war dann kurz vor Ende ihres Auftritts ein Lied mit dem zweifelhaften Titel "Splattered in 'ner half minute", ein Tribut an eine von einer Windschutzscheibe erfasste Fliege - auf jeden Fall humorvoll.

Hoher Besuch aus Finnland kündigte sich mit der vierten Band des mittlerweile frühen Abends an. "Let me dream" brachten aus Helsinki den bis dato härtesten und lautesten Metal mit, den die Stadthalle in den letzten Jahren wohl gehört hat. Technisch einwandfrei gelang es der sechsköpfigen Band dennoch nicht so ganz, das Publikum für sich zu gewinnen. Vielleicht war der Gesang eine Spur zu sehr gekreischt, vielleicht die Gitarren etwas zu hart?



[Einer der "Könige der Spielleut".]

Daher war es auch wahrscheinlich nicht schlecht, jetzt etwas ruhigere und mittelalterliche Klänge "darzubieten", um im Duktus der jetzt auftretenden Spielmannen "Schelmish" zu sprechen. Mittelalterlich: ja, ruhig - denkste. Das flotte Septett verstand es nicht nur, ihre mittelalterlichen Tänze und Lieder atmosphärisch und humorvoll zu verpacken, auch die Musik selbst packte offensichtlich das "Volk" unterhalb der Bühne. Unvergesslich wird sicherlich der Schabernack bleiben, den die Bonner in einer ihrer Zugaben trieben: Gewandet als Hiphopper rappten "Luzi das L" und "Rimsbold von Tiefentann" komplizierte Sprechgesänge zu mittelalterlichen Pauken.

Das sollte aber noch nichts sein im Vergleich zu dem Chaos, das in Form von den "Apokalyptischen Reitern" und als vorletzte Gruppe die Bühne betreten sollte. Sogar die Pausenmusik illustrierte bereits, was noch kommen sollte: Biene Maja und die Schlümpfe unterstützten die fleißigen Hände auf der Bühne beim Umbau. "Verrückt" wäre noch geschmeichelt, wenn es darum ginge, die Reiter zu beschreiben. Aber der tobenden Menge gefiel offensichtlich der skurrile Mix aus Death Metal und wohldosiertem Wahnsinn. Es wurde gepogt, geheadbangt und gekreischt, was das Zeug hält - auf und unterhalb der Bühne.



Sogar so sehr, dass es später bei der letzten und wohl bekanntesten Gruppe, "Corvus Corax", den Anschein hatte, als sei etwas die Luft raus. Die acht selbsternannten "Könige der Spielleute" ließen keinen Zweifel daran, dass sie diesen Titel auch verdient hatten: Aufwändigste Schlagwerke säumten den kompletten Bühnenhintergrund, ebensolche Kostüme kleideten die Spielleute und diese sorgten auch mit ihren Dudelsäcken, Schalmeien und Flöten für die entsprechende Musik, aber so recht wollte oder konnten die Jugendlichen nicht mehr so sehr mitgehen, wie sie es noch bei den beiden Bands zuvor vermochten.



Nichtsdestotrotz beeindruckte die "erste deutsche Mittelalterband nach dem Fall der Mauer" für einen atmosphärischen Ausklang eines harten Tags für die Gäste, und eines noch viel härteren Tags für die Organisatoren. "Es verlief alles reibungslos", resümierte Veranstalter Dirk Zimmermann aber während des Auftritts sichtlich zufrieden. "Im Sommer wird es wieder ein Celtic Rock-Open Air geben", kündigte er weiter an, allerdings steht noch nicht fest, wo und mit wem dieses Festival stattfinden soll. Man munkelt, es solle sogar eine zweitägige Veranstaltung im Stile der "großen Festivals" werden.



[Der tobenden Menge gefiel der skurrile Mix aus Death Metal und wohldosiertem Wahnsinn der Apokalyptischen Reiter. ]



















["Lyriel" nennen sich die Lokalmatadoren.]

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