LOKALMIX

Kirchen in der vierten Welle: Besondere Rechte, besondere Pflichten

lw, ks; 02.12.2021, 11:52 Uhr
Foto: Michael Kleinjung.
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Kirchen in der vierten Welle: Besondere Rechte, besondere Pflichten

lw, ks; 02.12.2021, 11:52 Uhr
Oberberg – Der evangelische Superintendent Michael Braun und Kreisdechant Christoph Bersch über den Umgang mit der Pandemie in der Adventszeit.

Von Katharina Schmitz und Lars Weber

 

Die vierte Welle in dieser Pandemie geht in eine wichtige Phase. Die Infektionszahlen erreichen neue Höhen und damit auch die Inzidenz. Viele Veranstaltungen wurden bereits abgesagt, die Politik berät über weitere Konsequenzen, selbst ein weiterer Lockdown scheint möglich. Mittendrin in dieser Entwicklung liegt ein besonderes Augenmerk auf den Kirchen. Vor einem Jahr wanderten sämtliche Angebote ins Netz aus, Gottesdienste waren zeitweise nicht gestattet. Damit wurde die Sonderrolle der Kirchen – die Ausübung der Religionsfreiheit ist im Grundgesetz verankert – stark beschnitten. So weit ist es in diesem Winter noch nicht. Die beiden großen Kirchen machen sich den Umgang mit der jetzigen Situation nicht einfach, wie sie auf Nachfrage von OA betonen, wollen ihren Gläubigen aber in der Adventszeit Angebote machen.

 

Michael Braun, Superintendent des evangelischen Kirchenkreises An der Agger, weiß natürlich um die Sonderstellung der Kirchen, insbesondere in solch einer Situation. „Besondere Rechte bringen auch besondere Pflichten mit sich“, sagt er. Nach guten Gesprächen mit dem Kreis, die gemeinsam mit den katholischen Vertretern geführt wurden, sei deutlich geworden, dass die Kirchen eigenverantwortlich für Angebote zuständig sein sollen. „Wir haben uns dann im Kirchenkreis ausgetauscht und haben die Diskussion in die Kirchengemeinden getragen.“ Denn diese sind letztlich in der Verantwortung, ob eine Veranstaltung stattfindet und wenn ja, unter welchen Bedingungen. In den mehr als eineinhalb Jahren seit Pandemiebeginn seien dort viele Erfahrungen gesammelt worden.

 

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Es habe viele Sondersitzungen in den Gemeinden gegeben. „Es herrschen ganz unterschiedliche Gegebenheiten vor, was zum Beispiel das Raumangebot angeht“, so Braun. Beispielsweise werde die Frage, ob Gesang aufgrund der Ansteckungsgefahr erlaubt sein soll, unterschiedlich beantwortet. In machen Gemeinden wird mit Maske gesungen, in anderen ganz aufs Singen verzichtet, dann übernehmen einzelne Solisten den Gesang. Auch in den katholischen Gemeinden werde gesungen. „Aber mit Maske“, betont Kreisdechant Christoph Bersch und ergänzt, dass es bislang zu keinem Corona-Ausbruch gekommen sei. Anders sei das bei den Chören: „Da gab es schon Ansteckungen.“ Einige Chöre hätten den Probenbetrieb bereits eingestellt, andere Sänger würden sich in kleinen Gruppen zusammenfinden – allerdings nicht mehr in den Pfarrheimen, sondern in den weitaus größeren Kirchen.

 

Die Gottesdienste der katholischen Gemeinden finden zu den gewohnten Zeiten statt. Konzerte seien hingegen kaum geplant worden. Lediglich im November hätten einige Konzerte stattgefunden. Eine für den ersten Advent geplante Veranstaltungen wurde abgesagt. „Für den Dezember haben wir nichts geplant, somit fällt auch nichts aus. Da waren wir vorsichtig“, sagt Bersch. Die evangelische Kirchengemeinde Nümbrecht wiederum hat zum Beispiel das Adventskonzert mit dem kanadischen Musiker Danny Plett, das für den 9. Dezember geplant war, lieber direkt in den Frühsommer verschoben. Die Gottesdienste sollen nach jetzigem Stand stattfinden, teils in 3G, teils mit 2G, teils mit 2G plus. All dies ist konform mit der Corona-Verordnung. Gleichzeitig laufen laut Braun die Vorbereitungen, um auch online wieder verstärkt ein Angebot vorzuhalten.

 

Die Rückmeldungen zum jetzigen Angebot seien sehr unterschiedlich ausgefallen, sagt Braun. Manche Gläubigen fragten danach, wo der nächste Gottesdienst mit 2G-Plus stattfindet. „Andere fühlen sich ausgeschlossen und sagen, dass das Vorgehen unchristlich ist.“ Diesen Vorwurf könne er nicht nachvollziehen. „Wir haben vielfältige Angebote für die alle Menschen in dieser Zeit.“ Auch wenn die letzte Verantwortung beim jeweiligen Pfarrer liegt, so scheinen für die Gottesdienste der katholischen Gemeinden einheitlichere Regeln zu gelten: So würden die Gottesdienste Bersch zufolge in Oberberg Süd seit vergangenem Wochenende unter der 3G-Regel stattfinden, für Oberberg Mitte gäbe es derzeit keine verbindliche G-Regel – hier seien die Gläubigen gehalten, sich an die Hygienemaßnahmen zu halten sowie Masken zu tragen und Abstand zu waren. „Ansonsten hätten wir einen Flickenteppich. Die Leute würden rumreisen, aber wir wollen doch Kontaktreduzierungen“, so der Kreisdechant.

 

[Kreisdechant Christoph Bersch]

 

Braun weiß, dass dies alles nur eine Momentaufnahme ist. „Wir beobachten die Situation natürlich.“ Bersch geht davon aus, dass es eine Zäsur sein wird, sollte bei der Inzidenz eine Höhe von 500 überschritten werden: „Wir sind selbst am Ringen und Tasten und überlegen, was verantwortbar ist.“ Derzeit seien die Gottesdienste „nicht sehr voll“, und trotzdem hofft der Kreisdechant bei diesem dynamischen Infektionsgeschehen, sich an Entscheidungen der Politik und des Erzbistums orientieren zu können. Auch Braun vermutet, dass es noch zu weiteren Veränderungen kommen wird: „Wir werden schnell reagieren.“

 

Und Weihnachten? Unter anderem ist gemeinsam mit der katholischen Kirche ein großer Open-Air-Gottesdienst Heiligabend auf dem Hackenberg geplant. Braun: „Vieles ist noch unklar, was Weihnachten angeht. Fest steht aber, dass wir für die Menschen in dieser Zeit da sein möchten.“

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