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Wer hilft eigentlich den Opfern?

nh; 14. Dec 2017, 14:20 Uhr
Bild: privat --- Opfer von häuslicher Gewalt wenden sich häufig an den Weissen Ring.
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Wer hilft eigentlich den Opfern?

nh; 14. Dec 2017, 14:20 Uhr
Oberberg - Recht heißt nicht immer gerecht, leider auch nicht beim Opferschutz - Barbara Reichler ist neue Außenstellenleiterin beim Weissen Ring und arbeitet eng mit den Kripo-Beamten vom Opferschutz zusammen.
Von Nils Hühn

Ein verbaler Streit zwischen Eheleuten eskaliert: Der Mann schlägt seine Frau, sperrt sie in einem Zimmer ein und verlässt die Wohnung, während die Kinder verstört zurückbleiben. „Das passiert so immer wieder“, weiß Kriminalhauptkommissar Uwe Köster aus jahrelanger Erfahrung als Polizist. In dem geschilderten Fall rief das älteste Kind die Polizei zur Hilfe, die die Frau befreiten und dem Mann im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes ein zehntägiges Rückkehrverbot in die Wohnung aussprachen. „Hier ist nicht nur die Frau, als Hauptgeschädigte das Opfer, sondern auch die Kinder“, erklärt Köster, dass die Zahl an Opfern deutlich höher ist, als die Zahl der Täter.

Bei der Oberbergischen Polizei sind vier Beamte im Kriminalkommissariat Prävention und Opferschutz tätig. Kommissariatsleiterin Elke Berges und eben Köster betreuen dabei vorrangig die Opfer. Im eingangs beschriebenen Fall wurde am nächsten Tag die Frau kontaktiert. „Wir sind keine Rechtsberatung, aber wir sind Ansprechpartner und können vermitteln“, so Berges. Die Polizisten sind auch nichts als Therapeuten zu verstehen, aber ausgewiesene Experten, die durch ihre Erfahrung wissen, wann Hilfe notwendig ist und wer helfen kann.


[Bild: Nils Hühn --- Stehen Opfern von Kriminalität zur Seite: Kriminalhauptkommissar Uwe Köster (von rechts), Kommissariatsleiterin Elke Berges, Barbara Reichler, Außenstellenleiterin des Weissen Rings, und die Erste Kriminalhauptkommissarin Marion Golde.]

Immer an der Seite der Opfer steht seit Jahrzehnten der Weisse Ring, der auch in Oberberg aktiv ist und seit 2015 eine Kooperationspartnerschaft mit der Polizei hat. Neue Außenstellenleiterin ist seit September Barbara Reichler, die sich innerhalb eines Jahres durch Schulungen das nötige Wissen angeeignet hat. Aus jahrzehntelanger Tätigkeit als Lehrerin und Schulleiterin der Jakob-Moreno-Schule hat sie große Erfahrung „und schon viel erlebt.“ Ihre neue Tätigkeit macht die Pensionärin ehrenamtlich, genau wie ihre sechs Mitstreiterinnen – Männer sind aber auch willkommen.

Meist sind es Frauen, die sich an den Weissen Ring wenden. Männer melden sich, wenn sie Opfer eines Raubüberfalls wurden. Nicht nur als Zuhörer sind die Mitarbeiter des Weissen Rings da, auch finanzielle Hilfe kann der Verein möglich machen. „Wir helfen, wo wir können“, so Reichler. Sowohl sie als auch die Polizei sieht großen Nachholbedarf in Sachen Opferschutz. Dabei nimmt dieser Bereich eine große Rolle ein, versichert die Erste Kriminalhauptkommissarin Marion Golde, Leiterin der Führungsstelle und Direktionsleiterin Kriminalität. In den vergangenen drei Jahrzehnten wurde der Opferschutz gestärkt, aber die Polizei sei auf Unterstützung durch Organisationen wie den Weissen Ring angewiesen.

Die Experten des Opferschutzes wünschen sich aber noch mehr Rechte und Unterstützung. „Recht heißt nicht immer gerecht“, weiß Kommissarin Elke Berges aus eigener Erfahrung. Ein Mann, der Zivilcourage zeigte und sich bei einem Streit einmischte, verlor dabei zwei Zähne und muss nun fürchten, auf den Kosten sitzenzubleiben. „Das Opfer-Entschädigungsgesetz muss dringend überarbeitet werden“, mahnt Köster. Auch Reichler kritisiert den Opferschutz. So habe sie einen Fall erlebt, in dem einer Frau nachgestellt wurde. Da es sich aber immer nur um kleine Straftaten handele, könne der Mann nicht belangt werden.

Opfer von Kriminalität finden sowohl beim Opferschutz der Polizei unter Tel.: 02261/81 99 -880 als auch beim Weissen Ring Hilfe. Das Notfalltelefon ist unter Tel.: 0151/551 64 656 erreichbar. Weitere Informationen gibt es unter www.oberbergischer-kreis-nrw-rheinland.weisser-ring.de. In Notfällen bleibt es aber dabei, erst einmal die 110 zu wählen.
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