KULTUR

Eine Geburtstagsfeier gegen die kulturelle Stille

lw; 28.11.2020, 07:00 Uhr
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Fotos: Lars Weber --- Die Mitglieder der EngelsArt-Companie: Jürgen Thiel (hinten, v.li.), Bernt Laukamp, Achim Lahr, Hans-Otto Müller, Harry Cremer sowie Anke Ahle (vorne, li.) und Heike Bänsch. Nicht anwesend sind Nico Walser, Katja Gerlach und Janna Cremer.
KULTUR

Eine Geburtstagsfeier gegen die kulturelle Stille

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lw; 28.11.2020, 07:00 Uhr
Engelskirchen – Nachdem die geplante Revue ins neue Jahr verlegt werden musste, feiert die EngelsArt-Companie den 200. Geburtstag von Friedrich Engels mit einer filmischen Kostprobe des Stücks.

Von Lars Weber

 

Wer war Friedrich Engels? Was für eine Bedeutung hatte er für Engelskirchen, wo sein Vater eine der damals modernsten Fabriken Deutschlands errichtete, wo seine Mutter in seiner Anwesenheit starb? Diesen Fragen geht die Revue „Die Pudding-Connection“ der EngelsArt-Componie auf gewitzte Art und Weise nach. Nur: Die Premiere, die eigentlich heute, am Tag des 200. Geburtstags von Friedrich Engels hätte stattfinden sollen, musste nur knapp einen Monat vorher aufgrund der Pandemie-Auflagen abgesagt werden. Sie soll nun im März 2021 stattfinden. Doch den Geburtstag dieser schillernden Figur der Weltgeschichte ohne eine Aktion vorübergehen lassen, das wollten die Mitstreiter der EngelsArt-Companie nicht. Deshalb wollen sie bereits jetzt mit einem kleinen Film Lust machen auf die Revue.

 

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Kein Wunder: Die Akteure und Beteiligten rund um Harry Cremer, der in der Revue auch Friedrich Engels gibt, hatten rund eineinhalb Jahre auf diesen Termin hingearbeitet, bevor die Pandemie ihnen einen Strich durch die Rechnung machte. „Wir wollen Friedrich Engels trotzdem feiern“, sagt Schauspielerin Heike Bänsch bei der Vorstellung des Films im Alten Baumwolllager. Deshalb schrieben sie in Windeseile ein Konzept, brachen das Skript für die Revue herunter, probten zu Hause allein, um dann unter Corona-Bedingungen die am Ende rund 13 Minuten lange Kostprobe für das Stück im März zu drehen.

 

[Harry Cremer in seiner Rolle als Friedrich Engels.]

 

Mit der Revue möchte Harry Cremer „den Staub und den Dreck“ von der Figur Engels beseitigen, was auch schon eine Triebfeder für die szenische Lesung „Friedrich Engels mal lustig“ war. Weder die Verzerrungen und Heroisierungen in sozialistischen und kommunistischen Gesellschaften würden ihm gerecht noch die Verdammung als Bürgerschreck. Engels sei weltgewandt, gebildet und auch modern gewesen, auch deshalb werde er heute noch viel rezipiert. Gerade die Frauenfiguren in seinem Leben sowie die Bilder der Umweltzerstörung in seiner Literatur seien aus heutiger Sicht sehr modern und sehr aktuell, meint Cremer. „Engels war ein wilder Typ, heute würde er wohl zu den Alt-68ern zählen.“

 

Diesem wilden Typen nähert sich die Revue auf ähnlich wilde Weise, dabei zeigt sich der große Einfallsreichtum der Beteiligten und die Faszination für den Charakter. Es werden Original-Texte rezitiert, es gibt Musik, selbstgeschriebene Songs, es wird getanzt, Bilder werden gezeigt, Briefpassagen in Dialoge umgearbeitet. „Wir wollten Blitzlichter schaffen“, sagt Jürgen Thiel, der unter anderem den Text für die Revue erdacht hat. Drei Stationen werden beleuchtet: Eine befasst sich mit Engels und seiner Familie, seiner schwierigen Beziehung zu seinem Vater, der ihn mal als „reudiges Schaf“ bezeichnete. Die zweite Station zeigt Engels mit Karl Marx, dort sind unter anderem auch „Das Kapital“ und „Das kommunistische Manifest“ Thema. Zuletzt befasst sich die EngelsArt-Companie mit dem Privatmann Friedrich Engels, zum Beispiel seiner Beziehung zu Frauen.

 

Zum Geburtstag von Engels gibt es aber nicht nur den Film bei EngelsArt zu sehen, sondern auch die Ausstellung „Familie, Leben und Ideenwelt von Friedrich Engels“. Auch diese sollten sich Interessierte eigentlich im Alten Baumwolllager anschauen. Da dies nicht möglich ist, wurde daraus nun eine digitale Ausstellung, deren Beiträge online zu sehen sind.

 

Den Film, die Ausstellung und weitere Informationen zu EngelsArt gibt es hier.

 

Plädoyer für die Kultur

 

Der Film – sozusagen als Platzhalter für die Revue – soll auch gegen die Stille in der Kultur ankämpfen, die gerade aufgrund der Corona-Verordnungen vorherrscht. „Ohne Kultur wird es still“, sagt Schauspielerin Heike Bänsch (Foto). Es gehe um mehr als nur Unterhaltung. Es gehe darum, dass Kultur für viele Menschen ein Unterbau darstellt, durch den sie Halt im Leben finden. Auch deshalb, so Anke Ahle, wollten sie nicht lange frustriert bleiben nach der Absage der Premiere, sondern dazu beitragen, dass Kultur weiter stattfindet. So soll es künftig bei EngelsArt auch Streams im Internet geben von den Auftritten verschiedener Künstler.

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