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Unfallopfer musste eine Stunde auf Hilfe warten

ch; 2. Aug 2012, 00:10 Uhr
Bilder: privat.
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Unfallopfer musste eine Stunde auf Hilfe warten

ch; 2. Aug 2012, 00:10 Uhr
Wiehl – Beim Unwetter traf ein Baum das Auto eines 26-Jährigen und verletzte diesen – Doch durch eine Kommunikationspanne zwischen Polizei und Feuerwehr kam ein Rettungswagen erst nach über 60 Minuten.
Von Christian Herse

Es sind Minuten, die Sadik Cam so schnell nicht vergessen wird. „Wir waren der zweite oder dritte Wagen, der an der Unfallstelle hielt und halfen dem Fahrer aus dem Auto“, berichtet der junge Mann, der mit einem Freund auf der Oberwiehler Straße unterwegs war. Nachdem sie das 26-jährige Opfer befreit hatten, brachten sie dieses in eine nahe Garage und riefen die Polizei. Danach passierte erst einmal nichts. „Der Gesundheitszustand des Mannes wurde immer schlechter und auch Feuerwehrleute, die vorbeikamen, konnten nichts machen“, beklagt Cam. Erst nach quälenden 60 Minuten trifft schließlich ein Rettungswagen am Unfallort ein.

[Das Dach des Seats wurde komplett eingedrückt.]

Was unglaublich erscheint, ist vergangenen Freitag so in Oberwiehl geschehen. Es ist 17:15 Uhr, als ein schwerer Ast auf den fahrenden Seat kracht und dessen Dach vollkommen eindrückt. Um 17:17 Uhr wählen die Zeugen den Notruf der Polizei und sprechen dort dreieinhalb Minuten mit einem Disponenten. „In dem Gespräch redeten sie von Schnittverletzungen, die Nachfrage des Kollegen nach einem Rettungswagen wurde zögerlich bejaht“, berichtet Polizeisprecher Jürgen Dzuballe. Zeitgleich erreichen die Polizei aus dem gesamten Kreis dutzende weitere Unwetter-Notrufe, die Leitungen sind überlastet. Erst um 17:29 Uhr ist der Unfall offiziell im System angelegt. Dort jedoch nur mit der Angabe „mit Sachschaden“.

„Der Disponent konnte sich an den Notruf erinnern, aber nicht mehr zweifelsfrei bestätigen, ob er diesen auch an Feuerwehr und Rettungsdienst weitergeleitet hat“, erklärt Dzuballe auf Nachfrage von Oberberg-Aktuell. Eine Kommunikationspanne, die aufgrund der Unwetterlage zunächst nicht auffiel. Um 17:54 Uhr, 39 Minuten nach dem Unglück, wird ein weiterer Notruf abgesetzt. Dieses Mal jedoch über die "112", wodurch der Anrufer direkt bei der Feuerwehrleitstelle landete. „Wir haben dann sofort einen Rettungswagen aus Marienheide losgeschickt, der zu dieser Zeit das nächstgelegenste, einsatzbereite Fahrzeug war. Bis dahin haben wir von dem Unfall nichts gewusst“, berichtet der Ärztliche Leiter des  Rettungsdienstes, Dr. Ralf Mühlenhaus. Aufgrund der Distanz und des miserablen Wetters benötigen die Retter jedoch weitere 21 Minuten bis zum Einsatzort.


[Der Unfallfahrer musste eine Nacht zur Beobachtung im Krankenhaus verbringen.]

„Dort fanden sie einen Patienten mit Schnittverletzungen vor, der über Schmerzen im Rückenbereich klagte und zudem durch das Liegen auf dem Garagenboden leicht unterkühlt war. Zum Glück für alle Beteiligten stellten sich die Verletzungen aber als nicht schwerwiegend heraus“, führt Mühlenhaus fort. „Dennoch sollte dieser Vorfall allen aufzeigen, dass in unserem Job niemals Routine einkehren darf. Weder bei der Leitstelle, noch bei den Rettungsteams oder im Krankenhaus.“ Gleichzeitig wies er aber auch auf die Bedeutung von den unterschiedlichen Notrufnummern hin: „Bei einem Verkehrsunfall ohne Personenschaden sollte man die 110 wählen, bei Unglücken mit Verletzten oder gar Eingeklemmten ist immer die 112 die erste Wahl.“

Allein während des Unglückszeitraums liefen 40 Notrufe aus dem Raum Wiehl wegen des Unwetters bei der Feuerwehr auf, die Polizei zählte insgesamt 90 Anrufe kreisweit. „In solchen Ausnahmesituationen lastet ein enormer Druck auf den Schultern der Disponenten, die die Notrufe annehmen und nach Dringlichkeit entscheiden." Zeitgleich zu dem Wiehler Unglück stürzte auch ein Baum auf ein Auto in Dümmlinghausen. Erste Notrufe sprachen hier von mehreren Verletzten und teils Eingeklemmten, sodass mehrere Feuerwehren und Rettungswagen dorthin eilten. Erst vor Ort stellte sich die Situation um einiges weniger dramatischer aus.

„Gerade bei Unwettereignissen ist es umso wichtiger, dass der richtige Ansprechpartner angerufen und die Lage detailiert geschildert wird. Denn nur so kann garantiert werden, dass die Hilfe zügig geschickt wird, die auch wirklich vonnöten ist“, so Mühlenhaus abschließend. Auch der Polizei-Disponent hat sich im späteren Einsatzverlauf noch einmal nach der Situation vor Ort erkundigt. "Da war der Rettungswagen aber schon da", merkte Cam an. Ein Streifenwagen traf um 18:40 Uhr schließlich an der Unfallstelle ein.

Der 26-Jährige hatte derweil großes Glück im Unglück. Während sein Auto Totalschaden erlitt, konnte er mittlerweile das Krankenhaus wieder verlassen.
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