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VfL Gummersbach: Starker Houlet konnte Niederlage in Göppingen nicht verhindern

sl; 1. Apr 2002, 00:29 Uhr
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VfL Gummersbach: Starker Houlet konnte Niederlage in Göppingen nicht verhindern

sl; 1. Apr 2002, 00:29 Uhr
(sl/31.3.2002-15:30) Von Simone Liebelt
Göppingen - Gestern Abend verspielte der VfL Gummersbach in der Göppinger Hohenstaufenhalle einen möglichen Sieg und damit zwei wichtige Punkte im Kampf gegen den drohenden Abstieg.
[Archiv-Bild: Mengedoht --- Göppingens Goalgetter Bruno Souza (links) und Keeper Jaume Fort zogen gestern dem VfL den Zahn.]



Auch im dritten Anlauf der Saison hat es der VfL Gummersbach nicht geschafft, den Altmeister und Aufsteiger der letzten Saison, Frisch Auf Göppingen zu besiegen. Nach den Siegen im Hinspiel und im Pokal konnten die Mannen um Trainer Christian Fitzek mit einem 21:19-Erfolg vor 4.300 Zuschauern das Trippel vollmachen.



Frisch Auf Göppingen - VfL Gummersbach 21:19 (11:10).



Nachdem die beiden Schiedsrichter-Damen Jutta Ehrmann (Leverkusen) und Susanne Künzig (Karlsruhe) das Bundesligaspiel abgepfiffen hatten, standen die 4.300 Zuschauer in der Hohenstaufenhalle Kopf. Nach einem regelrechten Handball-Krimi besiegte Frisch Auf den Rekordmeister aus Gummersbach mit 21:19.



Dass das Spiel gegen den Abstieg nichts für schwachen Nerven war, mussten die Mannen um Petre Ivanenscu gestern schmerzlich erfahren. In den letzten Minuten der Partie lagen bei allen Beteiligten die Nerven blank, doch nur Göppingen behielt den Kopf und fuhr den Sieg "cool" nach Hause. Für beiden Mannschaften stand viel auf dem Spiel, und der Druck, unbedingt zwei Punkte zu sichern, war deutlich spürbar - nicht nur bei den Spielern, sondern auch bei den Zuschauern.



Das "Vier-Punkte-Spiel" aus Sicht der Gummersbacher war nichts für Handball-Ästheten. Keine Spur von tollen Toren und sehenswerten Anspielen. Das Match der beiden Altmeister war einzig und allein von einem reinen Kampf geprägt: einem Kampf gegen den Abstieg.



Die Göppinger hatten den besseren Start und gingen schnell in Führung. In der siebten Minute war es der Spanier Bruno Souza, der im Schwabenland für den Spielstand von 4:0 sorgte. Eine Minute später traf Kyung-Shin Yoon zum ersten Mal den Göppinger Kasten. Dass auf den Spielern ein hoher Druck lastete, war deutlich zu sehen: Auf beiden Seiten wurden die klarsten Chancen vergeben. Doch es sah schon jetzt nach einem Sieg der Schwaben aus. Bereits nach 13 Minuten hatten die Grün-Weißen einen Vier-Tore-Vorsprung (6:2) herausgearbeitet.



In der 19. Minute leitete Oliver Plohmann einen Göppinger Gegenstoß ein: Er hatte einen Fehlpass auf Maik Handschke gegeben, den David Szlezak sofort bestrafte. Wenige Minuten später konnte der junge Sead Kurtagic einen Tempogegenstoß für die Gummersbacher verwandeln. Das Spiel selber wurde aber immer hektischer. Es wurde auf beiden Seiten reihenweise gefoult und Chancen vergeben. Doch Gummersbach ließ sich nicht unterkriegen und von dem Vorsprung der Gastgeber beeindrucken. Mit einer tollen kämpferischen Leistung aller Spieler blieben sie dran. Zwei Sekunden vor der Halbzeit sorgte Kapitän Francois-Xavier Houlet mit seinem vierten Treffer für den 10:11-Anschluss.



Nach Beginn der zweiten Halbzeit war es wieder einmal "Zou-Zou" Houlet, der den Gummersbachern in der 33. Minute den Ausgleich sicherte. Damit war der wahre Kampf eröffnet. Die Führungen wechselten öfters, und es entwickelte sich ein Spiel, bei dem starke Nerven von Nöten waren. Die Besucher in der ausverkauften Halle taten ihr Übriges: Mit Pfiffen wurde jeder Gummersbacher Angriff begleitet. Ohrenbetäubendes Trommeln und Klatschen gab es beim eigenen Angriff. Ein wahrer Hexenkessel hatte sich entwickelt, da die Zuschauer sehr nah und um das Spielfeld herum saßen und standen.



Dass es die beiden Unparteiischen nicht gerade einfach hatten, zeigten die ersten zehn Minuten des zweiten Durchgangs: Nach einem Foulspiel an einem Gummersbacher in der 35. Minute musste Oliver Roggisch das Spielfeld für zwei Minuten verlassen. Die Zuschauer waren erbost: "Schieber, Schieber"-Rufe hallte aus über 4.000 Mündern. Zwei Minuten später traf Souza zum 13:11. Den Oberbergern war in dieser Überzahl kein Tor geglückt. Dafür trafen die Göppinger gleich zweimal.



Und dann kam die 38. Spielminute, in der alle Emotionen überkochten: Ralf Abend foulte Kyung-Shin Yoon. Die beiden Damen in Schwarz zögerten nicht lange und zeigten die rote Karte. Das Publikum war nicht mehr zu halten und pfiff die Schiris und die Gummersbacher Spieler gnadenlos aus. Im diesem ganzen Trubel gelang es dem Gummersbacher Kapitän Houlet in der 39. Minute den 12:13-Anschlusstreffer zu landen. Per Siebenmeter sorgte Yoon, von dem übrigens im gesamten Spiel nicht viel zu sehen war, in der 42. Minute für die erste Führung der Oberberger.



Trainer Fitzek zur roten Karte: "Von außen sah die ganze Sache ziemlich blöd aus. Abend hatte die Hand in Yoons Gesicht, und das ist ganz klar eine Rote. Doch wenn es danach ginge, hätte es an diesem Abend viele rote Karten geben müssen." Doch er nahm die beiden Damen in Schwarz in Schutz. Sie hatten viel Härte durchgehen lassen, und das sei auch bekannt. Mit dieser Entscheidung hätten sie ein Zeichen setzen wollen. Ivanescu nahm die ganze Sache nicht so locker: "Die Härte in diesem Spiel grenzte an die Gefährdung der Gesundheit der Spieler. Gott sei Dank ist heute nichts Schlimmers passiert." Doch er spielte auch auf die Partie in Kiel an, bei der Yoon sehr oft gefoult worden sei, was von den Schiedsrichtern nicht geahndet wurde. "Der DHB muss aufpassen, dass diese Härte nicht die Überhand gewinnt."



Es schien, als wenn auch die Göppinger jetzt ihren Faden verlieren würden, ebenso wie es den Gummersbachern nach der roten Karte gegen Plohmann im Kiel-Spiel gegangen war. In der 43. Minute verwarfen die Schwaben auch gleich drei "100-Protzentige" und Hajo Wulff einen Siebenmeter. Er warf weit über das Tor hinweg. Doch dann wendete sich das Blatt: Souza traf zum 15:15, und damit hatten die Göppinger ihren Faden wieder gefunden. Bis zur 52. Spielminute wechselte die Führung hin und her. Dann warf erneut "Bruno" Souza den Ball Richtung Tor. Keeper Jan Stankievicz, der ansonsten an die guten Leistungen aus den letzten Spielen anknüpfen konnte, agierte diesmal ziemlich unglücklich. Eigentlich war der Ball gar nicht im Tor, doch Stankievicz beförderte ihn hinein. Es wurde einmal mehr deutlich, dass die Gummersbacher ihre Sicherheit verloren hatten.



Drei Minuten vor Schluss vertändelte Oliver Plohmann erneut den Ball und ließ damit einen Gegenstoß der Gastgeber zu. Szlezak verwandelte eiskalt zur 19:17-Führung. Jetzt häuften sich auch die Fehler in der sonst sehr gut spieltenden Gummersbacher 3:2:1-Abwehr. Es schlichen sich reihenweise Unkonzentriertheiten ein, "die in der Bundesliga nur selten zu sehen sind", so Trainer Ivanescu nach dem Spiel.



Und die Partie wurde noch härter: Marco Beers wurde derart gefoult, dass er mehrere Minuten auf dem Parkett behandelt werden musste. Beers wurde mit fünf Stichen unterhalb der rechten Augenbraue genäht. "Es sieht schlimmer aus als es ist. Mir geht es wieder gut", erklärte der sympathische Holländer nach dem Spiel. In einer Wochen könnten die Fäden wieder raus.



In den letzten beiden Spielminuten ging es noch einmal heiß her: Für Gummersbach war das Spiel zwar schon gelaufen, aber es wurde weiter gekämpft. In der 59. Minute traf Souza zum 20:17 für Göppingen. Im Gegenzug verwarf "Nick" Yoon gleich zwei Bälle. Es war eine der wenigen Situationen, bei denen er frei zum Wurf kam. Die Göppinger hatten ihn das gesamte Spiel hindurch in Manndeckung genommen, meist durch Oliver Roggisch. In der letzten Spielminute traf Handschke das Tor. Der Spielstand: 18:20 aus Gummersbacher Sicht. Zehn Sekunden vor Ultimo machte Pascal Morgant mit seinem ersten Treffer das Göppinger Glück perfekt. Mit dem Schlusspfiff beförderte zwar Sead Kurtagic den Ball zum 19:21-Endstand ins Tor, doch dieser Treffer ging schon im Jubel der Schwaben unter, die sich mit diesem Sieg wieder ein Stückchen weiter vom Abstieg entfernt haben.



Die Gummersbacher haben dem Druck von außen nicht stand halten können. Durch fehlende Konzentration haben sie den Sieg verspielt. Spielerisch konnten die Zuschauer von beiden Mannschaften nichts erwarten. Doch die Gummersbacher Anhänger bekamen eine Mannschaft zu sehen, die wieder gelernt hat, was es heißt zu kämpfen und nicht aufzugeben. Besonders gute Noten hat sich Mannschaftskapitän Houlet verdient. Mit acht Treffern war er der bester Gummersbacher Werfer. "Wir sind alle enttäuscht, sehr enttäuscht sogar. Wir hätten es schaffen können, aber durch die vielen Fehler haben wir es uns selber verbaut", analysierte der Franzose kurz nach dem Spiel.



Auch Jörn Ilper konnte in mehrerer Hinsicht überzeugen: In der Deckung zeigte er ein super Spiel. Er packte zu und zwang die Göppinger immer wieder zu einem Neuaufbau - und das alles ohne auch nur eine Zeitstrafe. Da war auch "Kuno" Ilper selbst erstaunt. Sein Kollege am Kreis, Maik Handscke zeigte ein Wechselbad der Gefühle. Mal konnte er in Angriff und Abwehr überzeugen, doch dann machte er dieses positive Bild durch leichtsinnige und missglückte Anspiele wieder zunichte.



Die Trainerstimmen:



Petre Ivanescu, VfL Gummersbach: "Frisch Auf hat den Sieg verdient. Sie haben im Abstiegskampf, genau wie wir, sehr unter Druck gestanden. Außerdem war es ein Heimspiel für sie, das sie unbedingt gewinnen mussten. Wir waren nahe dran, ein Unentschieden zu holen. Doch durch die vielen Fehler, die wir produziert haben, hat es nicht geklappt. Einige Spieler haben ihre Nerven nicht im Zaum halten können, und das darf in einer solchen Situation nicht passieren. Die Spieler haben auf dem Parkett umgekehrt agiert, als wie wir es besprochen haben."



Christian Fitzek, Frisch Auf Göppingen: "Wir haben es uns heute unnötig schwer gemacht. Aber wir haben uns im Laufe des Spiels gut auf die 3:2:1-Deckung eingestellt. Wir waren uns einfach zu sicher und sind nach einer 6-Tore-Führung mit einem Tor Vorsprung in die Pause gegangen. Die Mannschaft hat toll gekämpft. Ich glaube sogar, dass wir mit fünf Spielern besser gedeckt haben als mit sechs."



Schiedsrichter: Jutta Ehrmann (Leverkusen) und Susanne Künzig (Karlsruhe).



Die besten Spieler: Göppingen: Fort, Souza, Szlezak - Gummersbach: Houlet, Handschke, Ilper (Abwehr).



Siebenmeter: 3:1/1:1 (Schläger und Nagel scheitern an Stankiewicz)



Zweitstrafen: 8:6 Minuten (Roggisch zweimal, Bruno, Nagel - Yoon, Beers, Schröder)



Spielfilm:



4:1 (8.), 7:2 (15.), 10:4 (19.), 10:7 (24.), 11:10 (Halbzeit) - 11:11 (33.), 13:11 (37.), 13:14 (42.), 14:15 (46.), 18:16 (53.), 20:17 (59.), 21:19 (Endstand).



VfL Gummersbach:



Jan Stankiewicz (1.-60. Minute/12 Paraden und zwei gehaltende Siebenmeter)

Stefan Hecker (n.e.)



Jörn Ilper

Kyung-Shin Yoon (4/1)

Marco Beers

Francois-Xavier Houlet (8)

Tobias Schröder

Oliver Plohmann

Sead Kurtagic (2)

Hyun-Ho Choi

Maik Handschke (5)

Dirk Hartmann (n.e.)

Alexander Bommes



Frisch Auf Göppingen:



Jaume Fort (1.-60. Minute)

Andreas Bulei (n.e.)



Oliver Roggisch (2)

Pascal Morgant (1)

Bruno Souza (9)

Jörn Schläger (1)

Patrick Kersten

Hajo Wulff (1/1)

David Szlezak (5)

Marco Huth

Marc Nagel (1)

Ralf Abend (38. rote Karte)

Aleskander Knezevic (1)



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