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Kunst, die aufrüttelt und unter die Haut geht

db; 27. Sep 2013, 15:59 Uhr
Bilder: Daniel Beer --- Monica Weispfennig-Buchfeld (v.l., Vorsitzende Nina und Nico), Johannes Heibel und Vize-Landrätin Monika Hüttenmeister.
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Kunst, die aufrüttelt und unter die Haut geht

db; 27. Sep 2013, 15:59 Uhr
Gummersbach – Ausstellung im Kreishaus behandelt die bedrückende Thematik der Gewalt an Kindern und Jugendlichen – Schweigen sei der größte Fehler, berichtete ein Opfer bei der Eröffnung.
„Ich war krank - im Kopf, weil ich geschwiegen habe“, sagt Melanie. „Heute geht es mir sehr gut.“ Sie hat ihr Schweigen gebrochen und sich so aus ihrem seelischen Gefängnis befreit. Ihr Appell an alle Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch: „Bitte schweigt nicht!“  



Die Installation der Ausstellung „vorSichtMENSCH! - Kunst macht sichtbar“, die jetzt im Kreishaus eröffnet wurde, will sensibilisieren und mahnen, genauer hinzuschauen, wenn Opfer von ihrem Leid berichten. Denn besonders Kinder und Jugendliche behalten traumatische Erlebnisse oft für sich und geben sich selbst die Schuld, wie Johannes Heibel weiß. Er ist Vorsitzender der Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen. Gemeinsam mit den Karlsruher Künstlern Georg Schweitzer und Nadja Stemmer hat er das Thema umgesetzt.


[Auf einer Matratze ist die Chronolige des Falles aufgelistet.]

Aufhänger ist der Fall des Ehepaars Monika und Lutz K., das im Jahr 1994 zwei 16-jährige Schülerinnen misshandelt und getötet hat. Allerdings dauert es fast sieben Jahre, bis die Ermittler dank neuer Hinweise auf die Spur des Ehepaars kamen. Im anschließenden Prozess wurden die beiden weiterer Verbrechen überführt. Heibel erklärt: „Dieser Fall hat viele betroffene Menschen zurückgelassen. Auch Melanie geriet in die Fänge von Monika und Lutz K. Mehrere Stunden wurde die damals 21-jährige Frau festgehalten, bevor sie Lutz K. überreden konnte und wieder freigelassen wurde. Doch sie schwieg und behielt den Vorfall lange für sich. Erst als sich die Polizei Jahre später im Zuge der Ermittlungen meldete, offenbarte sie sich und sagte vor Gericht aus.  

Die Installation besteht aus einem Kinderspielhaus und einer Hörstation. In das Holz des Hauses ist der Brief eines Opfers, ein 9-jähriges Mädchen, an seine Mutter eingefräst und auf umliegende Matratzen aufgedruckt. An der Hörstation können Interviews mit Melanie, Bekannten der Täter und Angehörigen anderer Opfer angehört werden. Durch eingeschlagene Nägel wurden die Worte „Angst“ und „Rache“ dargestellt.


[Optisch ist die Installation an das Gemälde "Das Eismeer" von David Friedrich angelehnt.]

Zwei Gefühle, die viele der Menschen empfinden, die Heibel mit seiner Initiative betreut. Im Oberbergischen bietet der Verein Nina und Nico psychosoziale Unterstützung für Mädchen, Jungen und Frauen, die Gewalt erfahren haben. Die Vorsitzende Monica Weispfennig-Buchfeld wünscht sich, dass mehr für die Betreuung und Therapie der Opfer getan wird. Denn die müssten oft länger auf Hilfe warten als die Täter.    

Interessierte können die Ausstellung bis zum 10. Oktober während der Öffnungszeiten der Kreisverwaltung besuchen.
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