POLITIK

CDU-Kreisparteitag: Aufbruch- statt Katerstimmung

pn; 28.11.2021, 22:30 Uhr
Fotos: Michael Kleinjung ---- NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (r.) hielt eine flammende Rede auf dem Parteitag der oberbergischen CDU.
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CDU-Kreisparteitag: Aufbruch- statt Katerstimmung

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pn; 28.11.2021, 22:30 Uhr
Wipperfürth – Oberbergische CDU wendet den Blick nach vorn und will bei der Landtagswahl punkten - Rede von NRW-Ministerpräsident Hendrik Würst sorgt für viel Beifall bei den Delegierten.

Von Peter Notbohm

 

Wir haben verstanden – so lautete die Hauptbotschaft des CDU-Parteitags, der sich in Wipperfürth neben dem allgegenwärtigen Thema Corona natürlich auch mit dem schwachen Abschneiden der Partei bei der Bundestagswahl beschäftigte. Man werde geschlossen und entschlossen die Lehren aus einem Ergebnis ziehen, das enttäuschend gewesen sei – so das Fazit zahlreicher Redner beim Konvent. Für den mit 90 Prozent wiedergewählten CDU-Kreisvorsitzenden Dr. Carsten Brodesser (OA berichtete) war in diesem Zusammenhang nicht der Spitzenkandidat falsch gewählt.

 

[Dr. Carsten Brodesser wurde mit einem überzeugenden Ergebnis als Kreisvorsitzender bestätigt.]

 

Es habe vor allem an Geschlossenheit zwischen den beiden Unions-Schwestern gefehlt. Auch der parteiinterne Kampf um den Bundesvorsitz habe wenig Vertrauen beim Wähler geweckt und stattdessen für Spaltung gesorgt, so der oberbergische CDU-Chef. „Wir müssen uns wieder mehr zu unseren Wurzeln bekennen“, sagte er. Er wolle nicht wiedergewählt werden, um die Vergangenheit zu konservieren, sondern weil er Lust auf Zukunft, Verantwortung und Erfolg habe, ließ er die Delegierten vor seiner Wiederwahl wissen.

 

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Viel Zeit, um sich mit den Versäumnissen der Vergangenheit aufzuhalten, bleibt der Partei ohnehin nicht. Schließlich steht in weniger als einem halben Jahr bereits der nächste Urnengang an. Und laut Umfragen könnte es eng werden für Christdemokraten und Liberale, ihre Koalition in

NRW fortzusetzen. Zumindest in Oberberg will die CDU aber ihre beiden Direktmandate verteidigen.

 

[Sehr zur Freude von Wipperfürths Bürgermeisterin Anne Loth trug sich Ministerpräsident Hendrik Wüst in das Goldene Buch der Stadt ein.]

 

Landrat Jochen Hagt schwor seine Partei darauf ein, den Wählern deutlich zu machen, dass in den vergangenen Jahren viele Investitionen in der Region durch Vermittlung der beiden oberbergischen Abgeordneten Bodo Löttgen und Peter Biesenbach ermöglicht worden seien. Diese Botschaft müsse einen wichtigen Teil des Wahlkampfs einnehmen. „Wir brauchen andere Lösungen als in Großstädten. Das müssen wir deutlich machen und ist eine Aufgabe für uns als CDU“, sagte Hagt.

 

Star des Tages war aber NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst. Seine Rede war der Höhepunkt des Kreisparteitages, nachdem sich der Landeschef zuvor in das Goldene Buch der Stadt Wipperfürth eingetragen hatte. Erst vier Wochen ist der Nachfolger von Armin Laschet im Amt, in der kurzen Zeitspanne habe er aber schnell gelernt, wie wichtig funktionierende Teams in Partei und Fraktion seien. Der Parteitag in Wipperfürth sei der erste, den er als Landesvorsitzender besuche, eine Einladung der NRW-CDU-Granden Peter Biesenbach und Bodo Löttgen habe er schlicht nicht ausschlagen können.

 

 

Natürlich ging es in Wüsts Rede zunächst um das alles dominierende Thema Corona. Der Ministerpräsident warb eindringlich für die Impfung. Sie sei der einzige Weg aus der Krise. Dass der r-Faktor zuletzt gesunken sei, mache ihm zwar Hoffnung, gleichzeitig warnte er aber vor der Omicron-Variante aus Südafrika, die am Samstag auch erstmals in Deutschland nachgewiesen wurde. Er wolle vor der Lage bleiben, deutschlandweit müsse man schnellstens über Kapazitätsgrenzen bei Großveranstaltungen entscheiden.

 

[Gestenreich und mit viel Elan warb Wüst für seine Politik.]

 

Auch dem Thema Impfpflicht sei er längst nicht mehr verschlossen, „dabei hätte ich mir vor vier Wochen nicht einmal vorstellen können, überhaupt darüber zu reden.“ In der Runde der Ministerpräsidenten sei man sich schon so weit einig, dass es zumindest eine Impfpflicht für alle Menschen, die mit vulnerabeln Gruppen arbeiten, kommen soll. Diese Diskussion darf aus Wüsts Sicht aber nicht nur innerhalb der Politik stattfinden. „Wir brauchen auch außerhalb der Parlamente Menschen, die diese Debatte aktiv führen.“

 

Auch zur verlorenen Bundestagswahl und der anstehenden Wahl des Nachfolgers von Armin Laschet als Bundesvorsitzenden bezog der Ministerpräsident klare Kante: Er warnte vor einem Richtungsstreit innerhalb der Partei, die CDU müsse weder nach links oder nach rechts, sondern wieder nach vorne kommen. Die Mitte der Gesellschaft sei die Stammkundschaft der Christdemokraten, diese müsse man wieder für sich gewinnen. Ein Fehler des Bundestagswahlkampfes sei es gewesen, den Menschen nicht mehr zuzuhören: „Was nützt es uns, nur die Ideen der anderen Parteien abzulehnen und die eigenen schlauen Ideen hinten im Lager zu verstecken, anstatt sie ins Schaufenster zu stellen?“

 

Man müsse Probleme offen benennen, denn nur so gewinne die Partei Vertrauen und Glaubwürdigkeit zurück. Dazu gehören vor allem die Themen Digitalisierung, Energiewende und Klimawandel. Dabei dürfe die CDU sich niemandem verschließen, weder jungen Aktivisten der Fridays for Future, die Angst vor dem Klimawandel haben, noch Auszubildenden im Energiesektor, die Angst um ihre berufliche Perspektive haben. Aufgabe der Politik müsse Versöhnung sein. „Denn wenn wir diese Ängste weiterlaufen lassen, ist das Sprengstoff für unsere Demokratie“, meinte Wüst.

 

[88 von 131 Delegierten waren der Einladung nach Wipperfürth in die Alte Drahtzieherei gefolgt.]

 

Er wolle für eine pragmatische und mutige Politik stehen. NRW habe alle Chancen, die Zukunft positiv zu gestalten und müsse offen für Innovationen bleiben. Zumindest die oberbergischen CDU-Delegierten holte der Ministerpräsident jedenfalls ab: Seine Rede wurde mit stehendem Applaus gewürdigt.

 

Weitere Reden und Großworte gab es von der Europaabgeordneten Sabine Verheyen und NRW-Justizminister Peter Biesenbach. Gewählt wurde in Wipperfürth auch die Führungsmannschaft der CDU. Neben Brodesser wurden auch Katrin Amelung (80 Prozent), Jörg Jansen (69 Prozent), Lisa Dusdal (65 Prozent) und Thomas Jüngst (77 Prozent) in Ihren Ämtern als stellvertretende Vorsitzende bestätigt. Timo Fuchs (Marienheide) ist jetzt auch offiziell neuer CDU-Schatzmeister. Er bekleidete das Amt bislang kommissarisch. Pressesprecherin ist Lydia Tittes, Mitgliederbeauftrager Christian Berger. Bei den zehn Beisitzern kamen etliche Kandidaten der Jungen Union zum Zug, sodass der Vorstand der oberbergischen CDU insgesamt deutlich verjüngt wurde.

 

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