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In Arbeit investieren, nicht in Arbeitslosigkeit

fj; 13. Sep 2013, 15:18 Uhr
Bild: Fenja Jansen --- (vorne v. li). Sonja Müller, Rainer Drescher und Peter Rothausen.
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In Arbeit investieren, nicht in Arbeitslosigkeit

fj; 13. Sep 2013, 15:18 Uhr
Gummersbach – Heute hielten Mitarbeiter von Caritas-Beschäftigungsprojekten und Langzeitarbeitslose eine gemeinsame Mahnwache vor dem Jobcenter – „Stell mich an, nicht ab“ hieß ihr Appell an alle Parteien.
Lebensgroße Pappaufsteller stehen vor dem Gummersbacher Jobcenter. Sie stellen die Silhouetten von zehn Menschen dar, die nie arbeitslos werden wollten, aber heute zu den 1,3 Millionen Langzeitarbeitslosen zählen, die es zurzeit in Deutschland gibt. Hinter den Aufstellern verbergen sich individuelle Schicksale von Menschen, die via QR-Code abgerufen werden können. Um sie herum haben sich Mitarbeiter von Caritas-Beschäftigungsprojekten und Langzeitarbeitslose aus der Region versammelt.


[Bild: Julia Hombach --- Sonja Müller schreibt regelmäßig Bewerbungen, Glück hatte sie nie.]  

Sie alle beteiligen sich an der bundesweiten Aktion „Jetzt schlägt’s 13 – stell mich an, nicht ab“, die die Caritas gemeinsam mit der Bundesgemeinschaft „Integration durch Arbeit“ ins Leben gerufen hat. Unter den Demonstranten ist auch die 48-jährige Sonja Müller aus Lindlar. Sie musste ihre Ausbildung zur Hauswirtschafterin abbrechen, weil sie diesen Beruf aufgrund von Allergien nicht mehr ausüben konnte. Seitdem schreibt sie regelmäßig Bewerbungen, doch Glück hatte sie nie.

„Die Politiker sprechen in ihren derzeitigen Wahlkämpfen von Mindestlöhnen und Bürgerversicherungen – was aber ist mit den Langzeitarbeitslosen? Seit der Einführung von Hartz IV waren in Deutschland 486.185 erwerbsfähige Leistungsberechtigte kontinuierlich arbeitslos. Sie dürfen nicht aus dem Blick der Politik geraten“, forderte Peter Rothausen, Caritasdirektor im Oberbergischen Kreis. Darum geht der Appell der Protestierenden, sich für Integration und soziale Teilhabe langzeitarbeitsloser Menschen einzusetzen, nicht nur an die Bundesregierung, sondern an alle Parteien.

„Mit der Langzeitarbeitslosigkeit beginnt oft eine Abwärtsspirale. Die Menschen, die das Jobcenter besuchen, besuchen oftmals auch unsere Schuldner- oder Suchtberatungen. Nicht selten werden Menschen durch Langzeitarbeitslosigkeit so depressiv, dass sie schließlich nur noch in Behindertenwerkstätten arbeiten können“, erklärte Rothausen. Er und seine Mitarbeiter fordern daher eine Begleitung von Langzeitarbeitslosen, beispielsweise durch einen Sozialarbeiter, und subventionierte Arbeitsplätze. „Aber ich sehe keinen Politiker, der sich konkret für diese Menschen einsetzt.“


Im Oberbergischen Kreis sind die Eingliederungsgelder langzeitarbeitsloser Menschen seit 2010 um 50 Prozent gekürzt worden. Dabei handelt es sich um die Mittel, mit denen das Jobcenter seine Kunden - neben den Pflichtleistungen der Grundsicherung und den Kosten für Unterkunft und Heizung - durch Qualifizierung oder sonstige Unterstützung fördern kann, erklärte der Geschäftsführer des Jobcenters Oberberg, Rainer Drescher. „Wir können mit dem vorhandene Budget alle Kunden ausreichend unterstützen, dennoch wünschen wir uns die Dauerfinanzierung von öffentlich geförderten Beschäftigung außerhalb des Eingliederungsbudgets“, so Drescher, der die Initiative der Caritas unterstützt. Denn die Beendigung des Langzeitarbeitslosenbezugs kann nicht durch eine Vermittlung in kurzfristige oder geringfügige Beschäftigung erreicht werden, stellt Drescher klar. Die Politik müsse in Arbeit investieren, nicht in Arbeitslosigkeit – da sind sich alle Anwesenden einig.
  
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