POLITIK

Grünes Licht: Bergneustadt senkt Grundsteuer B

pn; 25.11.2021, 15:35 Uhr
Fotos: Michael Kleinjung ---- Kämmerer Bernd Knabe (r.) hatte schon im Vorfeld der Ratssitzung mit einem Ratsbeschluss für eine Senkung der Grundsteuer B gerechnet und seine Zahlen im Haushalt angepasst.
POLITIK

Grünes Licht: Bergneustadt senkt Grundsteuer B

  • 0
pn; 25.11.2021, 15:35 Uhr
Bergneustadt – Rat verabschiedet Haushaltsplan für das kommende Jahr – Grundsteuer B-Senkung mit knapper Mehrheit beschlossen – SPD schimpft über nicht gegenfinanzierte Symbolpolitik.

Von Peter Notbohm

 

Seit Jahren ächzen Grundstückseigentümer in Bergneustadt unter der hohem Hebesatz der Grundsteuer B. Die 959 Prozent des Stärkungspaktes bedeuteten über viele Jahre nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern phasenweise auch bundesweit einen Rekord-Hebesatz. Und auch für dieses Jahr sah der Haushaltsentwurf, den Kämmerer Bernd Knabe Anfang Oktober vorgestellt hatte, zunächst keine Entlastung vor. Im Wahlkampf hatten einige Parteien noch offensiv damit geworben, sich endlich dem heiklen Thema anzunehmen.

 

In den Haushaltsberatungen der vergangenen Wochen ist aber noch einmal Bewegung in die Thematik gekommen. Mit der UWG (Senkung auf 865 Prozent) und der CDU (Senkung auf 895 Prozent) hatten gleich zwei Parteien einen Antrag auf Senkung der Grundsteuer B für die gestrige Ratssitzung im Bergneustädter Krawinkelsaal gestellt. Wie uneins die politischen Vertreter waren, zeigte sich in der leidenschaftlich geführten Diskussion.

 

WERBUNG

Der UWG-Fraktionsvorsitzende Jens-Holger Pütz sprach davon, dass man den Bürger lange genug drangsaliert habe, Reinhard Schulte, CDU-Fraktionsvorsitzender, nannte es eine Frage der Ehrlichkeit: „Wir haben es den Bürgern versprochen. Wenn wir jetzt nicht senken, haben wir unseren Job verfehlt.“ Auch Wolfgang Lenz (FDP) kündigte an, den CDU-Antrag unterstützen zu wollen, „auch wenn es nur psychologische Makulatur ist – darüber müssen wir uns alle klar sein.“ Der Betrag sei zudem immer noch erdrückend.

 

[Daniel Grütz (r.) kritisierte die Anträge von CDU und UWG scharf.]

 

Den Begriff der Makulatur nahm der SPD-Fraktionsvorsitzende Daniel Grütz dankend auf und sprach von purer Symbolpolitik, die nicht solide gegenfinanziert sei: „Wir verwenden nicht real vorhandenes Geld aus dem Corona-Isolierungsgesetz, um Steuern zu senken.“ Auch die SPD wolle eine Senkung der Grundsteuer B, die wirtschaftliche Lage gebe es aber nicht her, der Kämmerer habe dies im Haupt- und Finanzausschuss auch ausführlich vorgerechnet. Zumal die Entlastung für die Bürger auch kaum spürbar sei: Im Durchschnitt habe jeder Bürger knapp drei Euro mehr im Monat in der Tasche. Außerdem würde es sich nur um eine kurzzeitige Senkung handeln. Aus formalen Gründen in der mittelfristigen Planung müssen bereits für 2023 wieder 959 Prozent im Haushalt ausgewiesen werden.

 

[Die Grünen sprachen sich wie die SPD und die FWGB gegen eine Senkung des Hebesatzes aus.]

 

Roland Wernicke (Grüne) warnte zudem, dass man mit einem solchen Beschluss, das Bärenfell bereits verteile, bevor der Bär überhaupt erlegt sei – beide Anträge setzen Rückzahlungen aus dem noch nicht beschlossenen Nachtragshaushalt des Kreises voraus. In dieselbe Kerbe schlug auch der Fraktionsvorsitzende der FWGB Mehmet Pektas: „Wir haben das Geld noch nicht in der Tasche. Wir sollten in den kommenden Jahren intensiv daran arbeiten, die Einnahmen kontinuierlich zu erhöhen, um die Grundsteuer B auf ein vernünftiges Niveau zu bringen.“

 

Bürgermeister Matthias Thul (Foto) sprach sich für die Senkung aus. Kämmerer Knabe habe in den vergangenen Jahren hervorragende Arbeit geleistet und ein Minus von 14 Millionen Euro nicht nur auf Null gesetzt, sondern auch eine Rücklage in Höhe von 5,5 Millionen Euro aufgebaut. „Dazu haben auch unsere Bürger ihren Teil beigetragen. Ist es da nicht mehr als fair, etwas zurückzugeben, wenn es uns möglich ist?“, wolle er sich an sein Wahlkampfversprechen halten. Während der UWG-Antrag mit breiter Mehrheit abgelehnt wurde, stimmten 18 Ratsmitglieder für den CDU-Antrag, 16 dagegen. Im Haushalt sorgt dies für 380.000 Euro weniger Einnahmen. Knabe rechnet demnach nur noch mit einem Jahresgewinn von 615.903 Euro.

 

Um genau diesen Haushalt ging es im Anschluss. Reinhard Schulte lobte in seiner Rede die Arbeit von Kämmerer Knabe und sieht die Politik im kommenden Jahr gefordert, die begonnenen Projekte umzusetzen. Eine Verbesserung der Einnahmesituation der Stadt könne nur mit neuem Gewerbe geschehen: „Daher treiben wir den Ausbau der Gebiete Schlöten II und Dreiort weiter voran." Daniel Grütz kritisierte die Landespolitik, die mit Isolierungserträgen Schulden für die kommende Generation aufbaue. „Wir als Kommune müssen dringend unternehmerisch tätig werden. Mit Sparpolitik ein Gemeinwesen zukunftsfest zu machen, ist eine wirtschaftlich absurde Idee aus der neoliberalen Kiste.“

 

Jens-Holger Pütz erklärte, dass seine Partei dem Haushalt mit Bauchschmerzen zustimmen werde: „Wir müssen uns vom Prinzip 'Ich wünsche mir was' verabschieden.“ Die Haushaltsplanung müsse künftig mehr für den Bürger geplant werden. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Hoene sprach von einer „tickenden Defizit-Bombe“ und brachte eine Nachhaltigkeitssatzung ins Spiel mit der eine erneute Überschuldung verhindert werden soll: „Ziel ist es, kommenden Generationen keinen Schuldenberg zu hinterlassen.“

 

Axel Krieger nutzte seine Haushaltsrede für eine Generalabrechnung mit der Bundes- und Weltpolitik und kritisierte nochmals die zuvor beschlossene Grundsteuer B-Senkung, weshalb man dem Haushaltsentwurf auch nicht mehr zustimmen könne: „Lassen sie uns Bergneustadt positiv umweltbewusst und sozial umkrempeln.“ Mehmet Pektas (Foto) forderte in Zukunft die Fokussierung auf Industrieunternehmen und warnte vor künftig nicht ausgeglichenen Haushalten: „Im schlimmsten Fall übernehmen die Inspektoren der Landesregierung tatsächlich die Kontrolle über unsere Finanzen, so dass wir sogar den Grundsteuer-B-Satz von 959 Prozent vermissen würden. Der Haushalt wurde anschließend einstimmig bei Enthaltungen der Grünen und der FWGB verabschiedet.

KOMMENTARE

0 von 800 Zeichen
Jeder Nutzer dieser Kommentar-Funktion darf seine Meinung frei äußern, solange er niemanden beleidigt oder beschimpft. Sachlichkeit ist das Gebot. Wenn Sie auf Meinungen treffen, die Ihren Ansichten nicht entsprechen, sehen Sie von persönlichen Angriffen ab. Die Einstellung folgender Inhalte ist nicht zulässig: Inhalte, die vorsätzlich unsachlich oder unwahr sind, Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen oder verletzen könnten, pornographische, sittenwidrige oder sonstige anstößige Elemente sowie Beschimpfungen, Beleidigungen, die illegale und ethisch-moralisch problematische Inhalte enthalten, Jugendliche gefährden, beeinträchtigen oder nachhaltig schädigen könnten, strafbarer oder verleumderischer Art sind, verfassungsfeindlich oder extremistisch sind oder von verbotenen Gruppierungen stammen.
Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
WERBUNG