LOKALMIX

„Für eine Tasse Kaffee lässt man sich nicht testen“

ks, pn; 07.01.2022, 12:45 Uhr
Fotos: Michael Kleinjung, Peter Hartkopf ---- Nicht nur im Gummersbacher Kunstwerk befürchtet man nach dem ohnehin schon schwachen Dezember durch die neuen Coronamaßnahmen weitere Umsatzeinbußen.
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„Für eine Tasse Kaffee lässt man sich nicht testen“

ks, pn; 07.01.2022, 12:45 Uhr
Oberberg - Politik will 2G plus in Cafés und Restaurants - Oberbergische Gastronomen und Hoteliers klagen über Umsatzeinbußen durch Corona-Maßnahmen.

Von Katharina Schmitz und Peter Notbohm

 

Die Zeiten der schnellen Tasse Kaffee beim Bäcker oder des spontanen Mittagstischs im Restaurant dürften vorerst vorbei sein. Menschen ohne Impfschutz dürfen schon länger nicht mehr Platz nehmen, heute werden die Corona-Maßnahmen für die Gastronomie vermutlich nochmals verschärft. Das Vorbild ist Hamburg, der Expertenrat der Bundesregierung fordert es für ganz Deutschland: 2G plus für die komplette Gastronomie.

 

Das geht aus der Beschlussvorlage der Ministerpräsidentenkonferenz hervor, die bereits gestern Abend an die Öffentlichkeit gelang. Gesundheitsminister Karl Lauterbach nannte die Gastronomie im RTL Direkt-Interview einen Problembereich, da man hier oft für Stunden ohne Maske sitze. Künftig müssten demnach Gäste einen Testnachweis oder den Nachweis einer Auffrischungsimpfung vorzeigen, um in Restaurants, Bars und Cafés einen Tisch zu bekommen.

 

Gastronomie kämpft bereits mit Umsatzeinbußen im Weihnachtsgeschäft

 

Der nächste Hammer für alle oberbergischen Gastronomen, die die Wucht der vierten Corona-Welle bereits im Dezember zu spüren bekamen. Reihenweise abgesagte Weihnachtsfeiern sorgten für enorme Umsatzeinbrüche. Dabei ist das Weihnachtsgeschäft für die Gastronomie eigentlich das wichtigste Geschäft des Jahres, um die umsatzschwachen Folgemonate Januar, Februar und März aufzufangen.

 

„Ende November wurde bei uns eine Weihnachtsfeier nach der anderen abgesagt“, berichtetet auch Frank Hewel, Gesellschafter des Kunstwerks in Gummersbach und einer der Sprecher der Gastronomie Gemeinschaft Gummersbach. Am Ende habe bei ihm nur eine einzige Weihnachtsfeier stattgefunden – mit 30 Personen und freiwillig als 2G-plus-Veranstaltung, als die Corona-Schutzverordnung dies noch zuließ.

 

Sein Laden sei nicht so schlimm betroffen wie andere Gastronomen gibt Hewel zu. Die gute Lage im Forum habe immer noch für viel Laufkundschaft gesorgt, die Umsätze seien im Vergleich zu 2019 trotzdem deutlich geringer ausgefallen. „Das Minus anderer Gastronomen war noch schlimmer, dabei sind wir auf diese Gelder sehr stark angewiesen“, weiß Hewel um die Sorgen der Branche. Aufgeben will niemand, durchbeißen ist neben Kurzarbeit für viele derzeit aber die einzige Lösung.

 

Die diskutierte 2G-plus-Regelung ist aus Hewels Sicht eine Katastrophe: „Auch wenn die Tests umsonst sind, man lässt sich nicht für eine Tasse Kaffee testen.“ Er fürchtet, dass Spontanbesuche damit endgültig wegbrechen werden. Entsprechend sorgenvoll blickt er auf die kommenden Monate. „Wir als Gastronomen können nichts für die Situation und dafür, dass wir die Kontrollen durchführen müssen. Wir versuchen es trotzdem jedem Gast so angenehm wie möglich zu machen“, so Hewel.

 

Vierte Corona-Welle sorgt für leere Hotels

 

Die vierte Corona-Welle wirkt sich auch massiv auf die Hotellerie aus. So sei das Buchungsverhalten der Gäste seit Ende Oktober deutlich zurückgegangen. Insbesondere „vor Weihnachten haben wir viele Absagen erhalten“, sagte eine Sprecherin des Gummersbacher Hotels Wyndham Garden und ergänzt, dass etwa 60 Prozent der sonst üblichen Buchungen weggefallen seien. Abgesagt werden musste auch die für Silvester geplante Tanzveranstaltung, lediglich das Essen im Restaurant konnte zum Jahreswechsel angeboten werden. „Wir haben das Hotel über Weihnachten und Silvester für drei Wochen geschlossen. Das hätte sich nicht gerechnet“, so die Sprecherin.

 

[Auch beim Lindlarer Hotel „Zum Holländer“ mussten die Corona-Soforthilfen zurückgezahlt und stattdessen Kredite aufgenommen werden.]

 

Für das erste Quartal erwartet man beim Wyndham Garden kaum Buchungen für Seminare oder Tagungen, allerdings steige allmählich die Nachfrage nach Individualreisen. Einige seien bereit, das Hotel zu besuchen. Viele Gäste würden ihre geplanten Aufenthalte jedoch in die wärmeren Monate verschieben. Erst ab April rechne man wieder mit einer stärkeren Nachfrage. Derzeit gehe es der Sprecherin zufolge darum, Kosten einzusparen: „Wir überlegen, ob wir nochmal in Kurzarbeit gehen. Aktuell bauen die Mitarbeiter Urlaub ab.“

 

Auch zahlreiche Hotelbetriebe haben seit Beginn der Pandemie Mitarbeiter verloren. Davon ist neben dem Wyndham Garden auch das familiengeführte Hotel „Zum Holländer“ in Lindlar betroffen. Vier Mitarbeiter haben dem kleinen Betrieb inzwischen den Rücken gekehrt. „Die Leute haben sich umorientiert und nach Jobs geschaut, wo ihnen das nicht mehr passiert“, sagt Inhaber Peter Hartkopf und ergänzt, dass er für seine abgewanderten Mitarbeiter keinen Ersatz finde.

 

[Mariella und Peter Hartkopf, Inhaber des Hotels „Zum Holländer“ Lindlar, hoffen auf einen ähnlich lockeren Sommer wie im vergangenen Jahr.]

 

Die vierte Welle macht auch vor dem kleinen Hotel mit Restaurant nicht Halt. „Die Leute stornieren, auch alle Weihnachtsfeiern sind storniert worden“, so Hartkopf. Geschäftsleute, Monteure und Besucher der Messe in Köln blieben weg. So seien die Hotels „Zum Holländer“ und Wyndham Garden ganz direkt von der für Januar abgesagten Internationalen Möbel- und Einrichtungsmesse „imm cologne“ betroffen. Hartkopf blickt bei dieser angespannten Lage nicht sehr optimistisch auf die kommenden Monate, auch wenn er für den Sommer ähnlich lockere Verhältnisse wie im Sommer 2021 erwartet. Sorgen bereiten ihm schon jetzt wieder der kommende Herbst und Winter: „Auf Dauer können wir das nicht durchhalten."

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