LOKALMIX

Stolpersteine gegen das Vergessen

ls; 16.06.2021, 14:15 Uhr
Fotos: Leif Schmittgen --- Gunter Demnig (vorne li.) verlegte heute Morgen die Stolpersteine am ehemaligen Wohnhaus der Familie Levy.
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Stolpersteine gegen das Vergessen

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ls; 16.06.2021, 14:15 Uhr
Morsbach - In Gedenken an die von den Nationalsozialisten getötete Familie Levy wurden heute Morgen vier Stolpersteine von Gunter Demnig verlegt.

Von Leif Schmittgen


Die jüdische Familie Levy mit Vater Albert, Mutter Selma und den Kindern Hans-Hermann und Brunhilde ist Ende Juli 1942 im weißrussischen Maly Trostniec von Nationalsozialisten getötet worden, nachdem sie am 12. Juli desselben Jahres aus Morsbach-Niederwarnsbach deportiert worden waren. Vor dem ehemaligen Wohnhaus, wo der aus Hessen stammende Steinbrucharbeiter und spätere Metzger seit 1934 lebte, verlegte am heutigen Morgen der Künstler Gunter Demnig vier Stolpersteine in Erinnerung an die Familie.

 

Dass die Gäste diese Informationen vor Ort von Initiator Christoph Buchen (Foto) vom Heimatverein überhaupt mitgeteilt bekamen, war keine Selbstverständlichkeit: „Als ich Mitte der 70er das Gemeindearchiv übernahm, waren die Morsbacher sehr schweigsam“, meinte Buchen. Trotzdem sei es 1999 anhand von Zeitzeugen möglich gewesen, die damaligen Ereignisse zu recherchieren. Demnach ist die Familie an einem Sonntagmorgen zu Fuß von der Zwei-Zimmer-Wohnung in Richtung Bahnhof gelaufen. Von dort ging es über Köln-Deutz nach Minsk und schließlich zum Ort ihrer Ermordung. „Von wem die Levys die Aufforderung zur Deportation bekamen, ist bis heute unbekannt“, berichtete Buchen.

 

 

Dass man über den Holocaust im Oberbergischen wenig wisse, merkte auch der Vorsitzende der Oberbergischen Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Wolfgang Birkholz, an. Er appellierte an den Kreis, Forschungsmittel zur Verfügung zu stellen. Tobias Schneider, stellvertretender Landrat, versprach, das Anliegen an die entsprechenden Stellen weiterzuleiten. Morsbachs Bürgermeister Jörg Bukowski danke auch der Familie Zimmermann. Auf deren Grundstück wurden die Stolpersteine als „Signal für die Mitbürger“ und gegen das Vergessen verlegt, nachdem der Rat dem Antrag Buchens im vergangenen Jahr zugestimmt hatte. Bridget King und Johannes Klüser begleiteten die Gedenkstunde musikalisch.

 

 

Gunter Demnig und die Stolpersteine

 

 

Der 73-jährige in Berlin geborene Künstler Gunter Demnig hegte 1992 erste Gedanken, mit Stolpersteinen ein Zeichen gegen das Vergessen zu setzen. 1996 verlegte er in Berlin-Kreuzberg die ersten Steine. „Ohne behördliche Genehmigung“, wie er betont. Bis heute befinden die Gedenksteine aber an ihrem Platz. Inzwischen hat Demnig in 26 Ländern Europas rund 90.000 Stolpersteine verlegt.

 

Mit seinem voll beladenen Transporter (Foto) plant der Künstler Touren im Zwei-Wochen-Rhythmus und fährt täglich bis zu drei Orte an. „Ein Ende ist nicht abzusehen." Auf seinen Reisen verlegte er unter anderem bereits Steine in Nümbrecht und Waldbröl. Die Stolpersteine gelten als das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Der Versuch, Denkmäler am Ort der Ermordung der Familie Levy zu installieren, scheiterte laut Demnig an einer Genehmigung der belarussischen Behörden. Stattdessen wolle man dort auf andere Art der Opfer des Holocausts gedenken, wurde dem Künstler mitgeteilt.

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